Neu Wulmstorf. In der Neu Wulmstorfer Schule Vossbarg lernen Kinder mit Migrationshintergrund die deutsche Sprache. Einige sprechen gar kein Deutsch.

Sie sprechen arabisch, bulgarisch, litauisch, kroatisch, polnisch, spanisch und filipino. Manche sind gerade erst in Deutschland angekommen, einige bleiben nur kurz, andere ein Leben lang. Gemeinsam gehen sie in Neu Wulmstorf zur Schule, besuchen regelmäßig die Sprachlernklasse der Hauptschule Vossbarg, in der es vorrangig um ungezwungene Kommunikation in der fremden Landessprache, aber auch um den Spaß am Lernen geht.

Die steigende Zahl der Asylbewerber hat für eine rasante Entwicklung an Deutschlands Schulen gesorgt. Ende Februar lebten 5.351 schulpflichtige Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Aufenthaltsberechtigungen in Hamburg, 87 davon im Bezirk Harburg. Während ihres Aufenthaltes in den Zentralen Aufnahmeeinrichtungen (ZEA) werden sie normalerweise in sogenannten „ZEA-Klassen“ unterrichtet. Wer später eine Flüchtlingsunterkunft bezieht, soll dann im Idealfall eine Regelschule vor Ort besuchen. So der Plan. Doch was dann?

Einige Kinder sprechen kaum oder gar kein Deutsch

„Wir haben in der Vergangenheit leider immer wieder feststellen müssen, dass es Kinder gibt, die eben kaum oder gar kein Deutsch sprechen“, sagt Linda Hoffmann. „Die sitzen dann bei uns im Regelunterricht, verstehen nichts, können nicht kommunizieren, verlieren die Lust am Lernen und finden keinen Zugang zum deutschen Bildungssystem. Genau das wollen wir aber unbedingt verhindern.“

Als die engagierte Neu Wulmstorfer Hauptschullehrerin von der Möglichkeit erfuhr, diese Missstände mit Hilfe einer Sprachlernklasse abzufangen, erklärte sie sich daher kurzerhand zu einer Fortbildung bereit, besuchte ein Jahre lang neben dem regulären Schuldienst ein Seminar für „Deutsch als Zweitsprache“ in Hannover. Anschließend erarbeitete sie mit drei Kollegen das pädagogische Konzept für die Sprachlernklasse der Hauptschule Vossbarg, die dann mit Beginn das Schuljahres 2015/2016 offiziell eingerichtet wurde. Dabei handelt es sich zwar um ein freiwilliges, ergänzendes Angebot der Hauptschule, das aber mittlerweile fest in den schulischen Alltag integriert ist und von Schülern und Lehrern gleichermaßen gern und häufig in Anspruch genommen wird. „Unsere Sprachlernklasse richtet sich schließlich an alle Schüler, für die Deutsch nicht die Muttersprache ist. Darüber gibt es im Kollegium einen intensiven Austausch. Wenn uns ein Schüler auffällt, der ein wenig mehr Unterstützung braucht, um Deutsch besser sprechen und verstehen zu können, schicken wir ihn in die Sprachlernklasse“, sagt Jan-Hendrik Stender.

Die Gruppen bestehen aus verschiedenen Herkunftsländern

Die ist entsprechend bunt zusammengewürfelt. Vier bis zwölf Schüler im Alter von zehn bis 14 Jahren unterschiedlichster Herkunft setzen sich gemeinsam mit der deutschen Sprache und Kultur auseinander. Kein einfaches Unterfangen. Denn manchmal müssen die Lehrer praktisch bei Null einsteigen: „Einige Schüler sind nicht alphabetisiert. Andere könnten vom Niveau her später sogar auf das Gymnasium wechseln, sprechen eben nur kein Deutsch“, erklärt Linda Hoffmann. Deshalb haben die Lehrkräfte für jeden Schüler einen individualisierten Lehrplan entworfen. „Damit holen wir die Kinder genau da ab, wo sie gerade stehen. Jeder macht bei uns im Unterricht das, was er kann, und nimmt parallel dazu in Fächern, die auch ohne große Deutschkenntnisse ganz gut funktionieren, am Regelunterricht teil“, betont Jan-Hendrik Stender. Dazu gehören beispielsweise Sport, Kunst und Musik. Und auch die Zeit, die die Schüler in der Sprachlernklasse verbringen, ist keineswegs festgelegt. „Einige sind nur ein paar Wochen dabei und wechseln dann in den Regelunterricht“, sagt Hoffmann.

Hörbücher und Rollenspiele helfen

Für die inhaltliche Gestaltung der Sprachlernklasse stehen den Neu Wulmstorfer Lehrkräften insgesamt 28 Wochenstunden zur Verfügung. Zum Einsatz kommen Hörbücher und Lernmaterialen. Ganz besonders beliebt seien Rollenspiele zu Themen wie „Shoppen“ und „Freizeitgestaltung“, sagt Hoffmann. Ziel ist es, nach einem Jahr das A2-Niveau zu erreichen.

Im Landkreis Harburg gibt es zurzeit lediglich in Neu Wulmstorf und Tostedt jeweils eine Sprachlernklasse. Weitere sind genehmigt: Ab August sollen neue Klassen in den Oberschulen in Salzhausen und Meckelfeld sowie voraussichtlich am Gymnasium in Winsen eingerichtet werden. (Ines van Rahden)