Hamburg. Stadtteilschule Hebebrandstraße startet 2024. Doch Umbau verzögert sich massiv. Leiterin und Eltern besorgt. Das sagt die Behörde.
Für Elena Veit und ihre Familie war eigentlich alles klar. Ihre beiden Töchter Charlotte und Emilia sollten vom Sommer 2024 an auf die neue Campus-Stadtteilschule Hebebrandstraße in Hamburg-Winterhude gehen – eine neu gegründete Schule um die Ecke.
„Das offene Lernkonzept einer Stadtteilschule mit Gymnasialzweig hat uns wirklich überzeugt“, sagt die Mutter. „Für uns ist das genau der richtige Ort zum Lernen für die beiden Mädchen.“ Dass der Unterricht wegen des Umbaus des Schulgebäudes zunächst – etwa ein Jahr lang – in Containern auf dem Gelände stattfinden soll, nahm die Familie in Kauf.
Neue Schule in Winterhude: Umbau verzögert sich massiv – Eltern in Sorge
Doch die Nachricht, die die Familie vor wenigen Tagen erreichte, hat nun kurz vor Weihnachten noch einmal für große Unruhe gesorgt. Das Gebäude – genauer gesagt der Gebäudekomplex an der Hebebrandstraße 1, der derzeit renoviert und hergerichtet werden soll – wird nicht wie geplant fertig. Nun sollen die Kinder auf andere Räume ausweichen, die allerdings in einem anderen Standort liegen.
Die Ausweichgebäude liegen an der Kellinghusenstraße direkt neben der Grundschule Knauerstraße – von der Campus-Stadtteilschule Hebebrandstraße sind sie rund drei Kilometer entfernt. Mindestens zwei Jahre lang sollen die Jungen und Mädchen der neu gegründeten Schule nun hierherfahren.
Winterhude: neue Schule – Schulweg verlängert sich nun um drei Kilometer
„Für uns ist das ein großer Einschnitt“, sagt Elena Veit. „Der Schulweg wächst damit von zwei Kilometern auf fünf Kilometer an.“ Die Mutter ist enttäuscht. „Es wurde überall Werbung für die neue Schule gemacht – und nun das.“
Der Schulweg sei ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für oder gegen eine Schule. Veit: „Diese Nachricht hat noch einmal alles durcheinandergewirbelt.“ Ihre beiden Mädchen hätten in den vergangenen Tagen mehrfach geweint. „Sie hatten sich so auf diese Schule gefreut, und nun wissen wir nicht, was wir machen sollen.“
Schule Hamburg: Verzögerungen beim Umbau – auch Schulleiterin enttäuscht
Die Schulleiterin der neuen Campus-Stadtteilschule Hebebrandstraße, Maike Schubert, bestätigt die Verzögerungen beim Umbau. „Leider musste der Bezug des Schulgebäudes bereits mehrfach verschoben werden“, sagt sie und zeigt sich enttäuscht.
Das sei bei einer großen Gebäudesanierung natürlich durchaus normal. „Wir hatten mit einem Jahr Unterricht in Containern auf dem Gelände gerechnet“, sagt Schubert. Aber dass es nun wohl zwei Jahre würden und an einem ganz anderen Standort unterrichtet werde, „das tut schon sehr weh“.
Das Verzwickte: „Diese neue Information kommt zu einer Zeit, in der sich die Eltern gerade über die weiterführende Schule informieren, damit sie ihre Kinder im Januar anmelden können.“ Viele Familien seien nun verunsichert, so die Schulleiterin.
Schulleiterin besorgt: Eltern bekommen von der Verzögerung nichts mit
Dazu sei es schwer, die Eltern über die neue Situation zu informieren. „Wir haben im Moment nur die Internetseite, auf der wir auf die neue Lage aufmerksam machen können. Denn noch haben wir ja keine Kontakte zu potenziellen Eltern“, sagt Schubert. Einige Mütter und Väter hätten sich bereits entschieden und würden nun vermutlich nicht mehr regelmäßig auf die Internetseite schauen. „Und die werden dann irgendwann von dem neuen Standort komplett überrascht.“
Auch deshalb habe sie bereits die Grundschulen im Umfeld informiert. „Allerdings haben die nun sicherlich auch Besseres zu tun, als die Eltern ihrer Viertklässler über unsere neue Planung in Kenntnis zu setzen.“
Neue Schule in Winterhude: Leiterin befürchtet weniger Anmeldungen
Beunruhigt ist Maike Schubert auch, weil sie nun mit deutlich weniger Anmeldungen für ihre neue Schule rechnet. „Die Schule ist sechszügig geplant“, sagt sie. Sicherlich, in den ersten Jahrgängen sei erst einmal mit weniger Jungen und Mädchen zu rechnen. „Aber der Bedarf in der Region ist groß.“ Jetzt habe sie Sorge, dass höchstens zwei Klassen für den fünften Jahrgang zusammenkommen. „Und das wäre wirklich bitter.“
Die Schulbehörde Hamburg bestätigt die Verzögerungen. Leider könne die Campus-Stadtteilschule Hebebrandstraße nicht wie geplant am Standort Hebebrandstraße 1 starten, heißt es. „Der Grund sind Schadstofffunde und ein zurzeit nicht für Schulen genehmigter Brandschutz in den Gebäuden“, sagt Schulbehördensprecher Peter Albrecht.
