Comedian Wolfgang Trepper hat ein ambivalentes Verhältnis zum deutschen Schlager und schon ganze Showprogramme mit seinen fiesen Analysen von unsinnigen Texten bestritten. Jetzt aber gehrt er sogar mit Sängerin Mary Roos auf Tour.

Hamburg/Buchholz. Es gibt da diese Hassliebe, die Wolfgang Trepper mit dem Schlager wohl auf immer verbinden wird. Des Deutschen liebste Volksmusik verfolgt den Hauscomedian des Hamburger Schmidt-Theaters seit seiner frühesten Kindheit. 1961 geboren, kannte er als kleiner Junge das Fernsehen noch, als es nur „Erstes, Zweites und Drittes“ gab.

Seine allerliebste Erinnerung teilt er wahrscheinlich mit ganz vielen Kindern seiner Generation: „Ich bin mit Dieter Thomas Heck groß geworden“, gibt er unumwunden zu. „Sonnabends gab’s erst die Sportschau, dann ging’s ab in die Badewanne, dann kam die Tele-Knabberbar auf den Tisch und es gab die Hitparade und ‚Am laufenden Band‘ mit Rudi Carrell“.

Im Radio dudelten Lieder, die später zu Klassikern wurden, Tony Marshall schipperte nach Bora Bora, Jürgen Drews machte es sich im Kornfeld gemütlich, Vicky Leandros nötigte Theo zu einer Fahrt nach Lodz und Mary Roos schmachtete den Arizona Man an.

Dass der kleine Wolfgang eines Tages mit eben dieser Mary Roos gemeinsam auf der Bühne stehen würde – das hätte er sich damals, als er im Bademantel auf dem Familiensofa saß, ganz gewiss niemals träumen lassen. Jetzt, fast 50 Jahre später, ist es wahr geworden: Zusammen gehen sie auf Tour und beglücken ihr Publikum – unter anderem in der Buchholzer Empore – mit einem Zug durch die Deutsche Schlagergeschichte.

„Nutten, Koks und frische Erdbeeren“ ist eine Produktion, die sich mal launig. mal lustig und manchmal auch bitterböse in die Untiefen unseres heimischen Liedguts wagt. Zeit, das ambivalente Verhältnis, das Wolfgang Trepper dazu hat, unter die Lupe zu nehmen.

Mit dem Schlager hatte der gebürtige Duisburger nach dem Ende seiner Zeit auf dem Familiensofa ganz lange gar nichts am Hut. In den 90er-Jahren war er Deutschlands erster hauptberuflicher Bundesliga-Manager beim Handballverein OSC Rheinhausen. Nach seinem Abschied als Sportfunktionär lockte die leichte Muse, Trepper moderierte von 1997 bis 2002 beim Lokalsender Radio Duisburg, 2003 begann er eine Karriere als Profi-Kabarettist.

Schmidt Theater-Intendant Corny Littmann gab damals den Anstoß dazu. Im Schmidt Theater war vor allem sein Programm „Ja, wie jetzt?“ besonders erfolgreich. Und hier kommen wir dann auch wieder zum Schlager, denn Trepper sezierte genüsslich die Klassiker. Das Publikum weinte vor Glück, wenn er Vickys, Wenckes und Costas Songs auseinandernahm: „Ich hasse deren Texte, weil sie einfach nur unsinnig sind.“

Es ist eine Hassliebe, die er in sich trägt, aber auch wenn er sich über die Texte lustig macht, tut er das immer auch mit Respekt: „Schlager funktionieren einfach. ‚Atemlos‘ von Helene Fischer wird man auch noch in 30 Jahren singen, wer ‚Silbermond‘ ist, weiß in zehn Jahren kein Mensch mehr.“ Vor einem Künstler wie Jürgen Drews, der locker 50 Jahre Branche auf dem Buckel hat, zieht er den Hut: „Wenn jemand so lange Zeit dabei ist, kann keiner ernsthaft behaupten, dass das nicht gut ist, was er da macht.“

Viel Arbeit stecke in so einer Karriere als Schlagersänger: „Ich würde mich nicht mit knapp 70 noch vor 1500 Besoffenen hinstellen und singen. Dass da echte Arbeit dahinter steckt, muss man einfach anerkennen“, sagt Trepper voller Hochachtung. Ebenso viel Respekt hat er vor Heino, der sich nicht nur jahrzehntelang gehalten, sondern auf seine alten Tage noch mal ganz neu definiert hat.

Ihm verdankt er übrigens den Titel der aktuellen Show mit Mary Roos. Trepper war nämlich vor einiger Zeit eingeladen in die Fernsehsendung „Alles Liebe zum Muttertag“ – ein Highlight aus dem Hause des MDR, moderiert von der Volksmusikantin Stefanie Hertel. „Das war wirklich furchtbar“, erinnert sich Trepper schaudernd.

Auch Heino war mit im Showboot, empfand die Situation aber wohl ähnlich. In der Garderobe soll er seinen Manager mit den Worten angebrüllt haben: „In meinem Vertrag habe ich extra reinschreiben lassen, dass ich Nutten, Koks und frische Erdbeeren bekomme – und hier sind keine Erdbeeren.“ Trepper brach vor Lachen fast zusammen und merkte sich den Spruch.

Vor zweieinhalb Jahren, als er Mary Roos kennenlernte, war für ihn nach gefühlt anderthalb Minuten klar: „Die Frau mag ich!“ Genau genommen mochte er sie schon vorher: „Mein Lieblingslied von ihr ist „Lady“, das habe ich geliebt.“ Er war so ziemlich der einzige. In einer Kneipe auf dem Kiez behielt die Wirtin den Song jahrelang nur seinetwegen in der Musikbox. „Marys beste Lieder sind die, die keiner kennt“, sagt Trepper. Ihre Glaubwürdigkeit und ihren Humor schätzt er besonders.

Im Gemeinschaftprogramm ist sie nicht nur für Songs zuständig, sondern auch für die Geschichten, die sich hinter der Bühne abspielen. Von der einen oder anderen Illusion über die schöne Schlagerwelt muss sich das Publikum ziemlich schnell verabschieden.

Er ist der Meckerpott vom Dienst. Schon die Begrüßung der beiden zu Beginn ist ein Brüller: „Ich kündige sie an als die Helene Fischer der Bronzezeit und schreie am Anfang ziemlich, sie ist ja schon so alt“, grinst Trepper.

Doch die Quittung bekommt er postwendend aufs Brot. Mary Roos ist mit allen Wassern gewaschen. Was Wunder: Wer eine Ehe mit dem Blödelsänger Gottlieb Wendehals überstanden hat, wird auch mit einem Trepper fertig. Am Ende ist zwischen den beiden nur Liebe. Auch privat verstehen sich die zwei bestens. „Mary ist einfach wunderbar“, gibt Trepper freimütig zu.

Ihre Show trifft offenbar den Nerv der Zeit. Obwohl erst am Ostermontag in Duisburg Premiere ist, waren die Karten für die Show am 11. April in der Empore Buchholz innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Auch für den Zusatztermin dort sind inzwischen alle Karten weg. Hamburger Fans müssen also bis zum Sommer warten. Trepper und Roos stehen dann zwei Wochen im Schmidt-Theater auf der Bühne.

Doch: Wenn Trepper nicht gerade mit Mary Roos am Schlager arbeitet, kommt ihm diese Musik nicht ins Haus. Er hört Klaus Hoffmann oder Udo Lindenberg. Bei denen geht es nicht um „ich liebe dich, du liebst mich“ – ist eben kein echter Schlager.