Hamburg. 22.000 Euro pro Quadratmeter: Die Preise für Eigentum durchbrechen die Schallmauer. Dennoch sind Projekte oft im Voraus ausverkauft.
Direkt an der Strandkaipromenade zwischen Marco-Polo-Tower und Elbphilharmonie entsteht derzeit The Crown Strandkai. Das neue Wohnhochhaus in der HafenCity wird 58 Meter hoch aufragen, die Fertigstellung ist für das dritte Quartal 2023 geplant.
Bereits zwei Jahre zuvor sind die meisten der 75 Wohnungen verkauft – zum Durchschnittspreis von 18.100 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Deutlich über 20.000 Euro pro Quadratmeter müssen Käufer mitbringen, wenn sie eine der wenigen noch freien Einheiten erwerben möchten. Die sind zwischen 229 und 426 Quadratmeter groß und kosten 5,3 bis elf Millionen Euro.
Immobilien: Studie nimmt Neubauten in den Blick
Das geht aus einer aktuellen Studie des Hamburger Unternehmens Bulwiengesa hervor, das regelmäßig Analysen über Entwicklungen auf den Immobilienmärkten erstellt. Nun hat Bulwiengesa gezielt die Neubauprojekte für Eigentumswohnungen in Hamburgs zentralen und innenstadtnahen Stadtteilen in den Blick genommen. Das Ergebnis: In den kommenden drei Jahren bis Ende 2024 werden dort an insgesamt 32 Standorten genau 1345 Wohnungen fertiggestellt. Bei 24 dieser Projekte (siehe Grafik unten) ist der Bau bereits gestartet. Die anderen Projekte sind entweder bereits fertiggestellt oder noch in der Planungsphase, während die Vermarktung bereits läuft.
Die Nachfrage ist in jedem Fall immens. „Gute Vermarktungserfolge belegen die nach wie vor hohe Nachfrage nach Eigentumswohnungen, die sich auch in einer dynamischen Kaufpreisentwicklung der letzten Jahre widerspiegelt“, sagt Oliver Strege von Bulwiengesa. Man muss den Immobilienexperten so verstehen: Den Anbietern werden die Wohnungen von Käufern förmlich aus den Händen gerissen, obwohl die Preise immer weiter steigen.
So ist es auch gleich nebenan vom Crown Strandkai beim Bauprojekt Fifty9 Strandkai. Die Wohnungen dort sind mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 13.900 Quadratmeter etwas weniger teuer als in dem 58-Meter-Wohnturm. Von den insgesamt 76 Einheiten sind aber nur noch drei verfügbar. Die günstigste davon hat eine Wohnfläche von 309 Quadratmetern und kostet 5,6 Millionen Euro. Für einen Tiefgaragenplatz kommen noch mal 50.000 Euro drauf.
Wohnungen in Hamburg vor Fertigstellung fast ausverkauft
Von den neuen Projekten entstehen allein fünf in der HafenCity. Die niedrigsten Quadratmeterpreise liegen dort bei 9000 Euro. Das beeinträchtigt die Nachfrage keineswegs. So sind von den 128 Wohneinheiten des Projekts Roots, dem ersten Holzhochhaus Deutschlands, dessen Bau gerade begonnen hat, laut der Studie nur noch drei verfügbar, obwohl die Fertigstellung erst 2024 erfolgt.
Offenbar ziehen der unverbaubare Blick auf das Hafenbecken und das für die Wohnungsbau noch ungewohnte Baumaterial die Interessenten besonders stark an. Gut ein Drittel (insgesamt 470) aller neuen Eigentumswohnungen, die in Bau oder Planung sind, entstehen in dem jungen Stadtteil. „Dort herrscht naturgemäß eine deutlich höhere Flächenverfügbarkeit als in den alsternahen Stadtteilen, sodass größere Bauprojekte wie Roots und der Wohnturm Fifty9 Strandkai realisierbar sind“, sagt Strege.
Im Schnitt mehr als 10.000 Euro pro Quadratmeter
Preislich wird die HafenCity allerdings von einer exklusiven Adresse wie der Alten Rabenstraße in Rotherbaum noch getoppt. Der Neubau dort mit nur fünf Wohneinheiten in unmittelbarer Nähe zur Außenalster ist mit einem Durchschnittspreis von 22.600 Euro pro Quadratmeter aktuell Hamburgs teuerstes Neubauprojekt bei Eigentumswohnungen. Von den fünf Wohnungen sind noch zwei für jeweils rund 3,7 Millionen Euro zu haben.
Die günstigsten Projekte mit Preisen von weniger als 8000 Euro pro Quadratmeter liegen am Rande des Untersuchungsgebiets in Lokstedt, Eilbek und Barmbek-Nord. Die in der Studie ermittelten Angebotspreise sind auf im Durchschnitt rund 10.220 Euro je Quadratmeter Wohnfläche gestiegen. Das entspricht einem Plus von rund zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die aktuelle Untersuchung belegt damit auch, wie stark innerhalb kurzer Zeit die Preise für Neubau-Eigentumswohnungen angezogen sind.
