Hamburg. Hohe Baupreise und Zinsen bremsen das Prestigeobjekt in Wasserlage aus. Doch es gibt eine Alternative, die ebenso spannend ist.

Vor ziemlich genau drei Jahren sorgte die Nachricht, dass das Bezirksamt Hamburg-Nord nach 70 Jahren vom Stammhaus an der Kümmellstraße in einen Neubau am Wiesendamm ziehen wird, für Wirbel. Nun folgte auf einer Mitarbeiterversammlung, für die am Mittwochvormittag kurzfristig das gesamte Bezirksamt geschlossen wurde, ein neuer Paukenschlag: Es wird keinen Neubau geben. Stattdessen wird ein Umzug nach Winterhude geprüft: in das berühmte Arne Jacobsen Haus in der City Nord.

Das Bezirksamt Hamburg-Nord, die Finanzbehörde und die Bezirksbehörde haben gemeinsam mit dem 2022 gegründeten städtischen Immobilien Service Zentrum und der Sprinkenhof GmbH entschieden, in die Planungen für ein neues Bezirksamtsgebäude auch eine Anmietung von Gebäuden in der City Nord einzubeziehen. Im Fokus steht dabei der imposante Bau des berühmten dänischen Designers – auch bekannt als ehemalige HEW-Zentrale.

Immobilien Hamburg: Kein Neubau für das Bezirksamt – zu hohe Baukosten

Das denkmalgeschützte Scheibenhaus entstand in den 1960er-Jahren nach Entwürfen von Jacobsen und seinem Partner Otto Weitling. Noch heute gilt die Immobilie, die seit 2019 dem Immobilienkonzern Matrix gehört, als herausragende architektonische Leistung.

Dass der Konzern plant, das Arne Jacobsen Haus in diesem Jahr von Grund auf zu sanieren, passt in den Zeitplan von Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz (Grüne): Der wollte mit seinen 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ursprünglich 2026 in den geplanten Neubau in Barmbek-Süd ziehen.

Die Visualisierung zeigt das Arne Jacobsen Haus, in das das Bezirksamt Hamburg-Nord nun einziehen will.
Die Visualisierung zeigt das Arne Jacobsen Haus, in das das Bezirksamt Hamburg-Nord nun einziehen will. © Matrix | Matrix

Hintergrund für die nun geänderten Pläne sei die dramatische Kostenentwicklung bei Bau und Finanzierung auch von öffentlichen Bauten, teilte das Bezirksamt am Mittwoch mit. Diese führe dazu, dass ein Neubau im Mieter-Vermieter-Modell, so, wie es für das neue Verwaltungsgebäude geplant war, „haushalterisch deutlich schwieriger zu realisieren sei als noch vor einigen Jahren“.

Aktueller Standort des Bezirksamts in Eppendorf wird immer maroder

Sprich: Die Beteiligten sehen eine verantwortungsvolle und wirtschaftliche Handlungsweise in diesem Fall wegen der hohen Baukosten und der gestiegenen Zinsen als nicht mehr gegeben an. Vor diesem Hintergrund werden neben dem bislang favorisierten Neubau in Barmbek auch Bestandsanmietungen in der City Nord geprüft.

„Die aktuellen Prüfungen und Vergleichsberechnungen werden parallel zur Haushaltsaufstellung der Freien und Hansestadt Hamburg 2025/2026 mit Hochdruck weitergeführt“, so das Bezirksamt. Ziel sei, zeitnah eine Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten. Der aktuelle Standort in Eppendorf werde zunehmend maroder und sei nur noch befristet nutzbar.

Bezirksamt Nord: Planungen für Neubau waren schon weit fortgeschritten

Entsprechend auf Hochtouren liefen in den vergangenen Jahren daher auch die Vorbereitungen für den Neubau am Wiesendamm. So hatten Mitarbeiter für die künftigen Büroflächen schon die Anordnung der Schreibtische und die benötigte Anzahl von Steckdosen geplant.

So wie auf dieser Visualisierung des Eigentümers könnten die Büroräume im Arne Jacobsen Haus nach der Sanierung aussehen.
So wie auf dieser Visualisierung des Eigentümers könnten die Büroräume im Arne Jacobsen Haus nach der Sanierung aussehen. © Matrix | Matrix

Trotz dieser weit fortgeschrittenen Planungen müsse man bei einem Umzug in das Arne Jacobsen Haus aber nicht bei null beginnen. „Die Bedarfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bezirksamt sind ja unverändert und müssen nun lediglich auf die neuen Gegebenheiten angepasst werden“, teilte das Bezirksamt dazu mit.

