Der Harburger Kulturtag bietet vielfältige Eindrücke auf kleinstem Raum. Heute: Harburger Theater, Sammlung Falckenberg und Harburger Kulturwerkstatt

Im Harburger Theater herrscht reges Treiben. Es sind nur noch wenige Stunden bis zur Premiere am Abend und das Ensemble probt fleißig. Letzte Anweisungen werden gegeben, die Garderobe überprüft, damit am Abend alles sitzt. Wie fühlt es sich wohl an, wenn die Darsteller später von der Bühne in den Zuschauersaal zu blicken? Wie geht es in der Maske und Garderobe zu? Und ist dieser Souffleusenkasten nicht unheimlich eng?

Antworten auf all diese Fragen gibt es am 7. November beim Harburger Kulturtag. Um 10, 11, 12 und 13 Uhr bietet das Harburger Theater Bühnenführungen an, die den Teilnehmern einen exklusiven Blick hinter die Kulisse gewähren. „Unsere Gäste werden für rund 45 Minuten zu Kollegen und lernen den Ablauf einer Aufführung aus unserer Perspektive kennen“, sagt Nuca Selbuz, die stellvertretende Intendantin des Hauses. „Sie dürfen die Glocke läuten, den Vorhang kurbeln, Rolltore elektrisch schließen und in den Souffleusenkasten klettern. Wir demonstrieren, wie die Bühnenbilder auf die Bühne kommen, erklären die Technik, verraten einige skurrile Besonderheiten und stehen auch sonst für alle möglichen Fragen der Besucher zur Verfügung.“

Diese Führung ist auch deshalb so reizvoll, weil die Bühne im Grunde noch nagelneu ist: Erst im vergangenen Jahr wurde sie bei einem aufwendigen Umbau auf den neusten Stand gebracht. „Das Harburger Theater ist unter den Hamburger Privattheatern inzwischen das Sahnestück in Sachen Beleuchtungstechnik“, so Nuca Selbuz. „Die Bühne selbst ist höher geworden und verfügt jetzt auch über zwei Seitenbühnen, einen Tanzboden und eine riesige Dialeinwand. Außerdem haben wir einen neuen Backstage-Bereich bekommen. Er wurde mit einer riesigen Säge abgesägt und ist komplett neu entstanden.“

Diese Umbaumaßnahmen waren schon deshalb dringend nötig, weil das Harburger Theater zur Stage Theater Betriebs GmbH gehört und bis auf das Kinderstück keine eigenen Produktionen entwickelt, sondern Stücke der Hamburger Kammerspiele und des Altonaer Theaters übernimmt. „Vor dem Umbau waren wir bei der Auswahl der Stücke auf Grund der kleinen Bühne viel limitierter“, sagt Nuca Selbuz. „Aber jetzt hat Harburg eine unglaublich schöne Bühne – und ich bin mir sicher, dass die Besucher überrascht sein werden, was durch den Umbau hier alles entstanden ist.“

Sammlung Falckenbergbietet eine Sonderausstellung


Normalerweise ist die Sammlung Falckenberg der Deichtorhallen Hamburg nur im Rahmen von Führungen zu besichtigen. Eine Ausnahme wird zum Harburger Kulturtag gemacht. Dann dürfen Besucher die Sammlung zwischen 12 und 17 Uhr auf eigene Faust erkunden. Neben der ständigen Sammlung ist aktuell die Sonderausstellung „Lynn Hershmann Leeson – Civic Radar“ zu sehen.

Die Amerikanerin, die 1941 in Cleveland, Ohio, geboren wurde, gehört zu den ersten und einflussreichsten Medienkünstlerinnen. Innerhalb der vergangenen vier Jahrzehnte hat sie in den Bereichen Fotografie, Video, Film, Performance, Installation und interaktiver sowie netzbasierter Medienkunst wegweisende Arbeiten gefertigt. Sie behandeln Themen wie die Beziehungen zwischen Mensch und Maschine, Überwachung, die Konstruktion von Identität, die Beziehung des Realen zum Virtuellen sowie die Nutzung der Medien als Werkzeug gegen Zensur und Unterdrückung. Auch innerhalb der feministischen Bewegung ist Lynn Hershmann Leeson eine starke Stimme.

Die Ausstellung, die in Kooperation mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie entstand und noch bis zum 15. November läuft, ist ihre erste umfassende Retrospektive. Sie gewährt einen Einblick in alle Schaffensphasen und präsentiert außerdem neueste Produktionen von Lynn Hershman Leeson. Wer mehr über die Künstlerin und ihre Werke erfahren möchte, kann sich am Kulturtag einer der Kurzführungen anschließen, die ab 13 Uhr stündlich angeboten werden. Treffpunkt für die Führungen ist im Foyer der Sammlung.

Bücherflohmarkt in derKulturwerkstatt im Binnenhafen


Wer auf der Suche nach neuem Lesestoff ist, der sollte der Kulturwerkstatt einen Besuch abstatten. Zum Harburger Kulturtag findet dort zwischen 12 und 18 Uhr der beliebte Bücherflohmarkt statt. Er ist auch am Sonntag, 8. November geöffnet.

„Das tolle am Bücherflohmarkt ist, dass es dort Lesestoff für Menschen gibt, die sich Bücher sonst nicht leisten können“, sagt Gorch von Blomberg, Vorstandsmitglied der Kulturwerkstatt. „Die Bücher sind zudem gut vorsortiert, es wird sehr intensiv beraten und empfohlen, und das alles in einer netten Atmosphäre.“ Die Besucher dürften sich auf Kaffee und Kuchen freuen, aber auch auf die eine oder andere spontane Lesung.

Kleiner Wermutstropfen: Da der Bücherflohmarkt die Räumlichkeiten am Kanalplatz komplett füllt, kann die Kulturwerkstatt in diesem Jahr kein weiteres Programm anbieten. „Letztes Mal hatten wir dafür ja ein Schiff im Hafen gemietet“, so von Blomberg. „Das war dieses Jahr aber leider nicht planbar. Deshalb müssen wir uns in Beschränkung üben.“ Als Trostpflaster hat die Kulturwerkstatt eine Kooperation mit der Akademie Hamburg für Musik und Kultur in der Harburger Schlossstraße 5 ins Leben gerufen: Zwischen 15 und 17 Uhr stehen Welttänze zum Ausprobieren auf dem Programm und von 18 bis 20 Uhr eine Darbietung aus Weltmusik und Tanz – von Flamenco über Bauchtanz bis zu afrikanischem Tanz.

Harburger Kulturtag am 7. November 2015: Harburger Theater, Museumsplatz 2. Bühnenführungen um jeweils 10, 11, 12 und 13 Uhr. www.harburger-theater.de Der Bücherflohmarkt in der Kulturwerkstatt ist am Kulturtag und zusätzlich am Sonntag, 8. November, zwischen 13 und 17 Uhr geöffnet. Sammlung Falckenberg, Wilstorfer Straße 71, 12 bis 17 Uhr. Ab 13 Uhr stündliche Kurzführungen. www.deichtorhallen.de