Hamburg. Hamburg gibt Filetstück für Hochhaus in Winterhude an Investor. Seitdem wechselte mehrfach der Eigentümer – gebaut wurde nicht.
Was für die einen private Bodenspekulation mit aktiver amtlicher Hilfe ist, sehen die anderen bloß als normale Wohnungsbautätigkeit mit komplexen rechtlichen Begleiterscheinungen. In Sachen Hamburg-Winterhuder Pergolenviertel prallen die Meinungen zum 18-geschossigen Wohnturm in der ehemaligen Kleingartenanlage im Stadtteildreieck von Winterhude, Barmbek und Alsterdorf hart aufeinander.
Die Linke bescheinigte Finanzbehörde und Bezirksamt Nord, mit einer großzügigen Nachbesserung beim Baurecht Spekulanten belohnt zu haben. Die Grünen dagegen verteidigten ihren Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz (Grüne) und warfen der Linken vor, mit sachlich unhaltbaren Skandalisierungen Bauverhinderungspolitik zu betreiben.
Pergolenviertel: Baumasse wuchs um mehr als die Hälfte
Die fragliche 6500 Quadratmeter große ehemalige Kleingartenfläche am Bahnhof Rübenkamp, dem Baufeld vier des zehn Baufelder umfassenden Winterhuder Pergolenviertels, hat mal der Stadt gehört. Sie gab es 2017 der Nord Projekt Immobilien für Wohnungsbau anhand. 2019 stieg Wohnkompanie bei Nord Projekt ein und firmierte kurz darauf als alleiniger Eigentümer. Ende 2020 signalisierte der Bezirk, das Planrecht für das Grundstück ändern zu wollen und statt der baurechtlich zunächst vorgegebenen zehn Geschosse 18 genehmigen zu wollen.
- Warum Experten fordern, mehr zu sanieren statt abzureißen
- Neues Leben in alten Hamburger Arbeitervierteln
- Was Wohnungen in Hamburg nun schon kosten
Damit wuchs die Baumasse von 21.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche um gut die Hälfte auf 34.000 Quadratmeter. Nach der Öffentlichen Auslegung des B-Planes wurde auf der Basis der sogenannten "vorgezogenen Vorweggenehmigungsreife" des noch nicht rechtskräftig festgestellten Bebauungsplanes die Baugenehmigung erteilt und damit der erhoffte Planungsgewinn für das Grundstück mit einem amtlichen Garantie-Siegel versehen. Zeitgleich mit dem ersten Spatenstich verkaufte die Wohnkompanie dann im Juli 2021 das Grundstück samt Baurecht an die Erlanger Zentral Boden Immobilien Gruppe (ZBI).
"Warum gibt die Stadt ihren Boden für so etwas her?"
Marco Hosemann, der für die Linke im Planungsausschuss der Bezirksversammlung Nord sitzt und Sprecher der Linken-Landesarbeitsgemeinschaft Stadtentwicklung und Wohnen: "Damit hat der Boden mit wenigen Federstrichen erheblich an Wert gewonnen. Und der vermeintliche Investor hat weiterverkauft und den Zugewinn eingestrichen, ohne eine einzige Wohnung gebaut zu haben. Zu Lasten der künftigen Mieter. Denn der neue Käufer wird hohe Mieten nehmen müssen, um den gestiegenen Kaufpreis erwirtschaften zu können. Es ist uns absolut unverständlich, dass die Stadt ihre Grundstücke für so etwas hergibt."
Der Grünen-Fraktionschef im Bezirk Nord, Timo B. Kranz, hält dagegen. "Ich kann mich nicht erinnern, von der Linken im Bezirk Nord schon mal ein Ja zu einem größeren Bauvorhaben gehört zu haben." Es gebe am Winterhuder Wohnturm aber nichts zu skandalisieren. Von Anfang an sei klar gewesen, dass die zehn Geschosse im Bebauungsplan auf die 18 im Architektenwettbewerb empfohlenen Geschosse wachsen würden. Es habe wegen der Einflugschneise für den Flughafen lediglich formalrechtliche Gründe gegeben, weshalb die 18 Geschosse nachträglich und einzelfallbezogen genehmigt werden mussten.
Grüne sehen keinen Skandal, sondern das Wettbewerbsergebnis
"Es gibt also keinen Skandal, sondern nur ein städtebauliches Wettbewerbsergebnis, das umgesetzt wurde", sagt Kranz. Der neue Eigentümer, die Erlanger ZBI, wird 20 Appartements für das Projekt "Hier wohnt Hamburgs Jugend" realisieren, 81 frei finanzierte Appartements und 78 frei finanzierte Mietwohnungen. Allerdings baut sie nur 166 statt der zunächst vorgesehenen 200 öffentlich geförderten Studenten- und Azubi-Wohnungen. Zusätzlich entstehen Praxen und Gewerbeflächen, eine Kita und ein Lebensmittelladen. Die ZBI kaufte das Objekt für ihren offenen Immobilienfonds "Unilmmo".