Hamburg. YouTuber Lion Salijevic ist regelmäßig in der City unterwegs und sucht nach Menschen für spontane Interviews. Auch Promis dabei.
Die Entwicklungspsychologie ist mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass Langeweile extrem wichtig für die kindliche Entwicklung ist. Denn aus dem temporären Fehlen von Ablenkung, Angebot oder Aktivität entsteht nach einer Weile etwas Besonderes: Kreativität. Das erfuhr auch der Hamburger Lion Salijevic, der sich als Filialleiter in unterschiedlichen Modeunternehmen zusehends langweilte.
Er sehnte sich nach mehr Abwechslung, liebäugelte mit der Schauspielerei, drehte in seiner Freizeit Comedy-Videos am Jungfernstieg – „zum Beispiel Furz-Pranks“ für Youtube, sagt der 30-Jährige. Ein eher mühsames Geschäft, wollten sich doch die wenigsten der veräppelten Protagonisten hinterher im Netz veröffentlicht wissen.
Jungfernstieg: Hamburger YouTuber wurde reich mit Videos
Online stieß Lion Salijevic schließlich auf einen erfolgreichen britischen Influencer, der sein Interesse an Mode mit einer simplen Idee verbunden hat. „Da wusste ich – das will ich auch machen“, sagt Salijevic.
Und so zog er los, nach Feierabend, am Wochenende. Wie der Brite stellte er fremden Menschen am Neuen Wall, am Jungfernstieg und auf dem Rathausmarkt immer die gleiche Frage: „Wie viel ist dein Outfit wert?“
Und darauf bekam er Antworten, immer mehr. „Mir kam da zugute, dass ich im Einzelhandel gearbeitet hatte und weiß, dass man nicht aufdringlich sein sollte, offene Fragen stellen muss“, sagt der in Stellingen aufgewachsene Unternehmer. „Über Mode und das Zusammenstellen von Outfits hatte ich viel gelernt, und so passte da alles.“
LionTV: Mit Videos auf Facebook, Insta und YouTube verdient er sein Geld
Die ersten Videos „gingen sofort viral“, sagt Salijevic, wurden auf Plattformen wie YouTube, Facebook und Instagram sehr oft angeschaut. Sehr oft heißt nach Angaben von Lion Slijevic: etwa um die 100.000-mal. Inhaltlich geht es immer darum, wie hoch die Kosten für einzelne Kleidungsstücke oder Accessoires waren und welche Marken sich dahinter verstecken.
Ein Beispiel von ihm selbst aus einem TV-Auftritt: Hose, Zara, 40 Euro; Gürtel, Gucci, 280 Euro; Sakko aus dem Sale für 30 Euro; Hemd für 50 Euro; roségoldene Uhr, 37.000 Euro. Insgesamt also 37.400 Euro.
Mittlerweile ist sein Business nicht mehr von Zufall oder dem Spirit einer Freizeitbeschäftigung geprägt, vielmehr gehe er mittlerweile strategisch vor, beschreibt Salijevic den Aufbau seines Unternehmens LionTV: Er hat drei Semester BWL studiert, um für die Selbstständigkeit gewappnet zu sein, hat an Google-SEO-Schulung für die beste Vermarktung teilgenommen und nutzt Social Media als wichtigstes Marketing-Tool. Mittlerweile hat der YouTuber Hunderte Videos gedreht und die Frage „Wie viel ist dein Outfit wert?“ ebenso oft gestellt.
Hamburger Innenstadt: Prominente, Touristen und Hamburger antworten Lion
Auch Prominente wie Moderator Kai Pflaume, Influencer Simon Desue oder Fitness-Model Pamela Reif haben ihm schon erzählt, wie viel Geld sie für ihre Kleidung ausgegeben haben.
Das hat sich für Lion Salijevic ausgezahlt: Pro Monat bekomme er durch Werbeeinnahmen auf Facebook um die 3500 Euro pro Video. Täglich muss er dafür aber auch Content, also Bewegtbild, liefern. 327.000 Abonnenten hat er mittlerweile auf YouTube, einer weiteren Einnahmequelle. Pro 1000 Klicks verdiene er eigenen Angaben nach um die zwei Euro.
Jungfernstieg als Arbeitsplatz: Hier dreht der YouTuber seine Videos
Ausgesorgt haben würde Lion Salijevic gerne in fünf Jahren. Harte Arbeit sei das. „Dass ich nix mache, das gibt es seit sechs Jahren nicht mehr“, sagt der junge Vater. „Klar macht es mir auch Spaß, aber mir ist es auch wichtig zu zeigen, dass man als Influencer echt viel zu tun hat.“ Deshalb geht er völlig offen mit dem Thema um, zeigt in Videos auch, wie er sein Geld verdient, und bekommt dafür regen Zuspruch in den Kommentaren.
Denn auch wenn er sich auf First-Class-Flügen nach Dubai zeigt, Schuhe für 500 Euro trägt, eine Rolex für mehrerer Zehntausend Euro besitzt und sich erst kürzlich ein Haus in Tornesch gekauft hat – dahinter stecke viel Arbeit. „Ich verfilme auch meine Privatsphäre“, sagt er, „das sehe ich als Teil meines Jobs.“
Hamburg: YouTuber Lion Salijevic zeigt Kernsanierung seines Hauses
Das bedeutet: Die Solaranlage für den Balkon seines renovierungsbedürftigen Hauses wurde ihm gestellt, in Videos zeigt er, wie diese aufgebaut wird und funktioniert. Daraufhin seien neue Kooperationen zustande gekommen.
„Dann kamen Anfragen wie ,Brauchst du noch Fenster? Was brauchst du noch?’. Das ist schon nice.“ Social Media, meint Lion Salijevic, das sei wie „ein Baum, die Äste sind die Geschäftszweige“. Im Gegensatz zu einem echten Baum brauche der jedoch kein Wasser. Nur Reichweite. Das sei alles, was zählt.