Am 7. November ist Harburger Kulturtag. Das Abendblatt stellt alle Teilnehmer vor. Heute: Künstlerin Alexandra Seils, der Verein Künstler zu Gast in Harburg und das Atelier Freistil.
Mir ist wichtig, den Besuchern immer wieder Neues zu präsentieren“, sagt Alexandra Seils. Für den Kulturtag am 7. November hat sich die Harburger Malerin deshalb etwas Besonderes einfallen lassen: Als Gast hat sie den befreundeten Künstler Raimund Pallusseck eingeladen. Gemeinsam stellen die beiden Arbeiten zum Thema „Sehnsucht nach Ferne“ aus.
Wirklich außergewöhnlich sind die Arbeiten von Raimund Pallusseck. Seine druckgrafischen Mappenwerke – die sich unter anderem in den Sammlungen des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe sowie der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt und Leipzig befinden – enthalten Radierungen sowie Stein- und Holzdrucke. Häufig sind sie von Musik, Poesie und Literatur inspiriert. Und sie haben stets mit der Sehnsucht nach Aufbruch, dem Reisen und dem Meer zu tun.
Für das Mappenwerk „Jenseit des Tweed“ zum Beispiel, benannt nach dem gleichnamigen Schottlandreisebericht von Theodor Fontane aus dem Jahr 1860, reiste Pallusseck das mittlere Buch nach. „Aber etwas umständlich“, grinst er. „Elf Tage habe ich gebraucht. Fontane war fast ein bisschen schneller. Die waren damals besser organisiert, hatten Schiffe, Kutschen und die Eisenbahn.“
Seine anderen vier, beim Kulturtag gezeigten Mappenwerke sind angelehnt an Brittens Oper „Peter Grimes“, an Travens Seefahrer-Roman „Das Totenschiff“, an Rilkes „Gedichte an die Nacht“, die Pallusseck auf seiner ersten Segelreise nach Schottland las, und an Schuberts Liederzyklus „Die Winterreise“: Zu jedem Lied fertigte Pallusseck eine Grafik an.
Dazu werden natürlich auch Arbeiten von Gastgeberin Alexandra Seils zu sehen sein: Neben Portraits und einigen ganz neuen Radierungen will sie den Besuchern ihre abstrakte Serie „Ferne Welten“ zeigen. Die landschaftlich anmutenden Motive bestehen aus vielen, bunten Punkten und haben stets etwas Lebensbejahendes.
„Mir geht es im Moment darum zu zeigen, dass die Kunst die Möglichkeit hat, neben all den dramatischen Ereignissen um uns herum die schönen und liebenswerten Seiten, die diese Welt auch hat, aufzuzeigen“, so Seils. „Kunst kann der Seele gut tun und Zuversicht geben.“
Fotoarbeiten und Objekte vonJohanna Jaeger im May’rschen Haus
Eigentlich ist die Zeit von Johanna Jaeger schon abgelaufen: Normalerweise bleiben die vom Verein Künstler zu Gast in Harburg geförderten Künstler immer für ein Jahr in dem hübschen Atelier im May’rschen Haus. „Da ich im Mai nun aber die Möglichkeit habe, zum zweiten Mal eine Ausstellung für die Griffelkunst Vereinigung in Hamburg zu machen, darf ich das Atelier so lange noch behalten“, verrät Jaeger. Und das wiederum hat den Vorteil, dass die Harburger ein zweites Mal in den Genuss kommen, die faszinierenden Arbeiten der Stipendiatin beim Kulturtag zu bestaunen.
Eine Fortführung und Weiterentwicklung ihrer Arbeiten aus dem letzten Jahr verspricht Johanna Jaeger den Besuchern. „Ich zeige fotografische Arbeiten in Kombinationen mit Objekten“, sagt sie. „Dabei beziehe ich mich dieses Mal noch ein bisschen mehr auf die analoge Fotografie.“ Im Zentrum steht die fast vier Meter große Arbeit „Tilt“, die mit dem Entwickeln in der Dunkelkammer spielt. „Sie besteht aus Schwarzweißfotos, die ich im Farblabor entwickelt habe. Dadurch liegt die Farbe komplett über dem Negativ.“ Das Ergebnis ist so abstrakt, dass man es kaum beschreiben kann – man muss es sich ansehen.
Dazu zeigt Jaeger, die vor ihrer Zeit in Harburg in Montpellier, Berlin und New York Bildende Kunst studiert hat, einen zweiten Strang an Arbeiten, die gar keine fotografischen Elemente mehr haben. „Es handelt sich dabei um Experimente zum Thema Zeit. Dafür arbeite ich mit Uhrwerken, die ich umbaue oder anders programmiere.“
Das Atelier Freistil lädt zurJahresausstellung
Das Atelier Freistil liegt für Kulturtagsbesucher leicht ab vom Schuss – genauer gesagt in Hausbruch – doch der Weg lohnt sich. 37 Künstler und Künstlerinnen mit und ohne Behinderung zeigen dort ihre Werke aus dem letzten Jahr. „Träum weiter!“ lautet der Titel der Jahresausstellung, die bereits am Abend des 6. November mit Musikbeiträgen und einer Rede von Thomas Sello eröffnet wird, und die extra für den Kulturtag auch am 7. November geöffnet hat.
„Für uns ist die Jahresausstellung immer ein richtig großes Event“, sagt Sabine Garcia Rios, stellvertretende Leiterin des Ateliers. „Denn dort zeigen wir alles, was im letzten Jahr hier entstanden ist. Die diesjährige Ausstellung ist für uns aber auch deshalb besonders, weil es unsere letzte in diesen Räumlichkeiten sein wird.“
Im Frühjahr wird das von der Elbe-Werkstätten GmbH und von Leben mit Behinderung Hamburg getragene Atelier, das Raum für kreative Arbeit und künstlerischen Austausch bietet, nämlich nach Wilhelmsburg umziehen.
Bei 37 Künstlern sind die ausgestellten Arbeiten selbstverständlich vielseitig: Malerei, Zeichnungen und Drucke sind dabei, aber auch Installationen und Skulpturales. Dazu kommen Arbeiten der Gastkünstlerin Kathrin Wolf. „Sie hat bei uns vor Kurzem einen Workshop gegeben und mit den Leuten an großen Leinwänden gearbeitet“, so Sabine Garcia Rios
„Ein eher ungewöhnliches Format für uns, weil die meisten doch eher klein arbeiten. Von diesen Großformaten werden wir einige zeigen.“ Die Künstlerin Joline Reinhardt war von Wolfs Schaffen übrigens besonders inspiriert und hat zahlreiche bunte Arbeiten gefertigt, die auf recht spektakuläre Weise präsentiert werden.
„Wir nennen das ‚Kaleidoskop’“, verrät Sabine Garcia Rios. „Das wird eine Art Schnecke sein, in die man reingehen kann. So etwas hatten wir noch nie.“