Winsen. Landrat Rainer Rempe nennt Kriterien für die Y-Trasse. Am Sonnabend ist er bei der Demonstration in Ramelsloh dabei.

Eine Woche vor dem vierten Treffen der Dialogforums Schiene Nord in Celle am kommenden Freitag hat Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg, für ein Umdenken bei der Diskussion um die geplante Schienentrasse plädiert. „Das Forum kann nicht über eine Trasse entscheiden. Das ist die Aufgabe von Bund und Bahn. Aber wir können Kriterien entwickeln, um unsere Interessen zu wahren“, sagte der Landrat am Freitag dem Abendblatt. Dieses Thema dürfte in der Sitzung mit auf die Tagesordnung kommen. Rempe rechnet dabei frühestens in zehn Jahren mit der Realisierung der Y-Trasse, über die künftig vor allem Container aus den Häfen Hamburg und Bremerhaven in Richtung Hannover transportiert werden sollen.

Eines der Hauptkriterien für die Trasse ist für Rempe, dass mit ihr im Landkreis weiteres Ausbaupotenzial für den Personen-Nahverkehr auf der Schiene erhalten bleibt. „Bei uns wächst die Bevölkerung weiter. Dafür ist eine gute Schienenanbindung für die rund 75.000 Ein- und Auspendler extrem wichtig. Jede Variante, die dies nicht erfüllt, ist eine schlechte Variante“, argumentiert der Landrat, der sich am Donnerstag erneut mit den acht Bürgermeistern aus dem Kreis abgestimmt hatte.

„Wenn wir diesen Verkehr nicht auf die Schiene bringen, wird er auf die Straßen kommen“

Für den Landkreis stehen noch zwei weitere Kriterien an vorderer Stelle. „Die Menschen leiden schon heute unter dem starken Lärm von Straßen, Autobahnen und Schienen“, so Rempe. Deshalb müsse die Beeinträchtigung durch die neue Trasse „möglichst gering“ bleiben. Wichtig sei auch, die mögliche Dauer bis zur Fertigstellung der Gleisverbindungen zu achten. Denn Experten erwarten, dass der Güterverkehr auch künftig zunehmen wird. „Wenn wir diesen Verkehr nicht auf die Schiene bringen, wird er auf die Straßen kommen“, sagte der Landrat. Auch das würde die Lebensqualität im Landkreis beeinträchtigen. Weniger relevant für Landkreise und Gemeinden seien dagegen Kosten- und Nutzenaspekt von Trassen, die Verkehrsplaner eher in den Vordergrund stellen. „Solche Kriterien liegen im Interesse von Bund und Bahn.“

Klar ist: Das Diskussionsforum wird letztlich nicht über eine Trasse entscheiden können. Denn die Interessen der einzelnen Regionen dürften je nach der Streckenführung voneinander abweichen. So würde es innerhalb der Runde Verlierer und Gewinner geben. Bund und Bahn könnten aber ihre Entscheidung an den im Forum entwickelten Kriterien festmachen und daraus ihr Ergebnis ableiten, sagt der Landrat. „Dieses Ergebnis könnte dann dem Forum noch einmal vorgelegt werden, um die Kriterien selbst zu prüfen.“

„Ich finde es gut, wenn Menschen sich darüber Gedanken machen, was vor ihrer Haustür passiert“

Im Gegensatz zu solchen grundsätzlichen Erwägungen über die Ziele des Forums mit rund 80 Teilnehmern hält es Rempe für wenig zielführend, immer neue Varianten für die Y-Trasse zu diskutieren. Zum einen sei dafür die Zeit zu knapp. Zum anderen würden „bei den Vorschlägen teilweise die örtlichen Verhältnisse wie Steigungen, Kurvenradien oder direkt an den Schienen liegende Häuser ignoriert.“

Am heutigen Sonnabend wird Rempe nun zur zentralen Kundgebung der von mehreren Bürgerintiativen organisierten Demonstration gegen die Schienengüterverkehrstrasse (SGV)-Y nach Ramelsloh fahren. In einem Bereich, den die Trasse zerschneiden würde, ist ein großes Picknick geplant, zu dem die Besucher in weißer Kleidung erscheinen sollen.

Rempe wurde als einer der von den Planungen betroffenen Landräte von den Organisatoren eingeladen. „Ich finde es gut, wenn Menschen sich darüber Gedanken machen, was vor ihrer Haustür passiert“, sagte er. Ob er vor Ort sprechen wird, war am Freitag noch offen. Aber seine Auffassung ist deutlich: „Irgendwann ist das Maß überschritten, das wir im Landkreis an Verkehr noch bewältigen können.“

Kreis muss 50 Flüchtlinge pro Woche unterbringen

Die Entscheidung des Bundes für 2015 die Hilfe für Flüchtlinge auf eine Milliarde Euro aufzustocken, hat Landrat Rainer Rempe begrüßt. „Es ist gut, dass sich etwas bewegt“, sagte er dem Abendblatt. Rempe verweist aber darauf, dass der Kreis inzwischen nicht mehr 40, sondern 50 Flüchtlinge pro Woche unterbringen müsse.

Für 2016 wird aber schon bei 30 Asylbewerbern ein Defizit von 35 Millionen Euro erwartet. Zudem zahle das Land die Zuschüsse an Hand von Kopfzahlen, die zwei Jahre zurückliegen. Seit 2013 hat sich die Zahl der Leistungsempfänger aber von 550 auf bis zu 3000 erhöht. „Die neuen Zuschüsse werden unsere Finanzprobleme nicht lösen.“ (rz)

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