Hamburg. Die Kastanien in Eppendorf sind gefällt, doch der Konflikt geht weiter: Bezirksamtsleiter Rösler wird die „Billigung einer Straftat“ vorgeworfen.

Mehr als sechs Wochen ist es her, dass drei Kastanien am Eppendorfer Marktplatz gefällt worden sind. Doch der Streit um die Bäume geht immer noch weiter. Götz von Grone von der Initiative „Wir sind Eppendorf“ (WSE) hat am Donnerstagvormittag Anzeige gegen Harald Rösler, den Leiter des Bezirksamts Hamburg-Nord, erstattet, wegen „des Verdachts auf Deckung bzw. Billigung einer Straftat“, wie die Initiative mitteilte.

Der Hintergrund: Am 6. März wurden die drei Kastanien in einer umstrittenen Aktion gefällt, um Platz für einen Neubau mit Wohnungen, Gewerbeflächen und Gastronomie zu schaffen. Zuvor hatten sich mehr als 5000 Eppendorfer für den Erhalt der Bäume und eines Brauhauses ausgesprochen, um den historischen Dorfkern zu bewahren. Doch die geschaffenen Tatsachen will WSE nicht auf sich beruhen lassen. „Das Ziel ist, dass die Verwaltung sich rechtsstaatlich verhält“, sagt von Grone.

Nach einer Anzeige vom 26. März gegen einen Gutachter, der von der Initiative verdächtigt wird, ein Gefälligkeitsgutachten erstellt zu haben, richten sich nun Vorwürfe gegen das Bezirksamt. Es hatte das erstellte Gutachten als Grundlage genommen, eine Fällgenehmigung zu erteilen. WSE wirft dem Bezirksamt jedoch vor, das Gutachten hätte nur eine „legitimatorische Funktion“ gehabt - die Fällung der Bäume soll bereits zuvor unabhängig beschlossen worden sein.

Von Grone: „Das ist Betrug“

Konkret sollte der Gutachter feststellen, ob bestimmte Vogelarten oder andere Tiere in den Kastanien leben und möglicherweise Nist- und Brutplätze eingerichtet hätten. Doch der Gutachter sei nicht in die Bäume geklettert, um die mit Efeu bewachsenen Kronen zu untersuchen, kritisiert von Grone. Stattdessen soll er sie nur mit einem Fernglas beobachtete haben, wie aus der Anzeige hervorgeht. „Dann ist das Betrug“, sagt von Grone. Zudem hätten die Tiere die Bäume zu dem Zeitpunkt aufgrund des Baustellenlärms ohnehin verlassen.

Dieses ornithologische Gutachten soll am späten Nachmittag des 5. März im Bezirksamt eingegangen sein. Am frühen Morgen des Folgetages wurden die Kastanien gefällt - noch bevor die Initiative WSE um 7 Uhr ihre tägliche Mahnwache antrat. Von Grone folgert daraus, dass die Mitarbeiter des Bezirksamts davon ausgehen mussten, „dass das ihnen vorgelegte Gutachten den (...) infrage stehenden Sachverhalt unter den gegebenen Bedingungen nicht abbilden konnte“. Das Bezirksamt äußerte sich zunächst nicht konkret zu der Anzeige, sondern will gegebenenfalls sein Rechtsamt einschalten, wie Sprecherin Katja Glahn auf Anfrage mitteilte.

„Wir betrachten weiterhin die Verwaltung“

Angezeigt hat von Grone zugleich die Umstände um die Fällung einer Linde an der Erikastraße. Auch in dem Fall kritisierte er ein Gutachten zu Nistaktivitäten und erstattete am 26. März eine Anzeige gegen Unbekannt. Das Bezirksamt Hamburg-Nord setzte er in Kenntnis. Nach Angaben von Grones soll das Bezirksamt daraufhin den Gutachter „mit der Überprüfung seiner eigenen Ergebnisse beauftragt“ haben. Auch hier sei das Untersuchungsergebnis in die Begründung zur Fällgenehmigung eingeflossen.

(mkah)