Winsen. Winsener Rat stimmt dem Ausbau der Anlage zu. Im Wettbewerb um die Städtebauförderung erwartet die Stadt Besuch aus Hannover.
Jetzt ist es endgültig entschieden: Die Biogas-Anlage auf dem Hof der Familie Neven in Pattensen kann erweitert werden. In einer Kampfabstimmung hat der Rat der Kreisstadt mit 20 gegen 14 Stimmen den Beschluss gefasst und damit das knapp Votum aus dem Planungsausschuss bestätigt. Die Kapazität der Anlage wird damit von 2,3 auf 3,5 Millionen Kubikmeter steigen. Die Fläche wird zu einem Sondergebiet für Landwirtschaft und Bioenergie.
SPD und Grüne sagten auch am Mittwochabend Nein zu der Erweiterung, mit der die Grenze für eine privilegierte Landwirtschaft überschritten wird. „Die wirtschaftliche Kompensation anderer Betriebe wird nicht berücksichtigt“, sagte Heidi Lühr (SPD). „Ich kann nicht begreifen, wie die CDU das anderen Landwirten erklären will. Wir können einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden nicht zustimmen“, so ihr Parteikollege Heinrich Schröder. Ähnlich Erhard Schäfer (Grüne): „Umso größer die Betriebe, umso größer werden die Monokulturen und umso mehr Transporte fallen an.“
„Wer die Energiewende will, muss sie auch durchsetzen, vor allem weil die Bioenergie verlässlich Strom liefert“
Die CDU sieht das grundlegend anders. „Wer die Energiewende will, muss sie auch durchsetzen, vor allem weil die Bioenergie verlässlich Strom liefert und nicht abhängig von Wind oder Sonne ist“, sagte Bodo Beckedorf. Zudem wehren sich die CDU-Politiker gegen das Argument, Biogasanlagen seien allein für große Mais-Monokulturen verantwortlich. „Zwei Drittel des angebauten Mais wird als Futter verbraucht und Biogasanlagen werden auch nicht allein mit Mais betrieben“, sagte Cornell Babendererde. Gewandelt hatte sich die Ansicht von Matthias Hüte (Freie Winsener). Skeptisch ist er immer noch. Doch er könne es „nicht mit seinem Gewissen vereinbaren“ gegen das Projekt zu stimmen, wenn der „Eigentümer mir sagt, er könne sonst nicht wirtschaftlich arbeiten,“ erklärte Hüte und stimmte mit der CDU.
Nachträglich abgesegnet hat der Rat jetzt den bereits an das Sozialministerium abgesandten Antrag auf Städtebauförderung. Für sie hatte die Verwaltung in den vergangenen sechs Monaten unter Beteiligung von Bürgern, Politikern, Experten und Immobilieneigentümern ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) aufgestellt. Ob die Stadt den Zuschlag für eine Förderung von Land und Bund erhält, wird sich im Frühjahr 2016 zeigen.
Stadt erhofft sich zumdinsest je gut drei Millionen Euro von Bund und Land
„Wir erwarten für den 5. August Besuch vom Niedersächsischen Sozialministeriums“, sagte Projektleiterin Angelina Gastvogel. Dies sei ein „früher Termin. Nehmen wir das als ein gutes Zeichen.“ Die Stadt erhofft sich zumindest eine Förderung von je gut drei Millionen von Bund und Land, wenn sie selbst dieselbe Summe für die Innenstadt investiert. „Der Hauptproblem werden nicht die Gelder aus Hannover sein, sondern die privaten Investitionen“, sagte Schäfer. Es sei anspruchsvoll zu glauben, dass von dieser Seite innerhalb von acht bis zehn Jahren rund 13 Millionen Euro fließen würden.
Pikant: Schäfer wertete es als „unfassbar“ und „fatales Signal“ für interessierte Investoren, dass ein Projekt eines Ratsmitglieds zum zweiten Mal abgelehnt worden sei. Dabei geht es um zwei leerstehende, kleinere Häuser in der Plankenstraße, die durch einen Neubau ersetzt werden sollten. Der Verwaltungsausschuss hatte dies in der vergangenen Woche abgelehnt.
Debatte über das Sanierungsgebiet Albert-Schweitzer-Straße
Auch hier gab es wieder die andere Sicht der CDU. „Öffentliche Investitionen ziehen privat nach sich, wenn sie sich lohnen“, so Babendererde. Grundsätzlich können auch Privatleute während der Förderperiode Zuschüsse erhalten. Die Politiker votierten bei einer Enthaltung für das ISEK-Projekt.
Die Bahnhofstraße und das Bahnhofsumfeld bleiben zwar außerhalb des Fördergebiets. Für sie wird es aber einen Masterplan geben. Zudem hat sich die Stadt ein Vorkaufsrecht bei den Immobilien gesichert, das ebenfalls einstimmig befürwortet wurde.
Nach Neubesetzungen bei den Ortsbrandmeistern, von denen allein die beiden neuer stellvertretenden Stadtbrandmeister Uwe Ehlers und Jens-Peter Wreide gekommen waren, gab es erneut eine Debatte über das Sanierungsgebiet Albert-Schweitzer-Straße. Hier ist zwar unstrittig, dass die Stadt Wohnumfeld und Lebensbedingungen verbessern will, doch die Wohnungen selbst bleiben davon zunächst unberührt. Der Eigentümer Capricornus ist insolvent und klagt gegen das Modernisierungsgebot. „Es wird sich nichts ändern, wenn die Stadt nicht bereit ist, selbst Eigentümer der Wohnungen zu werden“, sagt Schäfer. Auch SPD-Politiker Schröder monierte, das Geld für den Parkplatz oder die Zufahrt hätte man besser in die Wohnungen stecken sollen. „Wie das geht, kann ich aber auch nicht sagen“, räumte er ein.
Bürgermeister André Wiese, für den eine städtische Wohnungsgesellschaft nicht in Frage kommt, hörte sich das an und sagte kein einziges Wort.