Wilhelmsburg. Anwohner, Sportler, Ausflugsgäste und Restaurantgäste konkurrieren im Vogelhüttendeich um die wenigen öffentlichen Parkplätze.
Parkplatznot macht Wilhelmsburgs bekanntestem Lokal zu schaffen: „Wenn unsere Gäste kommen, ist bereits alles zugeparkt“, sagt Sofija Dreshaj vom Biergarten „Zum Anleger“. Im Naherholungsquartier am Ernst-August-Kanal würden öffentliche Parkplätze fehlen, sagt die junge Gastronomin. Am idyllischen Kanal laufe der Verkehr aus dem Ruder. Dass Hamburg Wasser die Kanalisation im Vogelhüttendeich seit Juli 2014 modernisiert und die Straße in Abschnitten vollgesperrt ist, verschärft das Problem noch.
„Autos parken auf beiden Straßenseiten, Autofahrer rangieren kreuz und quer, weichen manchmal auf den Gehweg aus“
Anwohner, Kleingärtner, Fußballer und Zuschauer des SV Wilhelmsburg, Gäste von Barkassen, die am Ernst-August-Kanal ablegen sowie Restaurantgäste konkurrieren um die wenigen öffentlichen Parkplatze am Straßenrand. Das Quartier hat sich zu einem attraktiven Freizeitrevier der Elbinseln entwickelt, in dem gepaddelt, gebolzt, gegärtnert, gespeist und gefeiert wird. Die Parkplätze im Vogelhüttendeich reichen aber kaum für die Anwohner.
„Autos parken auf beiden Straßenseiten, Autofahrer rangieren kreuz und quer, weichen manchmal auf den Gehweg aus“, beobachtet Sofia Dreshaj. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Beirat für Stadtentwicklung und ist in dem Bürgerbeteiligungsgremium die Quartiersvertreterin für den Vogelhüttendeich. Ihre Aufgabe: Die Sorgen der Anwohner aufgreifen und zur Sprache bringen.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehr des Stadtteilbeirates beschäftigt sich nun mit der Parkplatznot am Vogelhüttendeich. Auch das Gespräch mit der Polizei hat Sofija Dreshaj gesucht. Eine Lösung zeichnet sich indes noch nicht ab. Gastronom Quasim Dreshaj sähe am liebsten wenn der Vogelhüttendeich zur Einbahnstraße würde. Egal, in welche Richtung. Das würde zwar nicht die Parkplatznot lindern, aber den Verkehr regulieren. Eine Hilfe könnte sein, den Parkplatz beim benachbarten Ruderclub um einige öffentliche Parkplätze zu erweitern, sagt er. Aber das sei nur eine Idee.
Zurückdrängen von Autos steht bei Stadtplanern hoch im Kurs
Dass Parkplätze fehlen, bekomme der Biergarten mit Kanu- und Tretbootverleih zu spüren. „Gäste, die reserviert haben, erscheinen verspätet“, hat Sofija Dreshaj bemerkt. Ein Indiz dafür, dass sie nach Parkplätzen suchen.
Bei schönem Wetter besuchen bis zu 500 Gäste das in ganz Hamburg bekannte Lokal. Unternehmen buchen es für Betriebsfeiern. Google Deutschland hat im vergangenen Jahr mit 400 Gästen am Ernst-August-Kanal gefeiert. Rent-A-Car wird es mit 100 Gästen in diesem Jahr tun.
Wilhelmsburg gilt als ein Modellstadtteil für autoarme Quartiere und gemeinsame Wohnformen für Jung und Alt. Die Internationale Bauausstellung hat diese Entwicklung angestoßen. Das Zurückdrängen des Autos steht bei Stadtplanern hoch im Kurs. Aber offenbar ist die Bereitschaft in der Bevölkerung, auf das Auto zu verzichten und Einkäufe mit dem Lastenfahrrad zu erledigen, weitaus geringer als unterstellt wird. Bei einem öffentlichen Feierabendgespräch zur Entwicklung Wilhelmsburgs räumte IBA-Projektkoordinatorin Gerti Theis ein, dass viele Menschen nicht auf das Auto verzichten wollten oder nicht könnten.
Stadtreinigung holt den Müll nicht und Post kann nicht zugestellt werden
Das Fehlen von kostenlosen öffentlichen Parkplätzen haben auch Gäste der Sport- und Freizeitstätten am Inselpark in der neu geschaffenen Wilhelmsburger Mitte moniert. Wer abends klettert oder schwimmt, packt seine Sporttasche offenbar lieber in den eigenen Kofferraum als sie in der S-Bahn auf dem Schoß zu transportieren. Auf den Besucheransturm zu den Heimspielen des Basketball-Zweitligisten Hamburg Towers, der am Inselpark beheimatet ist, hat das Bezirksamt reagiert und zu den Heimspielen den Parkplatz der in der Nachbarschaft gelegenen Gewerbeschule geöffnet.
Ohne ausreichend öffentliche Parkplätze geht es wohl auch im Freizeitquartier am Ernst-August-Kanal noch nicht. Die Stadtreinigung habe neulich den Müll nicht abgeholt. Ein Postzusteller hat insgesamt 62 Briefe für die gesamt Nachbarschaft in den Briefkasten des Biergartens Zum Anleger geworfen. Für Quasim Dreshaj zeigen dies, dass es am Vogelhüttendeich nicht rund läuft: „Man sieht, das normale Leben geht nicht weiter.“