Veddel. Das erste IBA-Feierabendgespräch bringt Diskussionsstoff. Stadtentwicklerin unterstützt Tempo 30 auf der Dratelnstraße.

Die städtische Stadtentwicklungsgesellschaft IBA Hamburg spricht sich nach dem geplanten Ausbau der Dratelnstraße für Tempo 30 auf der dann neu geschaffenen Hauptverkehrsstraße in Wilhelmsburg aus. „Wir sagen: Auf der Dratelnstraße muss Tempo 30 gelten“, sagte IBA-Projektkoordinatorin Gerti Theis am Mittwochabend beim ersten IBA-Feierabendgespräch auf der Veddel.

Über die Entwicklung der Elbinseln sprechen – in intimer Atmosphäre

Mit dieser Aussage dürfte die IBA Hamburg die Verkehrsbehörde mindestens herausgefordert, wenn nicht provoziert haben. Das weiß auch Gerti Theis. Tempo 30 auf der Dratelnstraße durchzusetzen, sei ein „irrer Aufwand“, fügt sie noch hinzu. Westlich der Dratelnstraße soll nach der geplanten Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße voraussichtlich Mitte 2019 ein autoarmes Quartier mit etwa 1000 Wohnungen entstehen.

Aber den Gedanken freien Lauf zu lassen und in intimer Atmosphäre ungezwungen über die Entwicklung der Elbinseln zu sprechen, genau dazu waren mehr als 30 Fachleute und Einwohner auf der Terrasse des IBA-Docks zusammengekommen. Die IBA Hamburg GmbH testet während des Hamburger Architektursommers ein neues Format zur Beteiligung von Experten und Einwohnern. Feierabendgespräch nennt sich die Reihe, die sich bei Wein, Mineralwasser und Laugenbretzeln lässig gibt und auf klassische Präsentationsformen wie Frontalvorträge verzichtet. Bei der Premiere ging es um die Perspektiven für den Stadtteil Wilhelmsburg.

Was blieb vom Erbe der Internationalen Bauausstellung?

Der frühere IBA-Mitarbeiter Gottfried Eich stellt die Frage, was von den Entwicklungen übrig geblieben sei, die die Internationale Bauausstellung angestoßen hat. Die Antwort gibt er gleich selbst: „Die IBA hat ihr Erbe verschleudert“, sagt Gottfried Eich, der heute an der Stadtteilschule Wilhelmsburg arbeitet. Die Ziele, Bildung und Wirtschaft auf den Elbinseln voranzubringen, seien verfehlt worden, kritisiert er. Die Chancen für Kinder aus sozial schwachen Familien in Wilhelmsburg seien nicht besser geworden: „Sozialökonomisch ist Wilhelmsburg nicht über den Berg.“

Die IBA Hamburg sei bei der Förderung von Bildung und lokalen Ökonomien auf die Zusammenarbeit mit den Behörden für Arbeit, Soziales und dem Bezirk Mitte angewiesen, weist Gerti Theis darauf hin, dass der städtische Entwickler nicht alle gesellschaftlichen Probleme lösen könne. „Es nagt an unserem Anspruch, die Bildungsoffensive nicht reformieren zu können“, räumt sie ein.

Grundstückspreise im Vergleich zu den meisten Hamburger Stadtteilen niedrig

Auf die Frage, wer denn den zusätzlichen Schulraum schaffe, wenn mehr Menschen nach Wilhelmsburg zögen, antwortet IBA-Projektkoordinator Ronny Warnke: „Der Fokus der IBA Hamburg ist, mehr Einwohner auf die Elbinseln zu bekommen.“ Unausgesprochen bedeutet das: Schulbau gehört nicht dazu.

Die IBA Hamburg könne aber in den verschiedenen Wohnquartieren mit insgesamt 4000 Wohnungen, die sie im Auftrag der Stadt bis voraussichtlich 2030 auf den Elbinseln entwickeln werde, höhere Standards im „Geiste der Internationalen Bauausstellung“ setzen. Der Stadtteil Wilhelmsburg sei für junge Familien mit Kindern interessant, sagt Gerti Theis. Die Grundstückspreise seien im Vergleich zu den meisten Hamburger Stadtteilen niedrig.

IBA ist zufrieden mit dem neuen Gesprächsformat

In der Zeit vor der Internationalen Bauausstellung habe es kein nennenswertes privates Investment in den Wohnungsbau in Wilhelmsburg gegeben. Auch während der Bauausstellung hätten sich Wohnungsbaugenossenschaften zurückgehalten, weil sie hohe Standards nicht für vermarktungsfähig gehalten haben sagt Gerti Theis. Mittlerweise sei der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen auf die IBA Hamburg zugekommen. „Wir werten das als gutes Zeichen!“

Die IBA Hamburg ist sehr zufrieden mit seinem neuen Gesprächsformat. Das Konzept mit wenig Regeln und viel Flexibilität habe funktioniert, sagt IBA-Sprecherin Anke Hansing. Was aus Wilhelmsburg in Zukunft wird, bringt das Feierabendgespräch am Ende aber nicht hervor. Ein Architekt fasst etwas ratlos zusammen: „Im Rest Hamburgs kursiert die Idee, Wilhelmsburg ist das nächste große Ding – aber keiner weiß wofür!“

Feierabendgespräch #2: Wohnquartiere durch innovative Vergabeverfahren qualitätsvoll entwickeln, Mittwoch, 1. Juli, 18 Uhr, Infopoint BGZ Süderelbe in Neugraben, Eintritt frei, Anmeldung erforderlich: anmeldung@iba-hamburg.de (Stichwort: Naturverbunden)