Finanzsenator: „Marktlage zwingt uns, Neuplanungen kritisch zu hinterfragen“

Bereits im Februar 2021 – angesichts der unterzeichneten Absichtserklärung für den Bau eines neuen Bezirksamts – hatte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) betont, dass die Umsetzung in „den nächsten für den Haushalt nicht einfachen Jahren“ für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung werde. Allerdings seien Bezirksämter „das Gesicht der Stadt und wichtige Anlaufstellen für die Bürger“. In diese zu investieren sei daher ein wichtiger Schwerpunkt der nachhaltigen Immobilienstrategie.

Das Arne Jacobsen Haus in der City Nord gilt als Architektur-Ikone. Unter anderem soll seine Glasfassade  aufwendig saniert werden.
Das Arne Jacobsen Haus in der City Nord gilt als Architektur-Ikone. Unter anderem soll seine Glasfassade aufwendig saniert werden. © Matrix | Matrix

Drei Jahre später räumt Dressel ein: „Die Marktlage bei Bau und Zinsen zwingt uns leider auch, städtische Neubauplanungen kritisch zu hinterfragen – darunter die Neubauplanung am Wiesendamm. Es ist gut, interessante Mietalternativen in der City Nord zu haben, die wir jetzt sorgfältig prüfen. Wir brauchen eine gute Lösung: gute Arbeitsplätze für die Mitarbeiter, gut erreichbar für die Bürger und machbar für den Haushalt.“

Bezirksamtsleiter Werner-Boelz freut sich über mögliche Alternative

Auch Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz, der stets sehr stolz auf den geplanten Neubar war, sagt: „Ich bin froh, dass wir mit dem Arne Jacobsen Haus eines der architektonisch bedeutsamsten Bürogebäude auch als mögliche Alternative zum Wiesendamm prüfen können.“

Eine Visualisierung der Dachterrasse, die auf dem Arne Jacobsen Haus entstehen soll
Eine Visualisierung der Dachterrasse, die auf dem Arne Jacobsen Haus entstehen soll © Matrix | Matrix

An Platz für ihn und seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mangelt es jedenfalls nicht im Arne Jacobsen Haus: Mit 41.000 Quadratmetern bietet es mehr Raumkapazitäten, als das Bezirksamt benötigt. Daher ist auch geplant, lediglich sieben der zwölf Etagen sowie Sonderflächen im Erdgeschoss anzumieten.

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City Nord in Hamburg: Arne Jacobsen Haus – Fassade im Fokus der Sanierung

Erst im Dezember 2023 hatte das Bezirksamt selbst grünes Licht für Eigentümer Matrix gegeben und die Baugenehmigung für die 250 Millionen teure Revitalisierung des markanten Gebäudes erteilt. Nach dem endgültigen Auszug von Vattenfall in den kommenden Wochen sollen die Geschosse in dem 153 Meter langen und 44 Meter hohen Arne Jacobsen Haus fast bis auf den Rohbau reduziert und erneuert werden.

So stellt sich der Immobilienkonzern Matrix den Eingangsbereich für das sanierte Arne Jacobsen Haus vor.
So stellt sich der Immobilienkonzern Matrix den Eingangsbereich für das sanierte Arne Jacobsen Haus vor. © Matrix | Matrix

Im Fokus der Sanierung stehen die 13.000 gläsernen Fassadenelemente, die das Gebäude prägen. Die neuen Glaselemente werden identisch wie die Originale aussehen, ihnen energetisch aber weit voraus und hocheffizient sein.

Ab der zweiten Jahreshälfte 2024 soll es losgehen. Die Architektur-Ikone als eines der bekanntesten Bürogebäude der Elbmetropole werde bis 2026 in einen „zukunftsfähigen New Work Spot der ganz besonderen Art“ verwandelt, lässt das Unternehmen verlauten.

Immobilien Hamburg: CDU kritisiert geplatzte Pläne für Verwaltungsbauten

Die CDU kritisiert die geplatzten Neubaupläne und unterstellt der Stadt Hamburg, Wahlversprechen zu brechen. Nachdem vor Kurzem bereits Pläne für neue Verwaltungsgebäude am Tibarg und in Neugraben gestoppt worden seien, drohe ein völliger Stillstand des Ausbaus der bezirklichen Infrastruktur, hieß es in einer Mitteilung am Mittwoch. „Alle Beispiele zeigen eines klar: Beim rot-grünen Senat stehen die Interessen der Bezirke ganz hinten an“, so André Trepoll, Sprecher für Verfassung und Bezirke der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

Seit Jahren verspreche man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dort neue Arbeitsplätze, doch dann „wird alles abgesagt“, sagt Trepoll. So würden hohe Summen an Planungskosten „verbrannt“. Zudem stelle sich die Frage, „inwieweit Finanzsenator Dressel in seiner gleichzeitigen Position als Aufsichtsratsvorsitzender bei der Sprinkenhof GmbH für das Wohl der Bezirksentwicklung überhaupt noch wirken kann“. Diese seien für ihn „offenbar ein lohnendes Sparschwein“. Auf die geplante Anmietung des Arne Jacobsen Hauses ging Trepoll nicht ein.