Hamburg. Die Hamburger Deborah und Florian Hucht verraten in ihrem Ratgeber Expertentricks. Warum Anfänger mit Radieschen starten sollten.
Ihre 50-Quadratmeter-Wohnung in Hamburg-Eppendorf ist ihnen eines Tages zu klein geworden. Das Gärtnern im schattigen Hinterhof ihres Wohnhauses war nicht mehr befriedigend, ein Kleingarten musste her. Dass Deborah und Florian Hucht sich mit den Jahren zu regelrechten Gartenexperten entwickelten, war anfangs nicht absehbar.
Inzwischen hat das Paar mehrere Gartenratgeber veröffentlicht, der jüngste ist vor wenigen Wochen erschienen. „Hochbeet. Jetzt durchstarten. Spielerisch gärtnern und erfolgreich ernten“, heißt er.
Hochbeet: Zwei Hamburger haben ihr Glück im Kleingarten in Groß Borstel gefunden
In ihrem Kleingarten in Groß Borstel am Rande des Hamburger Flughafens haben sie seit der Übernahme ihrer Parzelle im Jahr 2016 mächtig gewerkelt. „Wir haben davor eineinhalb Jahre aktiv gesucht, viele Kleingartenvereine direkt angeschrieben. Wichtig war uns, dass wir es in 15 Minuten mit dem Rad von unserer Wohnung schaffen“, sagt Florian Hucht. Seit Jahren gibt es in Hamburg eine große Nachfrage nach Kleingärten.
Dass sie – wie der Titel ihres Buches verrät – Hochbeete und keine klassischen Gemüsebeete anlegten, liege an der Beschaffenheit des Bodens, sagt der 40-Jährige, denn das Gebiet sei schwer belastet durch Blei und Cadmium. „Die Straße, an der unser Gartenverein liegt, heißt nicht umsonst Haldenstieg.“ Hier sei nach dem Krieg der Abraum aus der Stadt abgeladen worden.
Kleingarten: Parzelle unmittelbar am Flughafen war vorher eine wilde Wiese
Weil das frühere Behelfsheim zum dauerhaften Wohnen, das auf der Parzelle stand, abgerissen worden war, übernahmen sie das Grundstück nach eigenen Angaben als wilde Wiese. Und auch wenn der Trend in der Hansestadt zu kleinen Schrebergärten geht, sind die beiden mit ihren 800 Quadratmetern überaus glücklich.
Mit Carsharing, einem Leih-Lastenrad aus dem nahe gelegenen Baumarkt und auf ihrem eigenen Radanhänger haben sie sämtliches Material auf ihre Parzelle transportiert, denn die beiden Hobbygärtner haben kein eigenes Auto. „Wir haben schon einige Tonnen befördert“, rechnet Florian Hucht überschlagsmäßig.
Garten anlesen: Spätestens wenn die Forsythien blühen, kann man loslegen
Wer beim Thema Garten nur an sommerliche Temperaturen und lauschige Abende im Grünen denkt, den würde es wohl derzeit noch nicht zur Arbeit ins Freie locken. Das Ehepaar dagegen ist das ganze Jahr aktiv, „aber die meisten legen so richtig gegen Ostern los“, sagt Deborah Hucht. „Wenn die Forsythien blühen, ist das ein gutes Zeichen für den Vorfrühling. Dann kann man mit der Aussaat von Radieschen und Spinat beginnen.“
Das erste Hochbeet baute das Paar 2017, seither kamen immer weitere dazu. Inzwischen haben die beiden inklusive einer Kräuterspirale bereits 20 Hochbeete. Diese hätten den Vorteil, dass man sich die Gartenarbeit gut einteilen könne, sagt die passionierte Selbstversorgerin. „Man nimmt sich einfach ein, zwei Kisten vor, und das kann man gut schaffen.“
Garten-Experten haben bereits mehrere Bücher zu dem Thema veröffentlicht
Dass sie über ihre Gartenarbeit auch ein Buch schreiben, hätte immer auf ihrer To-do-Liste gestanden, sagen die Journalistin, die als Online-Marketing-Strategin arbeitet, und der Art Director. Beide arbeiten selbstständig.
Das erste Buch „Das Leben muss man gießen“ über den Weg vom Gärtnern im Hinterhof zum sonnigen Selbstversorgergarten schrieb das Paar, das auch einen Podcast macht und die Internetseite einstueckarbeit.de betreibt, 2020, also während des ersten Jahres der Corona-Pandemie. Es folgten weitere Gartenbücher.
