Tostedt. Das Becken für die Kleinkinder wurde wie auch das große Becken auf moorigem Untergrund gebaut. Das Becken ist schief, Kacheln platzen ab
Wieder ist eine Saison im Freibad Tostedt fast zu Ende, ohne dass Bademeister Sascha Nieß weiß, wie es weiter geht – ob saniert wird oder nicht, ob ein neues Bad an anderer Stelle entsteht oder ob ein Freibad in Tostedt gar bald Geschichte ist. Die quälenden Beratungen zur Zukunft des Freibads ziehen sich weiter hin. „Der Gemeinderat weiß nicht, was er will“, sagt Sascha Nieß.
Der Bademeister steigt in das kleine Planschbecken, aus dem das Wasser gepumpt wurde, weil mal wieder Reparaturen anstehen. Das Becken für die Kleinkinder wurde wie auch das große Becken auf moorigem Untergrund gebaut. Das Becken ist schief. Der Boden sackt immer wieder ab, so dass die Fliesen im Planschbecken abplatzen und erneuert werden müssen. In der Freibadsaison 2014 war das fünf Mal der Fall. „In diesem Jahr bislang einmal“, sagt Nieß. Es regnet in Strömen, aber das Wasser von oben macht Sascha Nieß nichts aus, nicht einmal einen Regenschirm spannt er auf. Der Frust aber über die immer wiederkehrenden Reparaturen im Bad lassen ihn langsam verzweifeln. So sehr, dass er in der jüngsten Ausschusssitzung im Juli, in der sich die politischen Vertreter mal wieder mit der Zukunft des Freibads auseinander gesetzt hatten, ziemlich ärgerlich wurde.
In kaum einem anderen Bad im Landkreis Harburg ist der Sanierungsstau derart gravierend wie im Tostedter Freibad. „Es geht immer wieder das gleiche kaputt“, sagt Nieß. „Das Becken ist komplett abgängig.“ Jede Saison ist er damit beschäftigt, Löcher zu stopfen, weil sich im Becken Risse bilden und Wasser verschwindet. „An manchen Tagen versickern 40.000 Liter“, sagt Nieß. Im Jahr liegt der Verbrauch bei 5,5 Millionen Liter. „Aufgrund der Mängel haben wir einen hohen Wasserverbrauch“, räumt auch der Erste Samtgemeinderat Stefan Walnsch ein. „Die sollen ja auch behoben werden.“
Die Frage ist nur, wann. Seit Jahren beschäftigen sich Rat und Verwaltung mit dem maroden Freibad. Zuletzt hatte die Firma aquatekten aus Göttingen einen Sanierungsplan für das Freibad im Ortskern aufgestellt. Doch mit den vorgesehenen drei Millionen Euro wollte das Unternehmen die Wasserfläche um die Hälfte reduzieren. Hinzu kamen zu hohe Honorarforderungen. Politik und Verwaltung zogen die Notbremse.
Im jüngsten Umwelt-, Bau- und Planungsausschuss begann die politische Diskussion von neuem. Alle Varianten kamen wieder auf den Tisch: Standortwechsel, Neubau, Beckensanierung oder Umwandlung in eine Naturbadvariante. Dabei hatten diejenigen, die im Freibad zuhause sind, die sich täglich damit auseinander setzen, sich zuvor längst für ein klassisches Freibad und gegen ein Naturbad ausgesprochen. Bei einem Naturbad wird das Wasser statt mit Chlor biologisch aufbereitet. Die DLRG Tostedt hatte in einem Schreiben an die Verwaltung deutlich gemacht: „Aus unserer Sicht ist ein konventionelles Bad für Tostedt sinnvoll. Schon allein wegen des immens hohen Arbeitsaufwandes bei einer Naturvariante.“ Auch der Förderverein Rettet das Freibad hat von einem Naturbad Abstand genommen und bevorzugt die konventionelle Art einer Sanierung des Freibads.
Zu dieser Erkenntnis kamen die DLRG und der Förderverein nach einem Besuch des Stadion- und Naturbads in Bremen. Dort erfuhren sie, mit welchem Arbeitsaufwand das Wasser gereinigt werden muss. Chemikalien sind in einem Naturbad nicht erlaubt. Das Wasser darf zudem eine bestimmte Temperatur nicht übersteigen, damit die Organismen, die das Bad sauber halten, aktiv sein können. „Das Becken muss per Hand gefegt werden, und auch die Filteranlage erfordert einen hohen Pflegeaufwand“, sagt Nieß. Der Förderverein Rettet das Freibad verweist auf den Baggersee des TSV Todtglüsingen. „Wer Chlorwasser nicht mag, kann dahin gehen“, sagt Jennifer Felkner, stellvertretende Vorsitzende des Vereins.
Doch Teile der Politik wollen weiter an der Naturbadvariante festhalten. Der Antrag von Harald Stemmler (Wählergemeinschaft), nur noch ein konventionelles Bad weiter zu verfolgen, wurde mit vier Nein-Stimmen und drei Enthaltungen im Fachausschuss abgelehnt.
Nun soll eine Sondersitzung am Donnerstag, 17. September, 18 Uhr, Aufschluss geben, was mit dem maroden Freibad geschieht. Drei Unternehmen, die Planungsgruppe Hildesheim, die Architektengruppe Voß und Polyplan GmH aus Bremen und die ICLS Consulting Sports aus Essen stellen in der Ausschusssitzung ihre Konzepte zur Sanierung des Freibads vor.
Der Förderverein Rettet das Freibad, bislang starker Verfechter, das Bad zu erhalten, hat sich inzwischen gedanklich vom schönen Standort mitten im Ort mit seinen Schatten spendenden Bäumen verabschiedet und plädiert für einen neuen Standort bei den Schulen am Düvelshöpen.