Hamburg. Geheimnisvoller Raum an prominentem Platz in Hamburg. Welche Funktion dieser hatte und warum eine Besichtigung bald möglich ist.

Das sandfarbene Häuschen gehört zu den Bauwerken, an denen täglich Zehntausende Hamburger vorbeikommen. Sie steigen in die U-Bahn am Baumwall, sie flanieren am Hafen entlang, gehen ins benachbarte Portugiesenviertel. Was viele nicht wissen: Hier versteckt sich einer der geheimnisvollsten Orte in Hamburg. Er ist nicht öffentlich zugänglich und befindet sich einige Meter unter der Erde.

Doch schon bald bekommen einige wenige Interessierte anlässlich der Langen Nacht der Museen die Möglichkeit, dieses Rätsel genauer zu erkunden.

Hamburg: Besuch des Ankleidezimmers des Kaisers bald möglich

Zu sehen ist dann das sogenannte „Ankleidezimmer des Kaisers“. Kaiser Wilhelm II. bewunderte Anfang des 19. Jahrhunderts die zu dieser Zeit neue Möglichkeit, Städte sauberer und hygienischer zu bauen, und wollte sich die fortschrittliche Kanalisation in Hamburg anschauen. Daher plante er 1904, als er anlässlich eines Herbstmanövers vor Ort war, eine Tour durch die Siele.

Konkret wollte der technikbegeisterte Monarch das gerade fertiggestellte Kuhmühlen-Stammsiel per Bootsfahrt besichtigen. Diese sollte vom Einstiegshäuschen an der Straße Vorsetzen bis zur Siel-Zusammenführung an der Hafenstraße führen.

Versteckter Ort Lost Place: Ankleidezimmer des Kaisers zu besichtigen
Versteckter Ort Lost Place: Ankleidezimmer des Kaisers zu besichtigen

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    Doch dafür konnte die Hoheit natürlich nicht einfach durch einen Gully in die Hamburger Unterwelt absteigen. Ein standesgemäßer Einstieg, eine Ablegestelle für das Boot und ein Umkleideraum mussten her.

    Das Ankleidezimmer von 1904 am Baumwall: Achim Hoch von Hamburg Wasser hat es entdeckt und sich um die Renovierung gekümmert.
    Das Ankleidezimmer von 1904 am Baumwall: Achim Hoch von Hamburg Wasser hat es entdeckt und sich um die Renovierung gekümmert. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

    Hafen Hamburg: Ankleidezimmer wurde bei Bauarbeiten entdeckt

    Fast zufällig entdeckte Achim Hoch dieses Ankleidezimmer vor rund zehn Jahren bei Arbeiten am Baumwall. Der damals für die Kanalisation zuständige Mitarbeiter bei Hamburg Wasser stieß dabei unerwartet auf eine Mauer. Dahinter vermutete der Liebhaber historischer Siele ein Gewölbe und tat alles dafür, dieses Geheimnis zu lüften.

    Blick in die Kanalisation unterhalb des Einsteigehäuschens mit Ankleidezimmer von 1904 am Baumwall.
    Blick in die Kanalisation unterhalb des Einsteigehäuschens mit Ankleidezimmer von 1904 am Baumwall. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

    Daher wurde ein Loch in die Mauer unterhalb des Einstiegshäuschens geschlagen, sodass Hoch in den angrenzenden Raum schlüpfen konnte. In diesem erkannte er die alten Fliesen auf dem Boden wieder.

    „Das waren die gleichen Fliesen wie in der Bootskammer“, erinnert sich der 65-Jährige an seinen großen Fund, in dem er zunächst knietief im Wasser stand. Für ihn war klar: Das Zimmer muss aus der gleichen Zeit wie die angrenzende Ablegestelle stammen, an der der Kaiser das Boot besteigen sollte.

    Kammer am Hamburger Hafen sollte für die Nachwelt erhalten bleiben

    Hoch recherchierte im Staatsarchiv, fand Zeichnungen, die ein Ankleidezimmer zeigten und warb dafür, dass dieser Raum „für die Nachwelt erhalten werde“. In mühevoller Kleinarbeit und mit einem Budget von 28.000 Euro sorgte er schließlich mit historischen Fliesen, alten Bildern und einer Garderobe an der Wand selber dafür, dass die alte Kammer bewahrt wurde. Heute zieren den Raum auch Ansichten der alten Pläne und Fotos von historischen Besichtigungsfahrten.

    Die Zeichnung zeigt zwar nicht das Ankleidezimmer des Kaisers, aber die unterirdische Bootsanlegestelle, zu der das Sielhäuschen den Eingang bildet.
    Die Zeichnung zeigt zwar nicht das Ankleidezimmer des Kaisers, aber die unterirdische Bootsanlegestelle, zu der das Sielhäuschen den Eingang bildet. © Hamburg Wasser | Hamburg Wasser

    Kurios ist, dass die tatsächliche Nutzung nicht durch Quellen belegt ist. Ob die Bootsfahrt jemals stattgefunden hat oder aus terminlichen Gründen abgesagt werden musste, ist nicht erwiesen. Eins ist dafür ziemlich sicher: Der Ankleideraum sollte dem Kaiser offenbar eine Möglichkeit bieten, Schutzkleidung für die geplante Tour im Abwasser anzuziehen.

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    Lange Nacht der Museen: Führung durch geheimnisvolles Arbeitszimmer zu gewinnen

    Wer solche lange Zeit vergessenen Orte oder geheime Gänge liebt, kann sich jetzt für eine Besichtigung bewerben. Denn Hamburg Wasser nutzt besondere Anlässe, um die Pforten zum Siel-Einstiegshäuschen zu öffnen, aktuell wieder zur Langen Nacht der Museen am 27. April. Informationen dazu finden Interessierte auf dem Social-Media-Kanal der Langen Nacht der Museen. Hier ist eine exklusive Führung zu gewinnen.