Hamburg. Passagiere tragen immer häufiger am Flughafen ein Schlüsselband mit Sonnenblumenmuster. Was es damit auf sich hat.

  • Flughafen Hamburg: Wie ein buntes Schlüsselband Menschen mit Handicap beim Reisen helfen soll.
  • Sonnenblumenband ist ein internationales Symbol.
  • „Hidden Disabilities Sunflower“: Organisation will deutschen Markt erobern.

Wer durch die Terminals am Flughafen Hamburg läuft, der sieht häufig eine Vielzahl an bunten Accessoires. An vielen Koffern baumeln etwa Bänder in knalligen Farben. So erhoffen sich die Menschen ein leichteres Erkennen ihres Gepäckstücks bei der Ankunft am Zielflughafen. Doch seit ein paar Monaten laufen auch zunehmend mehr Personen mit Sonnenblumen-Schlüsselbändern durch die Sicherheitskontrolle, die Gates und den Abflug- oder Ankunftsbereich. Was aussieht wie ein Überbleibsel vom Schlagermove, ist vielmehr ein Teil des Inklusionskonzepts.

„Das Sonnenblumenband ist ein internationales Symbol, das zeigt, dass der Passagier eine nicht sichtbare Beeinträchtigung hat. Auf der Rückseite der Karte kann man seinen Namen und die Krankheit eintragen. Ein Flughafen kann ein hektischer Ort sein, mit vielen Menschen. Die Bänder sollen dafür sorgen, dass sich Reisende wohlfühlen. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sollen sich nicht ausgeschlossen fühlen, sie sollen reisen wie alle anderen“, sagt Helmut Meierdierks, Leiter des Hamburg Welcome Centers am Flughafen.

Reisen mit Handicap: Sonnenblumen-Schlüsselbänder sind ein internationales Symbol

Anders als an anderen Flughäfen hat der Träger eines solchen Schlüsselbandes in Hamburg keine Vorteile beim Reisen. Am Airport in Dubai beispielsweise können Menschen mit Sonnenblumenband am VIP-Schalter einchecken oder beim Sicherheitscheck Sonderspuren nutzen.

Meierdierks erklärt: „Wir haben auch überlegt, ob der Fluggast mit dem Sonnenblumenbändchen einen Vorteil – beispielsweise beim Check-in oder an der Bordkartenkontrolle – haben soll. Aber wir haben uns dagegen entschieden. Trotz dieser nicht sichtbaren Einschränkungen hat nicht jeder einen Schwerbehindertenausweis. Wir wollen nicht, dass sich derjenige, der das Band bei uns abholt, noch ausweisen muss. Wir vertrauen dem Reisenden, aber es gibt keine Bevorzugung.“

Die Sonnenblumen-Schlüsselbänder haben eine angehängte Karte. Auf deren Rückseite können Menschen ihren Namen und ihre nicht sichtbare Einschränkung schreiben.
Die Sonnenblumen-Schlüsselbänder haben eine angehängte Karte. Auf deren Rückseite können Menschen ihren Namen und ihre nicht sichtbare Einschränkung schreiben. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Würde der Reisende Vorteile genießen, müssten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedes Mal kontrollieren, um auszuschließen, dass sich jemand das Band nicht nur „ergaunert“.

In England hat sich das Sonnenblumenband etabliert – auch beim FC Chelsea

Die Idee der „Hidden Disabilities Sunflower“ wurde 2016 am Flughafen Gatwick in London geboren. Bereits ein Jahr später wurde das Symbol an allen Großflughäfen in England anerkannt. Mittlerweile nutzen auf der Insel aber auch Zug- und Busreiseunternehmen, Supermärkte sowie der Fußballclub FC Chelsea die Sonnenblumenbänder.

Die Liste der zugehörigen Beeinträchtigungen, die auf der Internetseite der Organisation steht, ist lang. Sie reicht von Autismus über Depressionen, Seh- und Hörstörungen, ADHS bis hin zu Long Covid. Laut der Organisation haben 1,3 Milliarden Menschen weltweit eine nicht sichtbare gesundheitliche Einschränkung. „Wenn jemand im Rollstuhl sitzt oder ein Gipsbein hat, dann sieht man das, aber es gibt viele Beeinträchtigungen, die man einfach nicht sieht. Durch das Tragen des Sonnenblumen-Schlüsselbands zeigt man: Ich brauche ein wenig mehr Zeit, oder ich brauche länger, um eine gestellte Frage zu beantworten. Es ist ein ganz tolles Symbol, das hoffentlich noch viel bekannter wird“, sagt Meierdierks.

Reisen mit Handicap: Airport Hamburg schult Mitarbeiter wegen Sonnenblumen-Schlüsselbändern

Am Hamburger Flughafen wurden nach der Einführung der Sonnenblumen-Schlüsselbänder, die im Hamburg Welcome Center und an Infoschaltern an den Gates erhältlich sind, mehr als 2000 Menschen über das neue Kennzeichen informiert. „Die Schulungen waren eine große Herausforderung. Jeder von A wie Apotheker bis Z wie Zoll wurde geschult. Es gab große Videoschulungen und Meetings, damit jeder weiß, was es mit dem Band auf sich hat“, sagt Meierdierks. Seit Februar, damals startete die Aktion, wurden in Hamburg 600 Bänder und 250 Pins an Reisende ausgegeben. Tendenz, das merkt der Leiter des Welcome Centers im Alltag, steigend.

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Als der Leiter des Welcome Centers neulich durch die Terminals lief, fiel ihm eine junge Frau auf, die ein Sonnenblumen-Schlüsselband um den Hals trug. „Ich fragte also, ob alles in Ordnung sei. Die Dame freute sich total. Es geht einfach darum, durch diese Sonnenblumenbänder zu sensibilisieren und vielleicht für ein wenig mehr Verständnis am Flughafen zu sorgen“, sagt Meierdierks.