Hamburg. Zu den Kunden zählten auch Boris Becker und Felix Magath. Im Viertel gilt das Geschäft als Institution. Wofür es bekannt war.
Die Regale sind teilweise schon leer geräumt – hier noch Marmeladengläser, dort noch Schokokekse und Klopapier. Die Ecke mit den Weinen ist noch gut bestückt. Wein lief zum Schluss auch am besten. Es ist ein trauriger Anblick: Nach 53 Jahren schließt der kleine LadenWeinhaus & Feinkost Heidi Beuck in Hamburg-Eppendorf für immer. Auch andere inhabergeführte Geschäfte in Hamburg müssen schließen.
Trotz der bevorstehenden Schließung macht Uwe Beuck aber keinen wehmütigen Eindruck. Wenn der 80-Jährige am 2. März zum letzten Mal die Tür seines Tante-Emma-Ladens an der Ecke Husumer Straße/Haynstraße für seine Kunden öffnet, beginnt ein neuer Lebensabschnitt für ihn.
Eppendorf: Tante-Emma-Laden – Salate und Remoulade waren hamburgweit bekannt
Direkt nach seiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann hatte der Eppendorfer in diesem Laden gearbeitet, teils 100 Stunden die Woche – und immer mit einer Stunde Mittagsschlaf in seiner Wohnung über dem Laden. Vielleicht ist es nach 53 Jahren auch genug.
Solange stand er in dem Laden, früher gemeinsam mit Ehefrau Heidi, Schwester Irmgard und Marlene Menzel. Frau Menzel, wie er seine Angestellte nennt, war die Perle des Geschäftes. „Sie machte Salate. Und ihre Remoulade war hamburgweit bekannt“, erzählt Uwe Beuck. 150 Kilogramm Salate in der Woche bereitete Marlene Menzel zu Spitzenzeiten für die hungrigen Eppendorfer zu.
Die Remoulade und das argentinische Roastbeef, das waren lange Zeit die absoluten Kundenmagneten. Genau wie Schweinebraten und Lachs. „Unser Wursttresen war fast vier Meter lang“, so Beuck. Seine Kunden damals beschreibt er als klassische Hanseaten, viele Kaufleute waren darunter.
Laden in Eppendorf: Boris Becker kaufte Bananen bei Uwe Beuck
Als Marlene Menzel vor zehn Jahren in Rente ging, war es mit diesen Delikatessen vorbei. Beuck: „Es gab kein Fachpersonal, um das fortzuführen. Und irgendjemanden konnte ich dafür nicht nehmen, das wäre ein Schuss in den Ofen gewesen.“
Keine Salate, aber Bananen mochte ein prominenter Tennisspieler, der in den 1980er-Jahren in Beucks Geschäft Kunde war, sehr gern. „Wenn Boris Becker zu Besuch bei seiner damaligen Freundin Karen Schultz in der Nachbarschaft war, kaufte er seine Bananen hier“, sagt Beuck.
Beuck ist ein Sammler. Er holt einen Aktenordner aus dem Regal mit vielen Zeitungsausschnitten. Auch einen Beitrag aus der Zeitschrift „Das Neue Blatt“ hat er abgeheftet. Der Titel: „Boris & Karen. Die drei großen Gefahren für ihre Liebe.“ Auf einem Foto schlendert Boris Becker an dem Eckladen von Uwe Beuck vorbei, in der Bildunterschrift steht: „Boris beim Einkauf: In Hamburg holte er die Brötchen, während Karen Kaffee kochte.“
Eppendorf: Fußballlegende Felix Magath kaufte Champagner bei Uwe Beuck
An die Gestelle, auf denen Obst und Gemüse liegen, kann sich Beucks Sohn Sebastian noch gut erinnern. Der 45-Jährige verbrachte seine Kindheit in dem Laden seiner Eltern, hat seinen Vater immer unterstützt. Aber beruflich macht er etwas anderes: „Diese Gestelle waren immer so schwer, wieder ins Geschäft zu schieben“, sagt er und lacht.
Das war eine Zeit, in der Uwe Beuck und seine Angestellten richtig viel zu tun hatten: „Die Leute standen bei mir Schlange. Zu Spitzenzeiten waren es 360 Kunden am Tag.“
Er kann so einige prominente Kunden aufzählen, die bei ihm einkauften: Hamburgs Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi zum Beispiel und Hans-Ulrich Klose, der vergangenes Jahr verstorben ist. Und dann war da noch Fußballlegende Felix Magath. „Zu seinen HSV-Zeiten kaufte er Champagner bei mir.“
Eppendorfer schätzen die große Weinauswahl in dem Feinkostladen
Prominente sind das eine, aber das andere sind die vielen Stammkunden aus dem Viertel, die in dem Eckladen Aufstrich, frische Brötchen und Co. kaufen. Seit Ende der 1990er-Jahre wurde es zwar weniger, weil Supermärkte eben doch alles in einer größeren Auswahl anbieten. Aber für Kleinigkeiten, die im Haushalt noch fehlen, kommen die Eppendorfer gern zu ihm. Vor allem aber für die große Weinauswahl.
Mit der Unterstützung seines Sohnes hatte sich Uwe Beuck irgendwann auf Weine spezialisiert. Und während Corona war der kleine 55 Quadratmeter große Laden besonders beliebt. Das Geschäft lief. „Die Leute wollten nicht in großen Supermärkten mit so vielen Menschen einkaufen“, sagt Sebastian Beuck.
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Von Eppendorf geht es bald zum größten Großmarkt der Welt nach Paris
Und auch zu Weihnachten lief es noch einmal richtig gut. In den vergangenen Wochen, kurz bevor nun endgültig Schluss ist, scheint es so, als deckten sich die Eppendorfer noch einmal ordentlich mit Weinvorräten ein – derzeit verkauft Uwe Beuck seine Weine kistenweise.
Wenn der Laden Anfang März seine Türen schließt, verschwindet eine Institution. Uwe Beuck wird sich dann seiner großen Leidenschaft widmen: dem Kochen. Weil sein Ladengeschäft immer sein zweites Wohnzimmer war, stehen dort hinten in der Ecke viele seiner Kochbücher.
Mehr als 120 Kochbücher hat er in all den Jahren gesammelt. Sein Wunsch ist es, nach Paris zum Großmarkt Rungis zu fahren, dem größten Wochenmarkt der Welt. „Da wollte ich immer mal hin.“ Nun ist endlich Zeit dafür.