Hamburg. Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz stellt sich kritischen Fragen zur Schließung des Cafés Herzstück. Wie es nun weitergehen soll.
Im kleinen und im großen Saal, in der Eingangshalle und sogar auf der Treppe herrschte Gedränge. Der einzige Tagespunkt auf der Versammlung des Kommunalvereins, die gerichtlich angeordnete Schließung des Cafés Herzstück, lockte am Mittwochabend mehr als 200 Menschen ins Stavenhagenhaus in Groß Borstel.
Auch Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz, der zuletzt wegen einer möglicherweise vorschnell erteilten Gaststättenerlaubnis in die Kritik geriet, war anwesend und stellte sich den Fragen der Vereinsvorsitzenden Ulrike Zeising und des Publikums. Ebenfalls dabei war Gastronomin Alexandra Lübeck, die ihr Café nur wenige Wochen nach der Eröffnung wegen einer Nachbarschaftsklage wieder schließen musste.
Groß Borstel: Unterschriften und Spendenkampagne für Café-Betreiberin
Als sie von der Vorsitzenden ans Mikro gebeten wurde, versagte ihr die Stimme und sie fing an zu weinen. Statt ihrer bedankte sich eine ihrer Mitarbeiterinnen für die große Unterstützung der Menschen aus dem Stadtteil. „Wir sind überwältigt von der Anteilnahme. Erst bei der Eröffnung, und auch jetzt.“
Mehr als 1800 Unterschriften gingen bislang bei der Onlinepetition „Café im Stavenhagenhaus muss bleiben“ ein, mehr als 900 wurden an einem Informationsstand eingesammelt. „Das ist phänomenal für unseren Stadtteil, der nur knapp 11.000 Einwohner hat“, freute sich Zeising. Um Gastronomin Lübeck auch finanziell zu unterstützen, startete der Kommunalverein eine Spendenaktion – wegen der vielen Älteren wurden unter den Anwesenden auch Sparschweine herumgereicht.
Café im Stavenhagenhaus – „ein klarer Handlungsauftrag für Bezirk“
Mit den Worten „Ich wünsche mir eine konstruktive, weiterführende Diskussion“, übergab Zeising das Mikrofon dann Bezirksamtsleiter Werner-Boelz. Dieser gab zu, eine „Patentlösung nicht präsentieren“ zu können, versicherte aber: „Wir haben das gleiche Ziel: Wir wollen ein Café im Stavenhagenhaus.“ Das sei eine zentrale RISE-Vorgabe (RISE nennt man ein Förderprogramm für Stadtteilentwicklung) und somit ein „klarer Handlungsauftrag“ für den Bezirk.
Darüber hinaus stellte er noch einmal klar, dass die beiden Kläger-Ehepaare zuvor mit zwei Eilverfahren gescheitert waren. Im (erfolgreichen) dritten werde nun geprüft, inwieweit der Café-Betrieb die individuellen Rechte der Nachbarn beeinflusse. „Bis das Verfahren abgeschlossen ist, dürfen in Diele und Gastraum keine Speisen und Getränke ausgegeben werden.“
Michael Werner-Boelz: Gesprächsangebot an die Kläger und ihren Anwalt
Er habe den Klägern und ihrem Anwalt mittlerweile ein Gesprächsangebot gemacht. Sollte es nur um Themen wie Sicht- und Lärmschutz gehen, würde er gerne mit ihnen darüber sprechen, unter welchen Bedingungen sie sich auf einen Café-Betrieb einlassen könnten.
Die in den letzten Tagen häufig gestellte Frage, ob man nicht – bis zur rechtlichen Absicherung des Café-Betriebes – zum früheren Modell zurückkehren könnte, bei dem das Hausmeisterpaar die Mieter des Stavenhagenhauses bei Hochzeiten, Tagungen oder Versammlungen bewirtet hatte, verneinte der Bezirksamtsleiter. „Das ist aus mehreren Gründen nicht möglich und wäre auch nicht die geforderte Öffnung für den Stadtteil.“
Bezirksamt überzeugt: Keine Nutzungsänderung für Café-Betrieb erforderlich
Wie gründlich das Bezirksamt im Vorfeld geprüft habe, ob eine Gaststättenerlaubnis erteilt werden könne – auch das wurde gefragt. Darauf antwortete Antje Markmann vom Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung: „Beim Stavenhagenhaus und dem dazu gehörenden Grundstück handelt es sich um eine Gemeinbedarfsfläche mit kultureller Nutzung. Es bedarf keiner Nutzungsänderung, wenn die Gastronomie hier in einem bestimmten Umfang stattfindet.“
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Ulrike Zeising erinnerte noch einmal daran, dass sich der Stadtteil in den letzten Jahrzehnten sehr verändert habe. Früher habe es hier viel Gastronomie gegeben, heute stehe als Treffpunkt nur noch die Bäckerei Junge zur Verfügung. Werner-Boelz, der selber 30 Jahre lang in Groß Borstel gewohnt habe, stimmte ihr zu und sagte: „Das Café im Stavenhagenhaus ist nötig, damit hier das soziale und gesellschaftliche Zusammenleben funktionieren kann.“
Groß Borstel: Auch Stadtteilkonferenz macht Klägern ein Gesprächsangebot
Dazu wollen auch die Mitglieder der Stadtteilkonferenz beitragen. „Wir haben beschlossen, dass zwei unserer Mitglieder die Kläger besuchen und mit ihnen sprechen. Das soll demnächst passieren“, so Zeising. Zudem habe man eine Verwaltungsrechtlerin eingeschaltet. „Sollten keine Gespräche zustande kommen, gibt es weitere Schritte, die wir gemeinsam mit dem Bezirksamt gehen können“, betonte sie. „Doch erst mal warten wir das ab.“