Tostedt. Besucher wollen ihr Bad mitten im Ort nicht missen. Da es marode ist, wurde der Standort zuletzt in Frage gestellt

Es ist nicht zu übersehen, dass das Freibad in Tostedt in die Jahre gekommen ist. Es fehlt an einer Überlaufrinne, die das Wasser zirkulieren lässt, an hohen Sprungtürmen – an einer Ausstattung, wie man sie von modernen Freibädern gewohnt ist. Die Sanierung steht seit Jahren aus.

Das marode Bad wurde auf moorigem Untergrund gebaut. Das führt dazu, dass der Boden absackt und sich regelmäßig Risse im Schwimm- und Kleinkindbecken bilden. Das Babybecken ist schief, so dass das Wasser überläuft. Jeden Tag muss das Wasser aus dem kleinen Becken abgelassen werden. Der Wasserverlust ist enorm, an manchen Tagen beträgt er bis zu 40.000 Liter (das Hamburger Abendblatt berichtete). Doch machen sich die Zustände auch im Alltag bemerkbar? Wie stehen die Besucher zu ihrem Bad? Ein Ortsbesuch.

Es ist wie immer, wenn man ein Freibad betritt. Schon bevor das Wasser sichtbar wird, dröhnt Kindergeschrei und das regelmäßige Platsch-Platsch-Geräusch nach draußen. Eines aber unterscheidet das Freibad, mal abgesehen davon, dass es mitten im Ort liegt, von anderen Freibädern: Die Besucher müssen keine Drehtür passieren und nicht das Portemonnaie zücken.

Das Freibad in Tostedt ist das einzige im Landkreis, das kostenlos ist. Das wundert Tatjana John, 44, Dozentin aus Tostedt, jedes Jahr aufs Neue. „Das Wasser ist sauber, hier ist Personal, das sich kümmert und die Grünfläche ist sauber, und trotzdem ist der Eintritt frei“, sagt sie.

Natürlich ist die Diskussion um die drängende Sanierung und den hohen Wasserverlust auch an ihr nicht vorüber gegangen. „Man ahnt ja, dass nicht alles optimal ist. Es ist ja ein uraltes Bad“, sagt sie. Sie macht sich jetzt Sorgen, dass das Freibad eines Tages geschlossen wird und an anderer Stelle kein neues eröffnet wird. Sie wüsste dann nicht, wie sie die sechswöchigen Ferien für ihren zehnjährigen Sohn sinnvoll füllen sollte.

Denn es fehle an Alternativangeboten. „Nur in Todtglüsingen gibt es einen großen Spielplatz für ältere Kinder“, sagt auch ihre Freundin Alesia Wildemann, 36, Bürokauffrau, aus Tostedt. „Müssen wir dann immer nach Buchholz oder Hollenstedt ins Freibad fahren?“ Da das Freibad zentral im Ort liegt, ist es auch für Kinder und Jugendliche, die schwimmen können, also das Bronzeabzeichen absolviert haben, mit dem Fahrrad leicht erreichbar. Das wissen die Eltern zu schätzen. Hinzu kommt, dass zahlreiche Kinder und Erwachsene Jahre in dem Bad verbracht haben. Sie verbinden damit fröhliche Sonnentage und hängen am Standort.

So tückisch der Untergrund auch ist und eine Sanierung massiv erschwert, die meisten blenden das aus. „Ich finde den Standort richtig toll. Die Bäume, die vielen Schattenplätze“, sagt etwa Lia Lowatz, Vorsitzende des Vereins Mutig (Mensch und Tier in Gemeinschaft) Nordheide, die in diesem Sommer viele Tage im Freibad zugebracht hat, weil ihr Verein eine Hüpfburg auf der Wiese aufgebaut hat.

Auch Janina Timme, 32, und Danielo Stein, 35, aus Todtglüsingen wollen das Bad nicht missen. Sie schätzen den weiträumigen Park und den Spielplatz. Ein idealer Ort für ihre Kinder Tamino, 1, und Kilian, 3. „Es kommen so viele Familien hierher, und es kostet so viel Geld, woanders neu zu bauen“, sagt der Informatiker.

Einziges Manko: Das Planschbecken für die Kleinkinder ist defekt. Die abgeplatzten Fliesen – auch eine Folge des moorigen, absackenden Untergrunds – müssen erneuert werden. „Das ist schade. Ins große Wasser trauen sich die Kleinen meistens nicht. Das Babybecken ist ideal, damit sie sich ans Wasser gewöhnen können“, sagt Janina Timme.

Und weil die kleinen Kinder ohnehin nicht lange im kühlen Nass aushalten, ist für sie der kostenfreie Eintritt ein wesentlicher Faktor. „Da ist es gut, dass man nicht Unsummen an Geld lässt“, sagt Janina Timme. Deshalb lautet auch das Resümee von Michaela Stehr, 47, Friseurin aus Tostedt, und große Verfechterin des Freibads: „Wer nicht hierher kommt, ist selber schuld.“