Hamburg. Verwaltungssitz wird Gebäudeensemble mit Hochhaus am Wiesendamm. Auch ein Quartiersplatz am Wasser ist geplant. Kritik von Politik.

Die Nachricht kommt überraschend: Das Bezirksamt Hamburg-Nord zieht aus seinem Stammsitz an der Kümmellstraße in Eppendorf aus. Das markante Gelbklinker-Gebäude wurde in den 50-er Jahren eigens für die Verwaltung des Bereichs zwischen Airport und Alster erbaut und ist seit 2013 denkmalgeschützt.

Doch das Bauwerk aus der Schreibmaschinen-Ära passt nicht mehr ins digitale Zeitalter – und ist laut Bezirkschef Michael Werner-Boelz „zu marode für eine Weiternutzung“. Mit 550 Mitarbeitern wird er in voraussichtlich vier Jahren in einen Neubaukomplex am Wiesendamm ziehen. Lediglich das technische Rathaus auf der gegenüberliegenden Seite der Kümmellstraße bleibt in Betrieb.

Bezirksamt: Neuer Quartiersplatz am Wasser

Die neue Heimat des Bezirksamts wird ein zwölfstöckiges Hochhaus plus Nachbargebäude, die beide in unmittelbarer Nähe der U3-Station Saarlandstraße und des Stadtparks am Barmbeker Stichkanal liegen.

Der neue Komplex aus der Vogelperspektive.
Der neue Komplex aus der Vogelperspektive. © Büro Störmer Murphy and Partners GbR/SpriAG

Vor dem Bezirksamt wird ein neuer Quartiersplatz angelegt, der sich stufenförmig zum Wasser hin öffnet und öffentlich genutzt werden kann: von den Gästen der Restaurants und Cafés, die auch hier einziehen sollen, von den Kunden des Bezirksamts, von den Besuchern der angrenzenden Theater und jenen, die sich im Lebensmittelmarkt gegenüber einen Snack für die Mittagspause holen.

Mehrere Theater mit auf dem Gelände

Noch befindet sich auf dem Grundstück die ehemaligen Gebäude einer Maschinenbaufirma, die – trotz einiger historischer Elemente – nicht denkmalgeschützt sind. Sie bilden den Abschluss eines langgestreckten Hallenensembles, das bereits zum „Theatercampus“ ausgebaut wurde und künftig das Junge SchauSpielHaus, die Theaterakademie und das Institut für Kultur- und Medienmanagement der Hochschule für Musik und Theater beherbergen wird.

Mit dem Freien Theaterzentrum Wiese e.G., Kampnagel, der Zinnschmelze, dem Museum der Arbeit und dem Hamburger Puppentheater gibt es in der Nachbarschaft bereits Kulturinstitutionen unterschiedlicher Sparten.

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„Mit der guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und unmittelbaren Nähe dieser kreativen Nachbarschaft ist das hier ein toller Standort, der durch das neue Bezirksamt noch attraktiver wird“, sagte Bezirksamtleiter Werner-Boelz am Mittwoch, als er mit Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und Jan Zunke, Geschäftsführer der Sprinkenhof GmbH, die Neubaupläne vor Ort vorstellte. Zuvor hatten sie eine entsprechende Absichtserklärung unterschrieben.

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Der Entwurf des aus dem freistehenden Hochhaus, der drei- bis sechsgeschossigen Nachbar-Bebauung sowie dem zum Kanal hin geöffneten Quartiersplatzes stammt von dem Hamburger Architekturbüro Störmer, Murphy and Partners, das damit einen städtebaulichen Wettbewerb gewonnen hat. Umgesetzt wird das Bauvorhaben von dem ebenfalls aus Hamburg stammenden renommierten Büro gmp. Künftige Eigentümerin des gesamten Komplexes, einschließlich des „Theatercampus“, ist die Sprinkenhof GmbH, die die Neubauten an das Bezirksamt Hamburg-Nord vermieten wird.

Altes Bezirksamt soll denkmalgerecht ertüchtigt werden

„Wir freuen uns, für diesen dritten Bauabschnitt das Bezirksamt Hamburg-Nord als neuen Nutzer gewonnen zu haben“, sagte SpriAG-Chef Zunke. Noch gelte es, einige Details zum Baurecht zu klären, etwa die Stellplatzfrage. So sollen die Parkplätze auf den zwingenden Umfang reduziert werden, um möglichst viel effizientere Büronutzung zu ermöglichen.

Die Umsetzung in „den nächsten für den Haushalt nicht einfachen Jahren“ werde für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung, betonte Finanzsenator Dressel. Gleichwohl freue es sich über den „Meilenstein“, den die unterzeichnete Absichtserklärung darstelle. „Bezirksämter sind das Gesicht der Stadt und wichtige Anlaufstellen für die Bürger. In sie zu investieren ist ein wichtiger Schwerpunkt unserer nachhaltigen Immobilienstrategie, die den Sanierungsstau behebt und den Klimaschutz im Blick hat.“

Zukunft des alten Standorts noch offen

Und wie geht es mit dem Areal im Herzen Eppendorfs nach dem Auszug des Bezirksamts weiter? „Der Vermieter und ich haben in zahlreichen Gesprächen geprüft, ob es möglich ist, das Gebäude im laufenden Betrieb zu sanieren. Insbesondere auch wegen arbeitsorganisatorischer Maßnahmen mussten wir diese Möglichkeit aber verwerfen“, so Werner-Boelz. Zudem liefen die Mietverträge für die Gebäude an Kümmellstraße und Lenhartzstraße aus, für letzteres gebe es auch keine Möglichkeit der Verlängerung. In Absprache mit der Eigentümerin, der Firma Ditting, und dem Denkmalschutzamt werde man jedoch überlegen, wie man den Standort für die Zukunft ertüchtigen könne.

Pläne von 2014 für ein neues Quartier gescheitert

Enno Isermann, Sprecher des Denkmalschutzamts, verweist auf die Bedeutung des ab 1953 vom Ersten Baudirektor Paul Seitz errichteten Gebäudes. „Um es auch dem Auszug des Bezirksamts als Denkmal zu sichern, setzen wir uns beim Eigentümer des Gebäudes für eine denkmalgerechte Instandsetzung und weiterhin denkmalfreundliche Nutzung ein.“

FDP: "Das zeugt nicht von Respekt gegenüber Abgeordneten"

Während die Pläne für Neubau und Umzug nach einem durchdachten und lang verhandelten Plan aussehen, erfuhren einige Kommunalpolitiker davon wohl erst durch die Berichterstattung in den Medien. Am Abend erklärte Ralf Lindenberg für die FDP im Bezirk Nord, dass man mit Verwunderung und Verstimmung die Nachricht an diesem Mittwoch wahrgenommen habe. So wären die parlamentarisch organisierten Gremien und die darin vertretenen Fraktionen bisher nicht über die Planungen der Bezirksverwaltung direkt und unmittelbar informiert worden.

Der Vize-Fraktionschef der FDP, sagt dazu: "Es zeugt nicht unbedingt von Respekt gegenüber den gewählten Abgeordneten."