Im Herzen der Elbinsel sind die Bauarbeiten in vollem Gange. Die neue Mitte soll sich bis zur IBA und igs 2013 noch mächtig verändern.
Wilhelmsburg. Alles neu macht die Stadt in der "Neuen Mitte Wilhelmsburgs". Rund um die Neuenfelder Straße, östlich der Wilhelmsburger Reichsstraße, wird derzeit mächtig gebuddelt, gebohrt und gebaut. Und es wird auch in den nächsten Monaten mächtig gebuddelt, gebohrt und gebaut werden: Denn die "Neue Mitte Wilhelmsburgs" soll sich bis zur Eröffnung von Internationaler Bauausstellung (IBA) und Internationaler Gartenschau (igs) im April 2013 noch mächtig verändern: Bis dahin soll es einen neuen S-Bahnhof Wilhelmsburg geben, eine neue Fußgängerbrücke, eine neue Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), eine neue Neuenfelder Straße, ein Blockheizkraftwerk und natürlich einen neuen Park für die Gartenschau mit vielen Bauten, Hallen, Garten- und Wasserwelten und Häusern der IBA wie den "Hybrid Houses", den "Smart Price Houses" und den "Water Houses".
Und geht es nach dem Willen des scheidenden Senats, dann soll bis dahin auch noch die Wilhelmsburger Reichsstraße (B 4/75) an den Bahndamm verlegt werden. Dafür müssten auch die Gleise der Hafenbahn in Richtung Osten verlegt und ein mächtiger Lärmschutzwall errichtet werden. Und natürlich die Reichsstraße selbst mitsamt Abfahrten gebaut werden - aber dafür hat noch nicht einmal das Planfeststellungsverfahren begonnen. Da auch noch Gerichtsverfahren drohen, rechnen die meisten Experten nicht mehr mit einer zeitigen Fertigstellung der neuen Wilhelmsburger Reichsstraßentrasse bis zur Eröffnung der Internationalen Gartenschau - womit die alte Reichsstraße das Gartenschaugelände durchschneiden würde.
Die anderen Bauprojekte - auch der Ausbau der Wilhelmsburger Gewässer für eine Barkassenanbindung vom Hamburger zum Wilhelmsburger Rathaus samt Anleger am Bürgerhaus Wilhelmsburg - hingegen dürften fertig werden, bis igs und IBA ihre Pforten öffnen. "Unsere Bauarbeiten liegen im Plan", sagt Käthe Fromm, 56, Projektleiterin "Sprung über die Elbe" des Landesbetriebes Straßen, Brücken und Gewässer, der zur Stadtentwicklungsbehörde gehört. "Was wir jetzt aber wirklich nicht mehr brauchen, sind Schnee und Frost in diesem Winter."
Wer sich einen guten Überblick über die Bauarbeiten in der "Neuen Mitte Wilhelmsburgs" machen möchte, der sollte unbedingt auf den Aussichtsturm der Internationalen Gartenschau an der Neuenfelder Straße steigen - die igs bietet regelmäßig Führungen auf den ansonsten verschlossenen Turm sowie im Parkgelände an.
Besonders heftig gearbeitet wird derzeit auf dem BSU-Gelände, für das ein gesetzlich geschütztes Biotop samt einem kleinen See und einem Sumpferlenwald weichen musste (das Hamburger Abendblatt berichtete). Hier richten Bauarbeiter gerade die Gründungsebene her.
Vier riesige Bohrer drücken Stahlhülsen in den Untergrund und holen mit Korkenzieherbewegungen Erde an die Oberfläche - später wird Beton in die Löcher gegossen. Wegen des schlechten Baugrundes wird das BSU-Gebäude auf rund 1000 Säulen errichtet. Im Sommer wird eine Bodenplatte aus Stahlbeton gegossen werden - die BSU wird eine ebenerdige Tiefgarage bekommen.
Der 30 Meter lange Westteil der Fußgängerbrücke ist bereits im Oktober 2010 abgerissen worden - jetzt haben die Schüler des Berufsschulzentrums einen fünf Minuten längeren Schulweg. Die einst 140 Meter lange Fußgängerbrücke über die Bahngleise aus dem Jahr 1985 wird durch eine breitere und schönere Brücke ersetzt. Wer künftig mit der S-Bahn nach Wilhelmsburg kommt, gelangt vom Bahnhof über die Fußgängerbrücke direkt zum Haupteingang der igs und auf den östlichen Vorplatz des BSU-Gebäudes, das auch bis April 2013 fertig gestellt sein soll.
Rund 4000 Menschen gingen bis zum Teilabriss täglich über die Fußgängerbrücke. Zur igs werden an Wochenenden rund 13 000 Besucher erwartet, die über die Brücke zum Haupteingang gehen werden. Deshalb wird die neue Brücke breiter: sieben bis zehn Meter statt vormals vier Meter. Sie wird behindertengerecht sein und bietet Sitzbänke zum "Train Spotting".
Im April werden jetzt das Bahnhofsgebäude und die Treppen-"Spinne" an der Ostseite des Bahnhofs abgebaut. Gleichzeitig wird eine Behelfsbrücke aus Holz vom Wilhelm-Strauß-Weg zum Mittelbahnsteig errichtet - der nördliche Ausgang mit Unterführung ist weiterhin benutzbar. Die Fahrkartenschalter werden auf der unteren Ebene vor dem Bahnsteig aufgebaut - hier kommt auch der Kiosk in abgespeckter Form hin.
Im dritten und vierten Quartal dieses Jahres sollen vier Brückenstützen eingesetzt werden - die westlichste soll im Mittelstreifen der neuen Wilhelmsburger Reichsstraße stehen. Im vierten Quartal 2012 werden die Brückenplatten von Osten nach Westen eingehängt, und gleichzeitig wird die Restbrücke demontiert. "Dafür wird die Bahnstrecke kurzfristig gesperrt werden müssen", sagt Käthe Fromm.
Die Deutsche Bahn wird im kommenden Jahr den neuen Bahnhof und den Bahnsteig bauen - die Kosten von 4,5 Millionen Euro tragen die Hamburger Steuerzahler, weil die Bahn den S-Bahnhof Wilhelmsburg noch nicht für renovierungsbedürftig erachtet hatte. Die neue Fußgängerbrücke und die Vorplätze werden 10,5 Millionen Euro kosten.
Im vollen Gange sind auch die Bauarbeiten auf der ehemals vierspurigen Neuenfelder Straße - sie ist zur Zeit in beide Richtungen nur einspurig befahrbar, und das soll auch so bleiben: "Die Neuenfelder Straße bleibt zweispurig mit je einem Fahrradstreifen auf jeder Fahrbahn", sagt Käthe Fromm. "Wenn sie fertig ist, bekommt sie einen baumbestandenen Mittelstreifen."
Um eine behindertengerechte Querung der Straße zu ermöglichen, wird sie um bis zu eineinhalb Meter angehoben. Im Juli wird die Straße wegen Asphaltierungsarbeiten an vier Wochenenden jeweils von Freitag, 18 Uhr, bis Montag, 4 Uhr, voll gesperrt. Käthe Fromm: "Der Erstausbau der Neuenfelder Straße wird im Sommer fertig sein - der Endausbau und der Bau der Gehwege folgt dann ein Jahr später."