Hamburg. Eine Nachbarschaftsklage gegen Gastronomie lässt die Emotionen in Groß Borstel hochkochen. Wie die Klägerseite reagiert.
Am Freitagabend startete auf www.change.org eine Petition für die Wiedereröffnung des Cafés im Stavenhagenhaus in Groß Borstel. „Das beliebte Kulturcafé im Stavenhagenhaus darf durch einen Beschluss in einem Eilverfahren bis auf Weiteres nicht öffnen. Wir fordern die Kläger auf, ihr Gemeinschaftsgefühl zu zeigen und die Klage zurückzuziehen“, so die Beschreibung. Der Appell geht somit direkt an die klagenden beiden Ehepaare aus der direkten Nachbarschaft. Der bekannteste der vier ist der ehemalige Bürgerschaftspräsident Berndt Röder (CDU).
Digital sind bis Montagmittag bereits mehr als 1400 Unterschriften abgegeben worden. Auch im Stadtteil liegen Listen aus. Initiiert hat das Ulrike Zeising, Vorsitzende des Kommunalvereins von Groß Borstel. „Auch hier haben wir einen immensen Rücklauf“, sagt sie, deren Telefon nicht mehr still steht. „Aktuell sind es gut 400 Unterschriften, und einige Listen haben wir noch nicht zurückbekommen.“
Groß Borstel: Nachbarschaftsklage gegen Café im Stavenhagenhaus
All das zeigt: Der Unmut des Stadtteils konzentriert sich auf die Person Röder. Unzählige Kommentare unter der Petition oder auf Facebook und anderen Portalen sowie Mails an unsere Redaktion zeigen, wie sich die Bewohner von Groß Borstel fühlen: von enttäuscht bis fassungslos, traurig bis wütend. „Ich finde, dass das Gemeinwohl über das eines Einzelnen geht“, postet beispielsweise ein Unterstützer.
„Mir ist die Kampagne wichtig, weil ich es unerträglich finde, dass der Egoismus eines Einzelnen so ein tolles Projekt verhindern will! Idee und Umsetzung waren der Wunsch des ganzen Stadtteils“, schreibt auch Gerti S. Ein anderer Befürworter schreibt: „Mir ist die Petition wichtig, damit dieses Herrenmenschentum aufhört und das Café erhalten bleibt.“
„Erfolg des querulanten Nachbarn hat uns tief enttäuscht“
Doris H. schreibt: „Der Erfolg des querulanten Nachbarn hat uns tief enttäuscht und entsetzt. Hoffentlich gibt es eine schnelle Wende und Einsicht, diese Entscheidung rückgängig zu machen.“ Ein weiterer User fügt hinzu: „Auch wenn versäumt wurde, die Nachbarn zuvor zu konsultieren. Was soll die Klage? Mit welcher Begründung? Hiermit FÜR ein Miteinander!“
Genau damit – der angesprochenen, scheinbar fehlenden Kommunikation – hänge alles zusammen. Das meint zumindest Matthias Frommann, Anwalt der Kläger. Frommann (SPD) war früher Bezirksamtsleiter in Hamburg-Nord. Er sagt: „Ich verstehe den Unmut des Stadtteils sehr gut, nur nicht, warum sich das gegen meinen Mandanten richtet.“
Café in Groß Borstel: Aufforderung zu Gesprächen mit Bezirksamtschef
In seinen Augen sei es das Bezirksamt, in persona dessen Leiter Michael Werner-Boelz (Grüne), das misslich gehandelt habe. „Wir haben seit vergangenem August dreimal um ein persönliches Gespräch gebeten und wurden dann an die öffentlichen Veranstaltungen verwiesen“, sagt Frommann. „Wir hätten uns da mehr Kommunikation gewünscht.“ Die gesammelten Unterschriften könnten seine Mandanten nicht bewegen, die Klage zurückzuziehen.
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„Meine Mandanten sind aber bereit, darüber zu sprechen. Wir erwarten, dass die Anliegen, die wir haben, geklärt werden“, so Frommann. Als Beispiel verweist er auf das Thema Sichtschutz: Es sei nie abgesprochen worden, wie verhindert werden könne, dass von der Caféterrasse auf die Terrasse eines Nachbarn geblickt werden könne.
„Wir erwarten, dass der Bezirksamtsleiter auf uns zukommt und das Gespräch sucht“, so Frommann. Aus seiner Sicht sei es komplett versäumt worden, mit den angrenzenden Nachbarn über die Nutzung des Stavenhagenhauses zu sprechen. „Das ist das Einzige, was meine Mandanten umstimmen könnte.“