Hamburg. Die Hamburger Einrichtung bewahrt das Andenken und wird sich mit Zukunftsfragen beschäftigen und wissenschaftliche Arbeiten fördern.
„Der liebe Gott hat mich als Arbeitstier geboren“, hat Helmut Schmidt einmal gesagt. Das war noch untertrieben. Auch lange nach seiner Kanzlerschaft absolvierte der sozialdemokratische Staatsmann ein enormes Pensum: Er las Zeitungen, wühlte sich durch EU-Berichte und Gesetzesvorlagen, schrieb Bücher. Noch bis kurz vor seinem Tod am 10. November 2015 kam Schmidt bis zu viermal pro Woche in sein Büro bei der „Zeit“.
Langweilen werden sich auch all jene nicht, die sich mit dem Nachlass des Hanseaten beschäftigen. Dabei mitwirken wird von 2017 an eine neue Einrichtung in Hamburg: die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung. So hat es der Bundestag vor Kurzem einstimmig beschlossen. Geplant ist, dass der Bund die Stiftung mit jährlich zwei Millionen Euro unterstützt – im November soll der Bundestag dies beschließen.
Helmut Schmidt war ein halbes Jahrhundert lang eine der prägendsten Persönlichkeiten der deutschen und europäischen Politik. Zu den größten Herausforderungen seiner Kanzlerschaft zwischen 1974 und 1982 gehörten die Ölkrise und der Kampf gegen den Terror der Roten Armee Fraktion. Weil er in einfachen Worten die Welt erklären konnte und wegen seiner teils unverblümt-humorvollen Art erlangte Schmidt nach seinem Rückzug aus der aktiven Politik eine enorme Beliebtheit in der Bevölkerung.
Stiftung bewahrt politisches Erbe
Vergleichbar mit anderen Bundeseinrichtungen wie der 1994 gegründeten Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung soll auch die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung die Erinnerung an besondere politische Leistungen erhalten. Konkret wird es Zweck der Organisation sein, Schmidts Engagement für „Freiheit und Einheit des deutschen Volkes, den Frieden und die Einigung Europas“ und die Völkerverständigung zu wahren und so zum Verständnis der Zeitgeschichte und der weiteren Entwicklung der Bundesrepublik beizutragen, wie es im Gesetzentwurf heißt.
Darüber hinaus soll die neue Einrichtung sich aber auch mit „zukunftsgerichteten Fragestellungen“ beschäftigen, also Anregungen, die Helmut Schmidt gegeben hat, aufgreifen und „seine Mahnung in die Tat umsetzen, das langfristig Notwendige im Blick zu haben“, wie der Hamburger Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs (SPD) sagt, der an dem Gesetzentwurf mitgearbeitet hat.
Veranstaltungen in Hamburg und Berlin
So könnte die Stiftung etwa Analysen zu Deutschlands künftiger Rolle in der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik liefern und zu einer Art Denkfabrik werden. Vorgesehen ist auch, dass wissenschaftliche Arbeiten insbesondere zu Zukunftsfragen gefördert werden. Denkbar seien zudem Veranstaltungen in Hamburg und Berlin, etwa Kolloquien, so Kahrs. „Dort könnten Menschen aus aller Welt zusammenkommen und über politische Konflikte und deren Lösung diskutieren.“
Kahrs ist von der Friedrich-Ebert-Stiftung als Mitglied für das sechsköpfige Stiftungskuratorium vorgeschlagen worden. Ein weiteres Mitglied könnte Peer Steinbrück (SPD) sein. Der langjährige Vertraute Helmut Schmidts und Ex-Finanzminister ist bereits Kuratoriumsvorsitzender der privaten Helmut-und-Loki- Schmidt-Stiftung mit Sitz in Hamburg. Beide Einrichtungen sollen möglichst eng zusammenarbeiten. „Es gibt Schnittmengen, etwa bei der wissenschaftlichen Erforschung des Nachlasses und der Auswertung des persönlichen Archivs von Helmut Schmidt“, sagt Stefan Herms, der Geschäftsführer der Helmut-und-Loki-Schmidt-Stiftung. „Wir werden ein starker Partner der neuen Stiftung sein.“
Die Helmut-und-Loki-Schmidt-Stiftung darf zwei Mitglieder des Kuratoriums vorschlagen – wer das sein könnte, darüber werde im Herbst entschieden, sagt Herms. Jeweils ein Mitglied vorschlagen dürfen die schon genannte Ebert-Stiftung sowie der Bundespräsident, die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien und die „Zeit“-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Letztere will im November entscheiden, wen sie für das Kuratorium vorschlägt. Grundsätzlich gebe es Gemeinsamkeiten mit der geplanten Schmidt-Stiftung etwa bei der politischen Bildung, sagt Michael Göring, Vorstandschef der „Zeit“-Stiftung. „Deshalb sind wir offen für gemeinsame Projekte.“
Der Unterhalt und die Nutzung des Anwesens der Schmidts in Langenhorn als Gedenkstätte sind zwar Teil des Stiftungszwecks. Als richtiges Museum eignet sich das Wohnhaus allerdings nicht. Die Helmut-und-Loki-Schmidt-Stiftung will zwar noch in diesem Jahr einen virtuellen Rundgang durch das Anwesen anbieten. Und für wenige Besuchergruppen könnte es von 2017 an auch Führungen geben. Für eine ständige zeitgeschichtliche Ausstellung soll aber an anderer Stelle in Hamburg ein „Helmut-Schmidt-Zentrum“ eingerichtet werden, das zudem Platz für Forscher bieten und als Veranstaltungsort dienten soll. Untergebracht werden könnte dieses Zentrum im Pressehaus der „Zeit“ am Speersort, heißt es. Dies könne man „weder bestätigen noch dementieren“, teilt das Unternehmen mit.