Hamburg. Die aggressiven Mädchen, die in Altona randalierten, kommen aus Alsterdorfer Einrichtung. Pädagoge schildert schlimme Zustände.

Nachdem es im Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) in der Nacht zu Dienstag zu brutalen Szenen gekommen ist, Mütter und Kinder von zwei Mädchen bedroht und angegriffen worden sind, schildert ein Mitarbeiter des Kinder- und Jugendnotdienstes (kurz KJND), wie sein Alltag mit den Jugendlichen aussieht. Nach Abendblatt-Informationen sollen die Mädchen zu einer Einrichtung an der Feuerbergstraße in Alsterdorf gehören.

Dass es Mädchen aus dem Kinder- und Jugendnotdienst waren, die in der Nacht zu Dienstag wartende Patientinnen und ihre Kinder bedrohten und angriffen, überrascht Sascha S. (Name geändert) überhaupt nicht. Er arbeitet als Pädagoge in der Einrichtung an der Feuerbergstraße. Die Arbeit im KJND wird immer wieder thematisiert: Mitarbeiter schreiben Dutzende Überlastungsanzeigen oder sind langzeiterkrankt.

Feuerbergstraße: Mädchen schlagen sich gegenseitig – neuer Trend „Jacken verbrennen“

Sascha S. ist Schlimmes gewohnt. „Es ist furchtbar, dass die Mädels Patienten geschlagen und angespuckt haben, für uns ist dieser Umgang leider normal“, sagt er. Die Mädchen – insgesamt waren es drei, wobei eine 13-Jährige versucht haben soll, ihre Freundinnen zu besänftigen und zurückzuhalten – kenne er natürlich. Die zwei anderen Mädchen sind nach Abendblatt-Informationen zwölf und ebenfalls 13 Jahre alt.

Das Trio trete oft als Gruppe auf, habe sich zusammengefunden, sagt er. „Die schlagen sich auch schon mal gegenseitig, vertragen sich dann wieder. Ein neuer Trend bei denen ist es außerdem, ihre Jacken gegenseitig zu verbrennen.“

Wie aber kommt es, dass die drei jungen Mädchen so spät noch in Hamburg unterwegs sind? „Die Jugendlichen dürfen sich ja frei bewegen, müssen aber pünktlich wieder in der Einrichtung sein“, erzählt S. Die Jüngeren müssen demnach um 21 Uhr zu Hause sein, Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren um 22 Uhr.

Kinder- und Jugendnotdienst Hamburg: Jugendliche werden nach Drogen und Waffen durchsucht

Pünktlich seien sie aber nie. „Die halten sich gern am Jungfernstieg auf oder am Steindamm“, so S. Nicht gerade Orte, an denen man zwölf- oder 13-jährige Mädchen spätnachts vermuten würde.

„Sind die nicht pünktlich wieder da, geben wir sofort eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf“, erzählt S. Sonstige Sanktionen seien bei dieser Klientel schwierig. „Was bringt es denn?“, fragt sich S. Er klingt resigniert. „Diese Kinder und Jugendlichen halten sich kaum an vorgegebene Strukturen, schwänzen die Schule, bleiben abends zu lange weg.“ Kommen sie dann zwischen drei und sechs Uhr morgens in die Unterkunft zurück, werden sie nach Drogen und Waffen durchsucht.

Einrichtung Feuerbergstraße: „Kollegen werden angegriffen und bespuckt“

Wie diese Kinder und Jugendlichen ticken, schildert Sascha S. anhand eines Beispiels: „Kollegen werden angegriffen und bespuckt, mussten danach per Taxi nach Hause fahren, und während der Raucherpausen muss der Sicherheitsdienst die Mitarbeiter vor diesen Mädchen schützen.“ Der Sicherheitsdienst muss häufiger eingreifen. „Der wird dann zu Hilfe gerufen, wenn die Jugendlichen handgreiflich werden.“

Die drei Mädchen kommen nach Abendblatt-Informationen aus zerrütteten Familien aus Hamburg, haben keinen Migrationshintergrund.

Häufig kommen aber auch Kinder und Jugendliche aus anderen Bundesländern in die Einrichtung. „Die wollen natürlich nicht zurückgeführt werden und lieber in der Großstadt Hamburg bleiben“, so Sascha S. Die eigentlich zuständigen Jugendämter wollten diese Kinder auch nicht unbedingt zurück, erzählt er, und zahlten Geld an die Hamburger Sozialbehörde, wenn die Kinder hier bleiben. S.: „Die Jugendämter kaufen sich frei.“

Jugendliche aus anderen Bundesländern verweigern sich einer Rückführung

„Die Jugendlichen verweigern sich einer Rückführung, steigen nicht in die Züge Richtung Heimat oder kommen postwendend zurück. Dann kapitulieren die Jugendämter irgendwann und suchen eine Unterkunft in Hamburg. Oder eine Klinik. Das dauert Monate. Zahlen muss so lange das zuständige Heimat-Jugendamt.“

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Derzeit gibt es nach Angaben des Mitarbeiters drei Gruppen mit jeweils zwölf Plätzen sowie jeweils zwei Notplätze. Das bedeutet: Vollauslastung. „Wir haben zwölf Plätze, im Herbst waren wir mit 30 Kindern und Jugendlichen völlig überbelegt.“