Noch im Februar hatte das Maklerunternehmen Grossmann & Berger für dieses Jahr durchschnittlich 9400 Euro je Quadratmeter für neue Eigentumswohnungen und konstante bis moderat steigende Preise vorhergesagt. Auch das bezog sich auf Objekte in besonders gefragten Stadtteilen wie Altona, Barmbek-Nord, Eppendorf, Ottensen, St. Georg oder HafenCity. Diese vor acht Monaten gegebene Prognose stand jedoch stark unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Frank Stolz, der Geschäftsleiter Neubau Hamburg bei Grossmann & Berger, schränkte kurz nach Jahresbeginn wohlweislich ein: „Eine genaue Prognose für die weitere Preisentwicklung ist zum jetzigen Zeitpunkt zu ungewiss.“
Teures Baumaterial treibt Neubaupreise hoch
Einer der Gründe für den weiteren Preisauftrieb: Bauleistungen und Baumaterialien sind deutlich teurer geworden. Die Neubaukosten von konventionell gefertigten Wohngebäuden waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im August 2021 um 12,6 Prozent höher als im August 2020. „Der Haus- und Wohnungsbau hat sich aufgrund der knappen Rohstoffe sowie fehlenden Fachkräfte deutlich verteuert“, sagt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei von Poll Immobilien.
Vor allem bei bereits laufenden Bauprojekten sorgten gestiegene Materialkosten nun für Schwierigkeiten, berichtet der Immobilienexperte Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW): „Es gibt Projektentwickler, die Probleme haben, weil sie vor einiger Zeit zu Festpreisen verkauft haben und jetzt feststellen, dass die Kosten aus dem Ruder laufen.“
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Es liegt deshalb auf der Hand, dass Objekte, die noch nicht verkauft sind, im Laufe der Vermarktung teurer werden – und so auch den Durchschnittspreis weiter in die Höhe treiben. „Es ist in der Branche üblich, dass im Laufe einer mehrjährigen Vermarktung die Verkaufspreise der Wohnungen angepasst werden. In dieser Phase heißt das eben: nach oben“, sagt Norbert Schumacher, Regionalleiter Hamburg des Projektentwicklers Bonava.
Die Käufer aber verschreckt auch das offenbar nicht. In einer ganzen Reihe der von Bulwiengesa untersuchten Neubauprojekte sind nur noch wenige Wohnungen – zumeist die besonders großen und teuren – unverkauft. So ist das größte Projekt Amanda am Lindenpark mit 169 Einheiten zu einem Durchschnittspreis von 8000 Euro je Quadratmeter komplett ausverkauft – rund ein Jahr vor Fertigstellung. Das dürfte mit der Lage zusammenhängen: Zwischen dem Schanzenviertel und dem ruhigen Westen Eimsbüttel. Die Wohnungen gruppieren sich um einen begrünten und autofreien Innenhof. Das mit einem Quadratmeterpreis von 6800 Euro günstigste Projekt Hofviertel Eilbek 328 ist ebenfalls bereits verkauft, allerdings sollen die Bewohner dort auch noch in diesem Jahr einziehen können.
Wo noch Wohnungen in Hamburg frei sind
Potenzielle Käufer werden aber noch fündig. Bei unter 8000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche liegt etwa das Projekt Helling an der Dieselstraße. In dem Rotklinkerbau in Barmbek-Nord waren zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Studie noch 19 Einheiten verfügbar. Noch 15 Wohnungen gibt es demnach im Projekt Leo in der Oberaltenallee, weitere elf in den Waterlofts an der Kanalstraße – allerdings kostet die günstigste noch unverkaufte Wohnung dort 1,5 Millionen Euro. Die Uhlenhorst hat ihren Preis. Elf Einheiten sind noch im Projekt My One zu verkaufen. Beim Projekt Barmbeker Jung am Stadtpark stehen noch 13 Wohnungen zum Verkauf. Generell gilt: Kleine Einheiten sind in der Single-Stadt Hamburg zuerst verkauft.
Im laufenden Jahr 2021 werden laut der Untersuchung acht Projekte mit insgesamt 166 Wohneinheiten fertiggestellt. 2022 ist mit dem Abschluss von 14 Projekten (646 Wohnungen) zu rechnen. Bis Ende 2024 ist die Fertigstellung weiterer zehn Bauprojekte mit zusammen 533 Einheiten geplant. Die künftigen Bewohner werden eine noch überschaubare Anzahl neuer Nachbarn haben. An der Mehrzahl der Standorte entstehen nicht mehr als 40 Eigentumswohnungen. In den zumeist bereits dicht bebauten, zentralen Stadtteilen gibt es – anders als in der HafenCity – keine Grundstücke mehr für große Bauvorhaben.