Klein-Borstel. Statt mit den Anwohnern über einen Vergleich zu verhandeln will die Stadt zunächst ohne Bürgerbeteiligung einen Bebauungsplan machen.

Nach der Niederlage im Streit um die Flüchtlingsunterkunft Klein Borstel drückt der Senat aufs Tempo. Er hat den Bezirk Nord jetzt angewiesen, ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten und so Baurecht für die 13 Modulhäuser im ehemaligen Anzuchtgarten des Ohlsdorfer Friedhofes zu schaffen. Dabei solle er „alle gegebenen Beschleunigungsoptionen“ nutzen. Schon der erste übliche Verfahrensschritt, die öffentliche Plandiskussion, soll ausgelassen werden. Die Bevölkerung sei bereits angehört worden, hieß es. Außerdem sind die Behörden angewiesen worden, alle erforderlichen Stellungnahmen „unverzüglich“ beizubringen.

Der Anwohner-Anwalt Gero Tuttlewski von der Kanzlei Klemm & Partner bedauerte die „mangelnde Bereitschaft der Stadt, mit den Bürgern ins Gespräch zu gehen“ und sprach von einem „Geburtsfehler“ des Bebauungsplanes. „Wir werden uns nicht einschüchtern lassen.“ Die Stadt hatte die Gesprächsangebote der Anwohnerinitiative, die die Zahl der Flüchtlinge in der Einrichtung reduziert sehen möchte, zunächst ausgeschlagen.

Polizeirecht könne geltende Gesetze nicht außer Kraft setzen

Das Hamburger Verwaltungsgericht hatte einer Anwohnerklage gegen den schon laufenden Bau der Modulhäuser für 700 Flüchtlinge stattgegeben und einen Baustopp verhängt. Die Stadt und ihr Betrieb Fördern & Wohnen hatten gegen den noch gültigen Bebauungsplan, der „friedhofsnahe Nutzungen“ auf der Grünfläche vorsieht, auf der Basis des Polizeirechts ohne Baugenehmigung mit dem Bau begonnen. Nach diesem Muster verfährt die Stadt bereits bei mehr als 45 weiteren Flüchtlingsunterkünften.

Die damit verbundenen Einschränkungen der Nachbarschaftsrechte begründet die Stadt mit der „Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“, die von der drohenden Obdachlosigkeit von Flüchtlingen ausgehe. Das Gericht war im Fall der Klein Borsteler aber der Meinung, dass das Polizeirecht geltende Gesetze nicht außer Kraft setzen könne.

Anwohner-Anwalt Tuttlewski warf der Stadt vor, der „größte systematische Schwarzbauer Hamburgs“ zu sein. Mittlerweile beginnnen die Bürgerinitiativen, sich zu vernetzen und einen gemeinsamen Widerstand gegen die umstrittene Baupraxis bei Flüchtlingshjeimen zu organisieren.

Die Stadt will die Rechtslage von der nächst höheren Instanz, dem Oberverwaltungsgericht, klären lassen, aber trotzdem keine Zeit verlieren und parallel das fehlende Baurecht auf der Fläche schaffen.