Hamburg. „Infektionskrankheiten verlaufen bei Männern oft schwerer als bei Frauen“, sagt UKE-Forscher. Fünf typische Männer- und Frauenkrankheiten.

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„Mein Mann hat Männerschnupfen!“ Oha, das heißt nichts Gutes. Wenn Männer erkältet sind, dann leiden sie häufig besonders stark. Einige machen sich darüber lustig, ziehen das Gejammere – zumindest als Frau – gern ins Lächerliche. Zu Unrecht? Der Hamburger Mediziner Professor Dr. Marcus Altfeld vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und Leibniz-Institut für Virologie (LIV) erklärt, warum Männer und Frauen unterschiedlich unter bestimmten Krankheiten leiden.

„Es gibt biologische Gründe, wie Einfluss des Testosterons bei Männern und die bei Frauen zweifach vorhandenen Gene des X-Chromosoms, warum weibliche Personen Infektionen oft besser kontrollieren können“, so der Experte. Denn: „Viele für die Immunregulation wichtigen Gene liegen auf dem X-Chromosom.“ Prof. Dr. Altfeld leitet das Institut für Immunologie des UKE und die Forschungseinheit mit der Bezeichnung „Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Immunantwort“.

UKE Hamburg: Immunsystem von Frauen und Männern tickt unterschiedlich

Dabei handelt es sich um einen wichtigen Forschungszweig, um zu verstehen, warum Männer und Frauen anders erkranken. Ob Infektionen, Krebs oder Autoimmunerkrankungen: Das Immunsystem von Frauen und Männern tickt einfach unterschiedlich. Doch in der Medizin wird das bei der Diagnose und Behandlung häufig noch zu wenig berücksichtigt.

Das hat auch die herzkranke Christina Pingel aus Eimsbüttel erfahren müssen, die über den langen Weg zur Diagnose und die Ungleichbehandlung – den Gender Health Gap – ein Buch geschrieben hat. „In Deutschland spielt Gendermedizin in Forschung und Lehre noch oft eine unzureichende Rolle“, sagt auch Prof. Dr. Marcus Altfeld.

Marcus Altfeld
Der Hamburger Mediziner Prof. Dr. Marcus Altfeld vom UKE erklärt, warum Männer und Frauen unterschiedlich unter bestimmten Krankheiten leiden. © UKE | Anja-K. Meyer

UKE-Experte: Infektionskrankheiten – Männer kann es schlimmer treffen als Frauen

Dabei sind die Unterschiede groß. Der Mediziner nennt ein Beispiel: „Infektionskrankheiten verlaufen bei Männern oft schwerer als bei Frauen. Das war in der Medizin bekannt. Zuletzt hat sich das bei Covid-19 noch einmal deutlich gezeigt. Wir wissen das aber auch von Infektionen mit Hepatitis-C-Viren und HIV-1.“

Neben den biologischen Unterschieden, sagt Altfeld, kommen auch die sozialen Rollen von Männern und Frauen in der Gesellschaft hinzu. In Bezug auf Infektionsanfälligkeit und Krankheitsverlauf spielten diese Aspekte ebenfalls eine Rolle.

So gilt: „Testosteron schwächt Teile des Immunsystems, Östrogen stärkt es“, sagt er. Infektionskrankheiten können bei Männern schwerer verlaufen als bei Frauen. So könne der hohe Testosteronspiegel dazu beitragen, dass Männer auf Impfungen häufig schwächere Immunantworten entwickeln als Frauen.

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Das geht sogar so weit, dass man bei Frauen beim Impfen gegen Influenza schon mit der Hälfte der Impfstoffmenge auskommt – das haben klinische Studien ergeben. Die Kehrseite: Dafür treten bei Frauen Autoimmunerkrankungen häufiger auf – unter anderem deshalb, weil Östrogen und Progesteron Immunantworten eher verstärken können, so Altfeld.

Worunter Männer eher leiden als Frauen – typische „Männer-Krankheiten“:

  1. Im Bereich Immunerkrankungen sind mehr Männer (von der Geburt bis zur Pubertät) von Asthma betroffen als Frauen
  2. Entwicklungsstörungen des Nervensystems: Autismus-Spektrum-Störungen, Tourette-Syndrom, Aufmerksamkeitsstörungen
  3. Neurologische Erkrankungen: Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Parkinson, Schlaganfall, frühe Schizophrenie
  4. Krebs (Geschlechtsorgane ausgenommen): Kehlkopf, Blase, Speiseröhre
  5. Infektionen: höhere Sterblichkeit bei SARS-CoV-2, Hepatitis B, Tuberkulose

Worunter Frauen stärker leiden als Männer – typische „Frauen-Krankheiten“:

  1. Autoimmunerkrankungen: Asthma bekommen Frauen eher nach der Pubertät, Hashimoto-Schilddrüsen-Entzündung, Lupus, Multiple Sklerose, Rheuma
  2. Entwicklungsstörungen des Nervensystems: Phobien, Zwangsstörungen, Essstörungen
  3. Neurologische Erkrankungen: Alzheimer, Depressionen und Angststörungen, Schizophrenie
  4. Krebs: Schilddrüse, Lungenkrebs bei Nichtraucherinnen
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