Uhlenhorst. Kurt Pritsch hat mit Tradition Erfolg, beliefert erstklassige Hotels. Ein Rezept verdankt er der speziellen Verbindung nach Brasilien.
Bäcker Pritsch backt kleine Brötchen. Und größere. Runde und längliche, Brezeln, Brote. Törtchen, Tartes und Knäcke. Kurt Pritsch übernahm die Bäckerei von seinem Vater, der 1948 eröffnete und seinen Sohn in die Geheimnisse der Backkunst einweihte. Das Ladengeschäft an der Papenhuder Straße baute er gemeinsam mit seiner Frau Susanne aus, dazu kamen zwei Filialen.
Heute ist auch Max Pritsch in der Backstube dabei, der 30-Jährige hat nach Ozeanologie- und Politologiestudium seine Liebe zum Handwerk gefunden. Tradition, die über die Generationen hinweg weitergegeben wird, das sei ihm wichtig, sagt Kurt Pritsch. So wichtig, dass er deshalb sogar nach Brasilien reiste.
Tradition und eine überraschende Verbindung nach Brasilien
Über Facebook hatte ihn vor einigen Monaten ein Namensvetter kontaktiert, Jochen Pritsch, 62, aus Brasilien schrieb, er führe in Santa Cruz do Sul im Süden des Landes auch eine „Padaria“. Padaria Pritsch, übrigens. Ein Zufall? Kurt Pritsch erzählt mit Elan von den ersten Mails, die sie austauschten, wie sie nach Gemeinsamkeiten in den Biografien suchten. Und diese fanden: Die Familie war im Jahr 1849 aus Roßdorf in Schlesien ausgewandert, sie kamen also aus dem Ort, in welchem Kurt Pritsch Senior 1919 geboren worden war.
Die Bauern suchten in Übersee ihr Glück, bekamen Land von der Regierung zur Bewirtschaftung, entschlossen sich aber in den Folgegenerationen für den Aufbau einer Bäckerei. Besonders kurios ist die Ähnlichkeit der Schriftzüge. Kurt Pritsch lacht laut und zeigt ein Foto auf seinem iPhone: ein weißer Lieferwagen, bedruckt mit Brötchen und geschwungener Schrift – der Nachname Pritsch sieht fast genauso aus wie der Namenszug des Hamburger Bäckers. „Als ich das gesehen habe, bin ich fast umgekippt“, sagt Pritsch, „einfach unglaublich!“
Ein Besuch bei der Namensverwandtschaft in diesem Frühjahr war unausweichlich, begeistert berichtet der Bäcker von den reichhaltigen Kuchen und viel Weißbrot, Öffnungszeiten von 15 bis 21 Uhr und einem bewaffneten Sicherheitsmann vor der Tür.
Und seine herzliche Aufnahme im Kreis der großzügigen Brasilianer. „Es war wie ein Rausch. Ich habe es nicht geschafft, in dieser Zeit auch nur einen einzigen Cent auszugeben“, sagt er. Dazu nahm er sogar noch etwas mit: ein Rezept für eine besondere Mascarpone-Wähe, einem Törtchen, das er heute auch in seinen Läden verkauft. Im Gegenzug zeigte er sein Ciabatta-Geheimrezept.
Vier Jahreszeiten oder Hotel Atlantic - Lieferant erstklassiger Hotels
Und will etwas heißen: Denn dieses italienische Brot „markiert den Start in die internationale Backspezialitäten-Geschichte unserer Bäckerei“, sagt Pritsch, der – nach eigenen Angaben – als erster deutscher Bäcker vor 42 Jahren dieses Brot mit feuchtem, weichen Teig angeboten hat. Seither gilt es als Aushängeschild des Familienbetriebs, täglich werden bis zu 2000 Stück in der Backstube hergestellt. „Wir machen 75 Prozent unseres Umsatzes mit Lieferungen an erstklassige Hotels wie das Park Hyatt, Vier Jahreszeiten oder Hotel Atlantic. Dazu kommen Restaurants, Supermärkte und Feinkostläden. 25 Prozent kommt durch unsere Geschäfte und Laufkundschaft“, sagt Pritsch.
Seine Frau, mit der er auch nach der Trennung gemeinsam das Geschäft führt, nickt. 12.000 kleine Hotelbrötchen, jeden Tag. Susanne Pritsch verantwortet die gesamte Administration, wenn ihr Mann in der Backstube Neues ausprobiert und Bekanntes perfektioniert. Gerade feilt er an einem Saaten-Knäckebrot nach schwedischem Rezept.
Baguette mit original französischem Mehl bietet er längst an, das Rezept fürs Laugengebäck kommt aus dem Schwäbischen. Die Besinnung auf landestypische Spezialitäten entsprang jedoch nicht einer Laune, vielmehr „kam um das Jahr 2000 die Phase, als immer mehr Bäcker in Bahnhöfen und Supermärkten eröffneten und zu sehr niedrigen Preisen verkauften. Da mussten wir uns fragen, wie wir uns davon abheben können“, sagt Pritsch.
Weitere Expansion in Planung
Er entschied sich für „1A-Produkte, Ur-Rezepte und keine Zusatzstoffe“. Der Erfolg gibt ihm und seinem 70-köpfigen Team Recht. Die 300 Quadratmeter große und zur Straße hin gut einsehbare Backstube wird vollständig ausgenutzt, die Teigmaschinen stehen selten still, der Backofen mit den sieben Herden ist meist heiß.
14 Tonnen Weizenmehl und je vier Tonnen Roggen- und Dinkelmehl verarbeiten die Bäcker hier. Pro Woche. 403 unterschiedliche Produkte werden daraus gebacken, vom Dinkel-Kürbis-Brot über Müslistangen bis hin zu Schrippe, Schwarzbrotbrötchen und Brownies. Die große Vielfalt sei mit ein Garant für das Florieren der Bäckerei, sagt Pritsch. Und zwingt förmlich zur Expansion: Aktuell ist das Ehepaar Pritsch in Gesprächen über zusätzliche Räume, außerdem steht im kommenden Jahr die Umgestaltung und Modernisierung des Cafés und Verkaufstresens auf der Uhlenhorst an. Wenn dann alles schick ist, können die Pritschens aus Brasilien anreisen. Und kerniges, norddeutsches Schwarzbrot probieren.