Hamburg. Es gibt viele Stellen, an denen man achtlos vorbeigeht, weil man ihre Geschichte nicht kennt. Ein neues Hamburg-Buch ändert das.

Wer sucht sie nicht – die unterhaltsame Begleitung, mit der man unbekannte Orte erkunden und Wissenswertes darüber erfahren kann? Der neue Reiseführer „Verborgenes Hamburg“ könnte da eine gute Empfehlung sein.

Verfasst wurde das Werk von den Hamburgern Rike Wolf und Holmer Stahncke, die beide als Autoren und Fotografen arbeiten. In ihrem Buch lenken sie die Aufmerksamkeit auf viele Details, an denen wir achtlos vorbeigehen, und erzählen ihre Geschichte. Das Abendblatt stellt eine Auswahl aus dem Bezirk Hamburg-Nord vor:

Uhlenhorst: Der geografische Mittelpunkt der Stadt – mit acht Schutzheiligen

Die geografische Mitte Hamburgs befindet sich bei 53 Grad, 34 Minuten, 8 Sekunden nördlicher Breite und 10 Grad, 1 Minute, 44 Sekunden östlicher Länge. Kein Schild weist darauf hin. Nur der schlanke Turm der Kirche St. Gertrud ragt weithin sichtbar auf.

Unmittelbar neben ihr wurde 1883 zu Ehren Luthers eine Eiche gepflanzt, die jedoch im ersten Nachkriegswinter verfeuert wurde. Dafür sind noch heute die acht Steinpfeiler zu sehen, die in einem Kreis um die damalige Luthereiche aufgestellt wurden. Sie zeigen die acht Schutzheiligen der Stadt.

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Die geografische Mitte Hamburgs befindet sich in unmittelbarer Nähe der Kirche St. Gertrud auf der Uhlenhorst. Hier wurden 1883 acht Steinpfeiler mit den Schutzheiligen der Stadt aufgestellt. © Rike Wolf | Rike Wolf

Kirche St. Gertrud, Immenhof 10, Uhlenhorst. ÖPNV: U3, Uhlandstraße

Winterhude: Nostalgiewaggon hinterm Supermarkt – Straßenbahn V7E3363

Hinter dem Discounter Rewe an der Dorotheenstraße steht ein historischer Straßenbahnwaggon der Linie 2, die als letzte Straßenbahn bis 1978 fuhr. Die Stilllegung des 1894 gegründeten Straßenbahnnetzes, das bis 1907 mehr als 200 Millionen Fahrgäste jährlich transportierte, wurde 1958 vom Hamburger Senat beschlossen.

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Der Straßenbahnwaggon V7E3363 verkehrte früher auf der Linie 2. Jetzt kann er bei Rewe an der Dorotheenstraße in Winterhude besichtigt werden. © Rike Wolf | Rike Wolf

Deren Waggon V7E3363 wurde von einem Hamburger Ehepaar gekauft und mit größter Sorgfalt instand gesetzt. Sein jetziger Standort ist historisch. Hier lag früher der Straßenbahn-Betriebshof von Winterhude, ehe dieser 1977 geschlossen wurde.

Waggon V7E3363 im Rewe-Parkhaus, Dorotheenstraße 116–122, Winterhude, Besichtigungen Sonnabend 10 bis 18 Uhr. ÖPNV: Bus 25, Dorotheenstraße

Eppendorf: Schauerliche Abbildungen im Medizinhistorischen Museum

„Erhellend“ und „kurzweilig“ nennen die Autoren den Besuch des Medizinhistorischen Museums. Dabei läuft einem bei ihrer Schilderung, wie die dort ausgestellten Moulagen (Gipsabdrücke) von Wunden und Anomalien hergestellt wurden, ein Schauer über den Rücken.

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Eine der sogenannten Moulagen, die im Medizinhistorischen Museum am UKE in Eppendorf ausgestellt werden. © Rike Wolf | Rike Wolf

Gezeigt werden technische und medizinische Entwicklungen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts: Mikroskope, die Anfänge der Röntgentechnik und die rasante Entwicklung der Chirurgie. Und eben die Moulagen, die als Anschauungsmaterial für Krankenhausanstalten und medizinische Fakultäten angefertigt wurden.

Universitätsklinikum Eppendorf, Martinistraße 52, Eppendorf. Geöffnet Mittwoch, Sonnabend und Sonntag von 13 bis 18 Uhr. ÖPNV 20 und 25, Eppendorfer Park

Uhlenhorst: Hamburgs kleinste Kirche – versteckt zwischen herrschaftlichen Altbauten

Durch Zufall wird man sie kaum finden: die kleine Kirche der katholisch-apostolischen Gemeinde Hamburgs. Das 1899 im neugotischen Stil erbaute Gotteshaus liegt versteckt zwischen herrschaftlichen Altbauten, ein paar Hundert Meter vom Ufer des Eilbekkanals entfernt in der kleinen Straße Finkenau.

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Die Kirche der katholisch-apostolischen Gemeinde in Hamburg wurde 1899 an der kleinen Straße Finkenau auf der Uhlenhorst errichtet. © Rike Wolf | Rike Wolf

Einen Kirchturm hat die zierliche Kirche nicht. Aber einen Hingucker gibt es dennoch: den verlängerten Frontgiebel mit einem Kreuz auf dem Dach und runden Aussparungen, durch den der Himmel zu sehen ist.

Katholisch-apostolische Kirche, Finkenau 3, Uhlenhorst. ÖPNV: U3, Mundsburg; Bus 37, Finkenau

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Die Grille auf dem Brunnen im Daniel-Bartels-Hof ist eine Hommage an einen Gedichtband, der im 19. Jahrhundert wegen seiner heiteren, auch auf Plattdeutsch verfassten Texte zum Hit in Hamburg wurde © Rike Wolf | Rike Wolf

Das Buch mit seinen heiteren, auf Hochdeutsch, Plattdeutsch und in der Mischform Missingsch verfassten Texte wurde zum Hit und wird auch die hart schuftenden Bewohner des Daniel-Bartels-Hofes erfreut haben.

Daniel-Bartels-Hof, Alter Teichweg 7, Barmbek-Süd. ÖPNV: Bus 37, Flachsland; Bus 213, Langenrehm

Buchcover
„Verborgenes Hamburg“ von Rike Wolf und Holmer Stahncke, 312 Seiten, 21,95 Euro, Jonglez Verlag © Jonglez Verlag | Jonglez Verlag