Jesteburg. 6500 Kilometer Not und Elend: Bei einem ersten Treffen des Jesteburger Helferkreises kamen sich Einheimische und Flüchtlinge näher.

Die 6500 Kilometer sind schnell zurückgelegt – in weniger als 30 Sekunden hat der 19-jährige Hussein Almur aus dem Nordsudan den Weg aus seiner politisch zerrütteten Heimat in seine neue Heimat Jesteburg in der Nordheide mit dem Finger auf der Karte im alten Schulatlas nachgezeichnet. Im evangelischen Gemeindehaus in Jesteburg sitzt Jutta Elberling vom Flüchtlings-Helferkreis neben ihm und ist sichtlich aufgewühlt, als sie den Bericht über den dramatischen Lebensweg des jungen Sudanesen hört, der auf seiner Flucht kaum fassbares Elend erlebt hat.

Treffen mit Flüchtlingen aus Afrika und dem Nahen Osten

Ähnlich betroffen waren die knapp 50 Jesteburger, die am vergangenen Sonnabend der Einladung des Helferkreises ins Gemeindehaus zu einem Treffen mit Flüchtlingen aus Afrika und dem Nahen Osten gefolgt waren. Über 120 Asylbewerber aus den Krisengebieten in Westafrika, Somalia, Sudan, Iran, Syrien, Afghanistan und Georgien leben derzeit in Unterkünften der Samtgemeinde. 60 weitere werden dieses Jahr noch hinzukommen.

Johanna Lehmberg, Initiatorin des 2014 gegründeten Helferkreises, war begeistert von dem großen Interesse an der Zusammenkunft: „Eigentlich hatten wir für dieses erste Treffen einen deutlich kleineren Rahmen geplant und sind jetzt völlig überrascht vom regen Interesse der Bevökerung am Schicksal der Flüchtlinge in der Gemeinde.“

Gute Stimmung im voll besetzten Saal

Zwei Tische von Hussein Almur und Jutta Elberling entfernt sitzt Martina Martens mit ihrem Mann Helmut und spielt bei Kaffee und Kuchen Karten mit Silman aus dem Sudan. Der 19-Jährige ist nach der Flucht vor Verfolgung im Sudan und einer lebensgefährlichen Bootsfahrt übers Mittelmeer seit acht Monaten in Jesteburg. Er hat schon ein wenig Deutsch gelernt und fragt in der Sprache seiner Gastgeber nach den Regeln des Spiels. Martina Martens wundert sich, wie gut der junge Mann die fremde Sprache schon beherrscht. Sie freut sich über die gute Stimmung im voll besetzten Saal des Gemeindehauses.

Dorle Mossau wiederum ist stolz darauf, dass von ihrem Blätterteiggebäck mit Fisch, das sie auch mit Rücksicht auf die Muslime gebacken hat, kaum mehr etwas da ist. Im Rahmen des Helferkreises betreut sie seit einem Jahr eine Familie aus Somalia.

Einwohner und Flüchtlinge sollen zusammen gebracht werden

Der ehrenamtlich tätige Helferkreis mit derzeit rund 30 Bürgern aus Jesteburg, Bendestorf, Harmstorf und Lüllau hatte das erste Treffen initiiert, um Einwohner und Flüchtlinge in ungezwungener Atmosphäre zusammen zu bringen. Die Anteilnahme der Jesteburger am Schicksal ihrer neuen Mitbürger auf Zeit hatte sich laut Helferkreis bisher in eher engen Grenzen gehalten. Johanna Lehmberg: „Die Leute haben sich entweder nicht getraut mitzuhelfen oder fühlten sich nicht angesprochen, auch wenn die Anwesenheit der Flüchtlinge im alltäglichen Straßenbild der Gemeinde augenfällig ist.“

Nächster Termin: 20. Juni

Nach den guten Erfahrungen dieses ersten Jesteburger Treffens haben die Helfer gleich den nächsten Termin am 20. Juni im Gemeindehaus festgemacht und „noch eins draufgesetzt,“ wie Mitorganisatorin Irmgard Smolarek betonte. Künftig werde es in Abstimmung mit der Jesteburger Flüchtlingshelfer-Initiative „Café Farbenfroh“, mit der man eng verbunden sei, jeden dritten Samstag im Monat ein Miteinander im Saal des evangelischen Gemeindehauses geben.