Harburg. Kutter „Sassnitz“schwimmt wieder. Bezirksamt zahlt zunächst die Kosten der Bergung. Doch wer ist der Eigner?
Jahrzehntelang war die „Sassnitz“ ein gewohnter Anblick im Harburger Binnenhafen, jetzt wird sie zum Abwracker gebracht. Der alte Fischkutter war in Harburg legendär, vor allem, weil sein einstiger Eigner Peter Kruse beim Binnenhafenfest hier Matjes servierte und Flaschenbier zu Preisen abgab, die deutlich unter den Bierpreisen der umliegenden Festgastronomen lagen. Kruse war selbst Fischer und ehemaliger Handelskapitän. Nach Kruses Tod hatte ein Freund des Verstorbenen sich weiter um die Sassnitz gekümmert.
Vor drei Wochen sank der Kutter an seinem Liegeplatz bei der Lotsekanal-Klappbrücke. Mur Masten und Brückendach ragten noch aus dem Wasser. Schmieröl und Diesel traten aus, die Feuerwehr dämmte dies notdürftig mit Ölschlengeln ein. Das Sinken dauerte nur wenige Minuten.
Am Montag begannen Taucher der Wilhelmsburger Bergungsfirma Knoth damit, die „Sassnitz“ zu heben. Treibgut wurde von der Wasserfläche abgesammelt, Trossen unter dem Schiff hindurchgezogen und der Kutter allmählich mit zwei Kränen angehoben und gleichzeitig leergepumpt. Gestern morgen hatten die Pumpen das Schiff soweit gelenzt, dass es schwamm und mit ständiger Pumpenhilfe auch oben blieb. Mit einem Schlepper holten die Berger den Kutter ab, um ihn vor die Binnenhafenschleuse in die Süderelbe zu ziehen. „Unser großer Schwimmkran passt nicht durch die Schleuse“, sagt Bergungsleiter Arne von Holst, „deshalb mussten wir den Kutter aus dem Binnenhafen ziehen.“
Der Kran holte die „Sassnitz“ auf seine Arbeitsfläche. Von da aus soll das Schiff, sobald der Wind sich gelegt hat, auf einen Leichter verladen und letztlich zu einem Abwrackbetrieb in Moorburg gebracht werden. Damit ist das Kapitel „Sassnitz“ dann für die meisten Harburger endgültig vorbei.
Das Bezirksamt wird die Angelegenheit allerdings noch etwas länger beschäftigen. Das Amt hatte die Bergung in Auftrag gegeben und muss sie nun zahlen – zunächst. Das Geld will sich der Bezirk beim Eigner wiederholen. Nur wer das ist, ist nicht klar: Der Freund des verstorbenen Fischers verfolgte die Bergung zwar Bier trinkend von der Kaikante aus, ist jedoch angeblich nicht der offizielle Eigner des Schiffes, sondern hatte sich lediglich nach dem Tod seines Kumpels weiter gekümmert. Ob das reicht, um Regressansprüche des Bezirks zu begründen, ist fraglich. Bezirks-Pressesprecherin Bettina Maack: „Wir werden uns mit dem Herren in Verbindung setzen. Ich bin sicher, dass das Bezirksamt nicht auf den Kosten sitzen bleibt.“
Peter Kruse und seine „Sassnitz“ waren echte Urgesteine des Harburger Bionnenhafens. In den 90er-Jahren mit knapp 50 Jahren durch die Ausflaggungswelle in der deutschen Schifffahrt beim Arbeitsamt gestrandet, hatte der Handelskapitän Kruse kurzerhand das Ersparte in einen Fischkutter investiert, den er auf Rügen gefunden hatte.
Damit zog der gebürtige Ottenser nach Harburg, lange bevor der Binnenhafen zur In-Gegend wurde. Von der Fischerei kannte schon ein wenig: Er hatte den Seemannsberuf auf einem Trawler erlernt. Seine Netze lagerte Kruse in einem Schuppen an der Zitadellenstraße. Seine legendäre Raubeinigkeit brachte ihn manchmal in Schwierigkeiten und einmal sogar ins Fernsehen: In der ZDF-Dokuserie „Torfnase und Blindflansch“ über Menschen im Hamburger Hafen spielen Käptn Kruse, sein Bootsmann Manni und ihr Kutter „Sassnitz“ eine tragende Rolle.
Der Serientitel ist übrigens ein Zitat aus der Bordkommunikation des Fischereifahrzeuges. All dies wird nun endgültig Geschichte, wenn die „Sassnitz“ abgewrackt wird.