Um die Monotonität des träge fließenden Seevekanals zu durchbrechen, werden Totholzinseln oder Kiesbänke in das Gewässer gesetzt.
Harburg „Achtung!“, tönt es von oben. Melissa, Carolina, David und Phillipp treten zur Seite. Dort, wo sie eben noch an der Uferböschung des Seevekanals standen, regnet es jetzt Steine. Wenige Sekunden später ist die Schubkarre leer und die vier Schüler auf der Böschung beginnen wieder zu schaufeln. Die Klasse 6a der katholischen Schule Harburg bringt gerade eine Kiesbank in den Kanal ein.
Timm Ruben Geissler vom Ingenieurbüro WasserLand steht daneben und beobachtet die Schüler. WasserLand betreut die nachhaltige Umgestaltung des Seevekanals vom reinen Zweckgewässer zum ökologisch vielfältigen Biotopmix. Auftraggeber ist der Bezirk Harburg.
Angelegt wurde der Kanal im 16. Jahrhundert, um Harburg tideunabhängig mit Wasserkraft zu versorgen. Er verläuft schnurgerade von der Seeve bei Meckelfeld bis zum Harburger Binnenhafen. Von seinen Anliegern wird der Kanal oft fälschlich verkürzt „die Seeve“ genannt. Ziel der Umgestaltung ist es, an verschiedenen Stellen die Monotonität des träge fließenden Gewässers zu durchbrechen.
Zu diesem Zweck werden an verschiedenen Stellen Totholzinseln oder Kiesbänke in den Kanal gesetzt oder Bäume, Schilf und Sträucher in die Ufer gepflanzt, so dass sich verschiedene Strömungszonen bilden. Dafür arbeitet WasserLand mit verschiedenen Harburger Schulen zusammen. Auch das Friedrich-Ebert-Gymnasium und die IGS Seevetal machen mit.
Den Abschnitt vor dem Phoenix-Center betreut die katholische Schule mit ihrem Projekt KSH-zwei-O. In diesem Projekt treffen sich Schülerinnen und Schüler der fünften bis siebten Klassen einmal pro Woche, um sich mit den Gewässern der Region zu beschäftigen. Bei gutem Wetter geht es an die Ufer, bei schlechtem Wetter ins schuleigene Wasserlabor.
Hier können die Kleinen die Zusammensetzung des Wassers analysieren und seine Bewohner aus der Nähe betrachten: Eine ganze Wand des Wasserlabors besteht aus Aquarien, in denen Wesen leben, die man sonst in Teichen und Bächen Harburgs antrifft. Projektlehrer Dietmar Grünberg ist studierter Fischereibiologe. Mit Kies und Karre ist allerdings jetzt nicht sein Projekt unterwegs, sondern Grünbergs Klasse. „Im Projekt sind momentan nicht so viele Schüler, dass wir das schaffen könnten“, sagt er. 22 Kinder aus der 6a sind dabei. Außerdem hilft Schulhausmeister Armin Ahmed mit, der von dem Projekt hellauf begeistert ist. Und Timm Ruben Geissler packt auch überall mit an.
Das ist auch nötig: Die 6,5 Kubikmeter Kies, die heute verbaut werden, wiegen mehr als 11 Tonnen, die Schubkarren sind kindgerecht höchstens zu einem Drittel gefüllt Sie müssen vom Seeveplatz, wo der Laster die Steine absetzt, 200 Meter ans Kanalufer gegenüber dem Einkaufszentrum gebracht werden. Direkt an der Baustelle kann der LKW nicht stehen: Auf der einen Kanalseite würde er die Feuerwehrzufahrt des Phoenix-Center blockieren, auf die andere Seite führt nur eine Fußgängerbrücke.
Dies ist die zweite Kiesbank, die die Schüler einbringen. Im November haben sie die erste Kiesbank eingebaut und außerdem eine Totholzinsel. „Das war interessant“, sagt Grünberg, „einen Tag, nachdem wir die Kiesbank eingesetzt haben konnte ich beobachten, wie ein Fischschwarm daneben in der schnellen Strömung stand.“
Nach der Aktion im November war für die Klasse erst einmal Winterpause. Aber ab jetzt soll es einmal im Monat weitergehen. Acht Kiesbänke sollen es am Ende sein und noch einmal so viele Totholzinseln. Das ist eine Menge Arbeit. An diesem Tag ist die Klasse mit ihren 11 Tonnen Gestein bis zum frühen Nachmittag zu Gange. „Da weiß man, was man getan hat", sagt Grünberg, Wir sind alle ganz schön alle!“
Dafür erfährt man aber auch Dankbarkeit: Der Leiter eines Geschäfts im Phoenix-Center war so begeistert, dass er den Kindern Gutscheine schenkte.