Schulbehörde Hamburg: Immer wieder Probleme bei Neugründungen
Deshalb müsse die Schule an der Kellinghusenstraße starten. „Dies ist ein vor Kurzem hergerichtetes Berufsschulgebäude neben der Grundschule Knauerstraße.“ Das Gebäude werde in der Zwischenzeit noch so hergerichtet, dass die Schule dort gut im Sommer starten könne. „Die Schulen liegen vier U-Bahn-Haltestellen auseinander.“
Albrecht verweist darauf, dass bei Neugründungen immer wieder Probleme auftreten. „Auch andere Schulen sind zunächst an Ausweichstandorten gestartet – etwa das Struensee Gymnasium, das Gymnasium Rotherbaum oder der Campus HafenCity, dort sogar in einem Containerdorf“, sagt er. „Das hat de facto aber keine Auswirkungen auf die Anmeldezahlen gehabt, weil die meisten Eltern mittelfristig denken und wissen, dass ihr Kind den weitaus größten Teil der Schulzeit dann an dem erwünschten Standort haben wird.“
Neue Schule: Umbau verzögert sich – auch wegen Schadstoffbelastung
Albrecht betont, dass eine umfangreiche Sanierung der großen Gebäude an der Hebebrandstraße oberste Priorität hat. „Die Gebäude stehen jedoch unter Denkmalschutz und bergen zudem einige besondere technische Probleme.“ Demnach entspricht der Brandschutz momentan nicht den Anforderungen an Schulen und wird nach umfangreichen Abstimmungen mit den Zulassungsbehörden nun angepasst. „Dies ist ein enorm hoher Aufwand“, so Albrecht.
Zudem seien bei einer Prüfung des Gebäudes Schadstoffe gefunden worden. Damit steige der Aufwand der Beseitigung und Sanierung. „Die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler in den Schulgebäuden ist für uns ein sehr hohes und wichtiges Gut. Die Maßnahmen sind daher unabdingbar erforderlich und werden mit Hochdruck betrieben“, sagt der Schulbehördensprecher.
Längerer Schulweg – Behörde verweist auf „sehr gut ausgebautes HVV-Netz“
Auch zu dem nun deutlich längeren Schulweg äußert sich Albrecht. „Die Zumutbarkeit eines Schulweges ist nach ständiger Rechtsprechung eine Abwägung im Einzelfall“, sagt er. Aus vergangenen rechtlichen Klärungen wisse die Behörde, dass sogar Schulwege von mehr als fünf Kilometern durchaus für Fünftklässler als zumutbar gelten könnten, „zumal Hamburg über ein sehr gut ausgebautes HVV-Netz verfügt“.
Um ihre Wunschschule zu erreichen, nähmen Schülerinnen und Schüler oft weit längere Schulwege in Kauf. Albrecht: „In Hamburg haben wir das Recht auf freie Schulwahl, sodass bei der Auswahl der Wunschschule die Sorgeberechtigten ganz individuell entscheiden können, welchen Weg zur Wunschschule sie für ihr Kind noch als zumutbar empfinden.“
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Winterhude: Schulleiterin will mit Konzept überzeugen – trotz Verzögerungen
Maike Schubert hofft, dass viele Eltern sich trotz des weiteren Schulwegs für ihre Schule entscheiden. „Ich bin überzeugt von dem Konzept unserer Schule“, sagt sie. Außerdem gehe es nur um zwei Jahre. „Die viel längere Zeit werden die Jungen und Mädchen dann in den neuen Gebäuden an der Hebebrandstraße lernen können. Und das ist es doch, was zählt.“
Familie Veit hat sich noch nicht endgültig für oder gegen die neue Schule in Winterhude entschieden. „Wir werden jetzt über Weihnachten das Für und Wider diskutieren und dann im Januar entscheiden, was wir tun“, sagt Elena Veit.