Hamburg. In dem eigentlich autoarmen Quartier gibt es viele Verkehrssünder. Warum sie nicht bestraft werden können und was der Bezirk dazu sagt.

Dass der Loki-Schmidt-Platz im Pergolenviertel in Winterhude nicht dem Naturschutzgedanken seiner Namensgeberin entspricht – damit haben sich die Bewohner des Hamburger Vorzeigequartiers, die das seinerzeit kritisiert hatten, abgefunden. „Wir wissen jetzt, dass der Platz vor allem ein technisches Bauwerk für den Regenwasserrückhalt ist“, sagt Matthias Hübner. Nun ist es ein anderes Problem, das ihn und weitere Nachbarn umtreibt: die Verkehrssituation im Viertel.

Die sei eine Katastrophe. Das habe aus ihrer Sicht zwei Gründe: Zum einen reichten die Parkplätze in dem als autoarm konzipierten Quartier nicht aus. „Offenbar haben viele, die hierhergezogen sind, diese Ausrichtung ignoriert“, so Hübner. Der private Parkraum in den Tiefgaragen sei begrenzt und die oberirdisch vorhandenen Parkflächen reichten nicht aus, sodass auch auf Flächen, die nicht dafür vorgesehen oder zugelassen seien, geparkt würde – Fußwege, Feuerwehrzufahrten oder die Bogenzugänge zu den Innenhöfen.

„Wildwest“ in Winterhude: Polizei noch nicht für Hamburger Pergolenviertel zuständig

Der zweite Grund: Die Straßen, Plätze und Wege im Pergolenviertel sind auch Monate nach Abschluss der Straßenbauarbeiten noch nicht „gewidmet“ – also noch nicht in die öffentliche Hand übergegangen. Die Polizei ist für eine Verkehrsüberwachung noch nicht zuständig. Das wissen viele Autofahrer, die hier wohnen oder regelmäßig durchs Quartier fahren.

Pergolenviertel 
„Wildwest“ im Pergolenviertel: Sogar in den bogenartigen Zugängen zu den Innenhöfen mit ihren Spielbereichen, die gleichzeitig Feuerwehrzufahrten sind, wird geparkt. © privat | Privat

„Wir brauchen dringend ein klares Verkehrskonzept für den Loki-Schmidt-Platz – und zwar eines, das von der Hauswand der einen Seite zur Hauswand der anderen Seite reicht“, fordern Hübner und etliche Nachbarn. Dazu gehöre das Ausweisen von Ladezonen, damit Lieferanten nicht mehr auf dem Gehweg parken, Schwellen zur Geschwindigkeitsreduzierung und regelmäßige Kontrollen. „Hier fährt immer noch jeder so wie zu der Zeit, als das Gelände eine große Baustelle war und Wildwest-Zustände herrschten“, so die Nachbarn.

Autoarmes Quartier: Der Loki-Schmidt-Platz ist ein gefährliches „Wohnzimmer“

Tatsächlich ist der Aufenthalt auf dem Platz, den Baudezernent Hans-Peter Boltres bei der offiziellen Einweihungsfeier am 1. September „das öffentliche Wohnzimmer des Pergolenviertels“ genannt hatte, nicht besonders attraktiv – und sogar gefährlich. Während Kinder hier Ball spielen und die Anwohner mit dem Abendblatt sprechen, kann man das immer wieder beobachten.

Pergolenviertel 
Umfahren die Metallpfosten am Loki-Schmidt-Platz und parken auf dem Fußweg: Noch geht die Polizei nicht gegen dreiste Autofahrer im Pergolenviertel vor. © privat | Privat

Eine Frau am Steuer eines Fiat 500 blickt stur geradeaus und gibt sogar noch Gas, als Anwohnerin Angela Seyer ihr zuruft, dass sie verkehrswidrig fährt. Die Fahrerin muss das gehört haben, denn das Autofenster war offen. Auch andere Autofahrer ignorieren die Rufe und Gestiken der Anwohner.

Winterhude: Dreistem Autofahrer sind Einbahnstraßenschilder „nicht aufgefallen“

Ein besonders dreister Mann fährt mit seinem Kombi nicht nur falsch herum in den Winterlindenweg, sondern parkt auch noch im absoluten Halteverbot, um Müll in den dortigen Containern loszuwerden. Auf die Frage, ob er nicht wisse, dass dies eine Einbahnstraße sei und er im Halteverbot parke, sagt er ungerührt: „Nö, ist mir noch nicht aufgefallen.“ Die beiden roten Schilder mit dem weißen Balken 50 Meter weiter, zwischen denen er gerade hindurchgefahren ist, will er nicht gesehen haben.

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Der Fahrer dieses Kombis ignoriert sowohl die Einbahnstraßenregelung als auch das absolute Halteverbot am Winterlindenweg im Pergolenviertel in Hamburg. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Was noch passiert: Auf dem Loki-Schmidt-Platz umfährt ein Lieferwagen Metallpfosten und rollt über den Fußweg, um dort zu parken. An einer Tiefgaragenausfahrt kommt es zu einer brenzligen Situation, als ein Vater mit seinem Kind um die Gebäudeecke biegt und einem herausfahrenden Auto gerade noch ausweichen kann. Und an einer Straßenbiegung des Winterlindenwegs kommt es zwischen zwei sich entgegenkommenden Autos fast zum Crash, weil ihnen wegen verkehrswidrig parkender Autos nur eine Fahrspur zur Verfügung steht.

„Wildwest“ in Winterhude: Was der Bezirk zu den Missständen im Pergolenviertel sagt

„Hier ist kein Verkehrsteilnehmer sicher“, sagt Anwohnerin Ulrike Saal. Ebenso wie ihre Nachbarin Anke Seitz macht sie sich vor allem Sorgen um die Sicherheit ihrer Kinder. „Wie kann es auch anders sein, wenn Autos über den Fußweg fahren, auf dem unsere Kinder spielen?“

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Und zwei weitere Missstände ärgern die Nachbarn. Eine Fläche am Winterlindenweg, die schon längst begrünt werden sollte, wird als wilder Parkplatz genutzt. Zudem stehen überall im Viertel sogenannte Betonschweine im Weg, die mittlerweile schmuddelig und überflüssig sind. „Warum schafft es ein Fachamt nicht, dem Nächsten anzuzeigen, dass eine Maßnahme beendet ist und die nächste beginnen kann?“, fragt Anwohnerin Barbara Acke.

Pergolenviertel.
Auch lange nach Abschluss der Straßenbauarbeiten im Pergolenviertel in Hamburg-Winterhude guckt Anwohnerin Barbara Acke aus ihrer Wohnung nicht auf die vorgesehene begrünte Fläche, sondern auf eine als Parkplatz genutzte Brachfläche mit Dixi-Klo. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Dem Bezirksamt sei das Fehlverhalten vieler Verkehrsteilnehmer bekannt, teilt Hamburg-Nord-Sprecher Alexander Fricke auf Nachfrage mit. Ab dem Moment der Widmung, mit der im Dezember 2024 zu rechnen sei, werde die Polizei dann aber für die Überwachung des Verkehrsraumes und die Ahndung von Verstößen zuständig sein. Auch die Betonschweine würden dann nach und nach entfernt und die Brachfläche am Winterlindenweg zu einer Fitnessinsel umgestaltet, verspricht er.