Hochbeet anlegen: Ratgeber ist wie ein Computerspiel mit verschiedenen Levels
„Es gibt natürlich schon Bücher zum Thema Hochbeet, aber wir haben uns ein spielerisches Konzept ausgedacht mit unterschiedlichen Levels. Es ist ein wenig wie bei einem Computerspiel, wo man mit einfachen Anforderungen beginnt und sich weiterentwickelt. Man steigert sich, wenn man sich mehr zutraut“, sagt die 37-Jährige, die ebenso wie ihr Mann über die Jahre zur Expertin geworden ist.
In den kommenden Wochen wartet viel Arbeit im eigenen Kleingarten auf das Paar, das einen vierjährigen Sohn hat. „Wir sind eigentlich jedes Wochenende hier“, sagt Deborah Hucht. Gartenarbeit sei ein sehr guter Ausgleich zur Büroarbeit: „Man tut was, man ist in Bewegung.“ Und ihr Mann ergänzt: „Und man sieht sofort ein Ergebnis und hat eine Belohnung.“
Kleingarten in Groß Borstel: Ihr Sohn bekommt sein erstes eigenes Hochbeet
Aber manchmal sitzen sie an warmen Tagen einfach nur auf ihrer Hollywoodschaukel, die sie geschenkt bekommen haben, und lesen ihrem Sohn vor. Der hat gerade sein erstes eigenes Hochbeet bekommen, das er selbst gestalten darf. „Er hat viele Ideen, auf jeden Fall müssen Erdbeeren und kleine Tomaten zum Naschen rein“, sagt seine Mutter.
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Im Moment ist bereits Spinat, den sie noch im Winter gebaut haben, erntereif, ebenso wie Heckenzwiebeln. Und der Rhabarber ist auch in wenigen Wochen schon so weit. Bis auf Paprika und Chilis, die sie alle nicht so gern essen, ziehen sie fast jede Sorte Gemüse und auch viel Obst.
Ernte im Kleingarten fällt manchmal Tieren zum Opfer – oder auch fiesen Dieben
Ernten können sie rund ums Jahr. Wenn mal eine Ernte ausfällt, sind allerdings nicht immer Umwelteinflüsse wie Krabbeltiere oder hungrige Vögel daran schuld, sondern schlicht böse Mitmenschen. „Unser Grünkohl wurde mal von Fremden geerntet“, sagt Deborah Hucht.
Und mancherorts gebe es nicht nur Strauchdiebe, sondern Diebe, die in Gartenlauben einbrechen und das Werkzeug stehlen, berichtet ihr Mann. Doch entmutigen lassen sie sich dadurch nicht.
Hochbeet anlegen: Experten geben zehn hilfreiche Tipps für eine gute Ernte:
- Für den Anfang braucht man eigentlich nur eine Schaufel, nützlich sind auch ein Grubber und eine Pflanzkelle.
- Einsteiger können zwei bis drei Palettenrahmen kaufen, dazu eine Hochbeetgrundfüllung, wenn man kein eigenes Schnittgut von Sträuchern hat. Darauf kommen Kompost und Erde.
- 70 bis 80 Zentimeter Höhe für ein Hochbeet sind ideal, dann braucht man nicht allzu viel Füllmaterial.
- Günstiges Saatgut bekommt man beispielsweise bei Tauschtagen. Saatgut mit anderen Hobbygärtnern teilen.
- Anfänger sollten ihre Hobbygärtnerkarriere mit der Aussaat von Radieschen und Spinat anfangen. „Das wächst wirklich von allein“, versichert Deborah Hucht.
- Samen direkt ins Beet streuen, beim Vorziehen auf der Fensterbank kann nämlich leicht was schiefgehen.
- Auf gute Gartenerde achten. „Das ist der wichtigste Mitspieler“, so die Autoren. Darauf schauen, dass kein Torf enthalten ist, denn dafür werden Moore zerstört.
- Der ideale Standort für ein Hochbeet sollte sonnig und windgeschützt sein. Ideal ist, wenn die breite Beetseite nach Süden zeigt, so bekommen alle Pflanzen viel Sonne.
- Joker im Garten-Spiel sind Hummeln, Wildbienen und Marienkäfer, die man mit Blühpflanzen anlocken kann. Kleine Wasserstellen, etwa kleine flache Schalen mit ein paar Steinen, helfen ihnen ebenfalls. Regenwürmer fühlen sich wohl, wenn man Beete mulcht. Sie lieben auch Pflanzen mit tiefen Wurzeln.
- Auch Singvögel zählen zu den Jokern. Wenn sie im Garten Rückzugsräume finden, fressen sie Käfer, Raupen und Schnecken.
Im Buch gibt es auch ausführliche Informationen darüber, was wann wächst, welche Probleme im Garten auftauchen können und wie man sie löst. Deborah und Florian Hucht geben ganz konkrete Anleitungen und machen damit Lust, selbst schnell loszulegen. Und Ostern steht ja auch schon vor der Tür.