Die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas gedachte heute der Opfer des Amoklaufs. Auch Bürgermeister Peter Tschentscher war dabei.
- Trauerfeier der Zeugen Jehovas heute ab 15 Uhr in der Sporthalle Hamburg
- Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) war anwesend
- Teilnehmer aus 50 Gemeinden der Zeugen Jehovas
Hamburg – Die Zeugen Jehovas gedachten heute der Opfer der Amoktat mit mehreren Toten in Hamburg. Teilnehmer aus mehr als 50 Gemeinden der Zeugen Jehovas versammelten sich etwa einen Kilometer vom Tatort entfernt in der Sporthalle Hamburg.
In einer emotionalen Rede erzählte ein Sprecher der Gemeinde von erschütternden Szenen und Schicksalen jenes Abends, von dem Mann, der geistesgegenwärtig das Licht in dem Raum ausschaltete, in dem sich die Gemeinde aufhielt und so viele Leben rettete – aber sein eigenes verlor. Er erzählte von denen, die sich schützend über andere warfen – und nicht überlebten. Er dankte der Krankenschwester, die Angehörigen eines Verletzten ihre Handynummer gab und ihnen versprach, sie anzurufen, sobald der Verletzte die Augen aufschlüge.
Trauer nach Amoklauf: Warme Worte für die Verstorbenen
Mit warmen Worten erinnerte der Sprecher an die Verstorbenen, an ihre Eigenheiten, ihre besonderen Vorlieben: "Wir vermissen Dan, sein großes Organisationstalent, seine Liebe zur Natur, wir vermissen vor allem, wie aufmerksam er im Gespräch sein konnte, und seine Marzipanbrötchen. Wir vermissen Stefan, seine rheinische Frohnatur, seinen Blaumann, und seine Werkzeugkiste, wir vermissen seine selbstgebastelten Geschenke. Wir vermissen James und Marie, die so schön tanzen konnten. Marie war unsere Künstlerin, wir vermissen vor allem ihre ganz große Empathie. Wir vermissen Stefanie, ein Mensch, der andere Menschen absolut geliebt hat, ihre Tiefe und ihre Leichtigkeit, wir vermissen Sebastian, seine großen Hände, sein unwiderstehliches Lächeln, sein persönlichen Kommentare über die Bibel, wir vermissen auch unsere kleine Romi, die nur sieben Monate alt wurde im Bauch ihrer Mutter, unsere Versammlung hatte sich schon gefreut auf das Baby. Wir trauern um unsere Toten, ein Teil von ihnen wird bei uns bleiben."
"Wir trauern mit den Angehörigen der Toten", sagte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher. "Aus vielen Städten in Deutschland und aus anderen Ländern erreichen mich Briefe, die die Anteilnahme ausdrücken", sagte Tschentscher. "Es ist erschütternd, was Menschen einander antun", sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit. Sie erinnerte dran, dass die Zeugen Jehovas ein Leben in Unauffälligkeit vorziehen. "In einer der schlimmsten Situationen, die man sich vorstellen kann, stehen sie im Licht der Öffentlichkeit. Das ist sicher nicht einfach".
Trauer nach Amoklauf: 134 Menschen haben sich im Kondolenzbuch eingetragen
Die Trauerfeier bestehe aus zwei Teilen, sagte der Sprecher der Zeugen Jehovas in Norddeutschland, Michael Tsifidaris. "Wir werden im ersten Teil der Veranstaltung den religiösen Teil erleben in Form eines Gottesdienstes. Es wird eine Gedenkansprache gehalten. Und im Anschluss haben die Vertreter von Stadt und Land die Möglichkeit, sich an die Angehörigen zu wenden."
- Kirchen gedenken der Toten – Zeugen Jehovas fehlen
- Gutachter stuft Philipp F. als „religiösen Fanatiker“ ein
- Nach Amoklauf: Linke fordern Rücktritt von Polizeipräsident
Da der der Platz begrenzt ist, verwies Tsifidaris auch auf die Möglichkeit, seine Anteilnahme in dem derzeit im Rathaus ausliegenden Kondolenzbuch auszudrücken. Das hatten bislang 134 Personen getan, wie eine Sprecherin des Hamburger Senats auf Abendblatt-Anfrage mitteilte. Das Buch lag seit dem 18. März im Rathaus für eine Woche aus. Anschließend werde es nach einer gewissen Zeit an den Sprecher der Jehovas Zeugen Hamburg, Michael Tsifidaris, übergeben – so die Sprecherin.
Der 35 Jahre alte Philipp F. hatte vor zwei Wochen bei einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg sieben Menschen getötet – darunter ein ungeborenes Kind. Anschließend brachte er sich selbst um. Neun weitere Menschen wurden bei der Amoktat verletzt.