Hamburg. Flughafenchef sagt, der Stromausfall sei nicht zu verhindern gewesen. Experte nennt Alternativen, die ihn hätten verhindern können.

Die Mundwinkel nach unten gezogen, die Stimme gedämpft – Flughafenchef Michael Eggenschwiler hat sich am Dienstag im Rathaus zerknirscht gezeigt. Zwar lief der Betrieb am Hamburg Airport Helmut Schmidt wieder normal, doch der Stromausfall vom Sonntag wirkte nach. „Das war furchtbar unglücklich, das Ganze“, sagte Eggenschwiler mit Blick auf Tausende Urlaubs- und Geschäftsreisende, die durch die Einstellung des Flugbetriebs von Sonntagvormittag bis Montagmorgen in Hamburg gestrandet waren.

Die Folgen für das Ansehen des Flughafens seien noch nicht absehbar. „Wir haben viel Aufmerksamkeit bekommen“, sagte Eggenschwiler sarkastisch. „Ich hoffe, dass wir den Imageschaden relativ kleinhalten können.“

Absehbar sei hingegen der finanzielle Schaden für den Flughafen: So koste der Stromausfall den Airport nach ersten Schätzungen rund eine halbe Million Euro, sagte Eggenschwiler. Dafür komme wohl keine Versicherung auf, die Kosten trage der Flughafen.

Ein Fall von „höherer Gewalt“?

Es handele sich um einen Fall von „höherer Gewalt“. Deshalb wird es wohl für betroffene Passagiere keine Entschädigung geben. Eggenschwiler bedauerte, dass es auch bei der Kommunikation mit den Reisenden Probleme gab, schon wegen der zunächst ausgefallenen Lautsprecher. Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) bat die betroffenen Flugreisenden um Verständnis: „Das tut uns allen sehr leid.“

Es sei ein „bitterer Tag“ für Reisende gewesen, sagte der Fraktionschef der FDP in der Bürgerschaft, Michael Kruse. Er forderte, die Stadt als Mehrheitseigner des Flughafens „sollte prüfen, ob die betroffenen Flughafenkunden entschädigt werden können“.

Der Anwalt Ronald Schmid vom Rechtsdienstleiter FairPlane sagte, sofern die Ursache des Stromausfalls im Verantwortungsbereich des Flughafens liege, werde man „nicht von einem außergewöhnlichen Umstand ausgehen können“. In diesem Fall müssten laut Schmid die Fluggesellschaften für den Fehler des Flughafenbetreibers haften.

Defektes Kabel war 15-20 Jahre alt

Der Blackout ist laut Flughafen zurückzuführen auf einen Kurzschluss in einem 400-Volt-Kabel, dessen Isolierung defekt gewesen sei. „Wir hatten keine Anzeichen eines Schadens im Vorfeld“, sagte Eggenschwiler. „Das sind Kabel, die es überall gibt, die bisher nicht zu Beanstandungen geführt haben.“ Der Kurzschluss sei „sehr, sehr stark“ gewesen, sodass auch andere Kabel beschädigt wurden. Das defekte Kabel sei 15 bis 20 Jahre alt gewesen. Ingenieuren des Flughafens zufolge sollten solche Kabel normalerweise 70 bis 80 Jahre halten, sagte Airport-Sprecherin Stefanie Harder.

Zur Einstellung des Flugbetriebs habe es keine Alternative gegeben, sagte Carsten Brandt, Dienststellenleiter der Hamburger Luftaufsicht. „Auch wenn jemand die Leitungen am Tag zuvor inspiziert hätte, hätte er vermutlich keinen Schaden feststellen können.“

Eggenschwiler erklärte, es gebe an den Stromkabeln „regelmäßige Wartungskontrollen“ – ohne genauer sagen zu können, was „regelmäßig“ bedeutet.

Kraftwerk fiel vollständig aus

2017 erhielt der Flughafen eine Zertifizierung von der Europäischen Luftsicherheitsbehörde (EASA). Diese schreibe vor, dass Flughafenbetreiber zwei voneinander unabhängige Stromnetze vorhalten, sagte Staatsrat An­dreas Rieckhof. Falle ein Versorger aus, müsse der Flugbetrieb beendet werden. Der Hamburger Flughafen ist zum einen an das öffentliche Stromnetz angeschlossen und wird zum anderen von einem Blockheizkraftwerk versorgt – dort trat der Defekt auf.

In dem Kraftwerk seien immer vier von sechs Generatoren aktiv; zwei Generatoren fungierten als Notstromversorger – dieses Konzept sei normalerweise ausreichend, sagte Flughafenchef Eggenschwiler auf die Frage, ob nicht ein drittes Stromnetz sinnvoll sein könnte, um einen Blackout wie am Sonntag zu verhindern.

Firma: Stromausfall wäre vermeidbar

„Wenn zwei Systeme nicht reichen, muss es eine dritte unabhängige Stromquelle geben“, sagte Andreas Schröter von der Firma DNV GL, die Beratungen und Zertifiziererungen für die Energiewirtschaft anbietet. Außerdem gebe es „technische Lösungen, die einen Stromausfall, wie wir ihn am Hamburger Flughafen beobachtet haben, vermeiden“. Schröter nannte etwa Systeme, die Funksignale zu Sensoren der Kabel sendeten und die Resonanz meldeten. Brüchige Isolierungen würden so frühzeitig angezeigt. Diese Systeme könnten eine dritte unabhängige Stromquelle weitestgehend ersetzen.

Eggenschwiler wollte diese Darstellung nicht kommentieren. „Ich kenne den Herrn nicht und glaube, er war auch nicht am Flughafen. Aber wir werden klären, welche weiteren Möglichkeiten der Überprüfung es gibt.“