Hamburg. Zwei Hamburger Reiseveranstalter bieten erstmals regelmäßig Törns rund um Island an. Dafür haben sie eine Expeditionsyacht gechartert.

Vor fünf Jahren schleuderte der isländische Gletschervulkan Eyjafjallajökull eine gigantische Aschewolke in den Himmel. 10.000 Flüge fielen damals weltweit aus. Eine bessere Werbung für die 103.000 Quadratkilometer große Insel im hohen Norden hätte es nicht geben können. Das meint ein Hamburger, der Island so gut kennt wie kaum ein anderer in der Hansestadt: Gudmundur Kjartansson, 56, Geschäftsführer des Reiseunternehmens Island ProTravel.

Seit gut 20 Jahren wohnt der Tourismusexperte und gebürtige Reykjaviker in Hamburg. Von Bahrenfeld aus steuert er gemeinsam mit Co-Geschäftsführerin Ann-Cathrin Bröcker, 49, eine europaweit tätige Agentur, die nur eine Mission hat: möglichst viele Menschen für Island zu begeistern – und auf das nur dünn besiedelte Eiland mit den Vulkanen, Geysiren und grünen Weiden zu locken.

„Es gibt Millionen von Gründen, um Island zu besuchen. Und dazu gehört nicht nur die weltbekannte Blaue Lagune in der Nähe des internationalen Flugplatzes Keflavik“, sagt Kjartansson, der in Blankenese wohnt,

Jetzt wollen die beiden Hamburger Unternehmer eine neue Klientel auf die Insel bringen – die solventen Kreuzfahrttouristen. Während Island ProTravel bislang vor allem Flugreisen anbietet, werden es in diesem Jahr erstmals Kreuzfahrten sein. Dafür, heißt es in der Branche, seien die beiden Geschäftsleute ein hohes unternehmerisches Risiko eingegangen. Sie haben für einen siebenstelligen Betrag für zunächst zwei Jahre ein Expeditionsschiff gechartet.

Die „Ocean Diamond“ fährt in den europäischen Wintermonaten für die US-amerikanische Reederei Quark Expeditions durch den antarktischen Sommer. Und nun ist sie 13 Wochen lang von Mai bis September für die Hamburger Agentur rund um Island unterwegs – mit Abstechern bis nach Grönland. Mit bordeigenen Schlauchbooten (Zodiacs) geht es auf kleine Entdeckungsfahrten und zur Walbeobachtung. Das 1986 gebaute und inzwischen modernisierte Expeditionsschiff bietet maximal 224 Gästen Platz. Das relativ kleine Schiff kann sonst schwer zugängliche Destinationen gut erreichen. Am 13. Mai wird die „Ocean Diamond“ erstmals in der Hansestadt festmachen.

Gudmundur Kjartansson und Ann-Cathrin Bröcker haben sich mit der 124 Meter langen „Ocean Diamond“ den kostspieligen Traum vom eigenen Kreuzfahrtschiff erfüllt. Vor sieben Jahren waren sie auf die Idee gekommen, Island-Tourismus und Meer stärker zu verbinden. „Damit können wir auch abgelegene Destinationen ansteuern“, sagt Bröcker. Es war in Montevideo (Uruguay), als die beiden Schiffsbetreiber, die sonst keine private Kreuzfahrterfahrung haben, die große Expeditionsyacht erstmals in Augenschein nahmen.

Der frühere Hurtigrouten-Geschäftsführer Bernd Stolzenburg hatte sechs Monate lang in ihrem Auftrag nach einem geeigneten Exemplar gesucht und war schließlich fündig geworden. „Als wir das Schiff zum ersten Mal sahen, kam uns der Respekt einflößende Gedanke: Was für eine Aufgabe, die vielen freien Kabinen an Bord an unsere Kunden zu verkaufen!“ Die ersten Zahlen stimmen sie freilich optimistisch: Die Auslastung beträgt in diesem Jahr bereits rund 60 Prozent. Die Reisenden können sich auf einen elftägigen Törn zu neun Häfen freuen, inklusive Landausflügen, deutschsprachigen Experten und isländischer Reiseleitung. „Wir wollen, dass Island von Isländern gezeigt wird“, sagt Ann-Cathrin Bröcker, und fügt hinzu: „Wir sind die ersten, die regelmäßig Kreuzfahrten rund um Island anbieten.

So nimmt der Kapitän von Reykjavik aus nicht nur Kurs auf Akureyri, wo wegen vulkanischer Aktivitäten angeblich „Himmel und Hölle“ aufeinander treffen. Es geht auch zu malerischen Fischerdörfern, zu Seehunden und Pferdeherden. Und beim Grönland-Törn erleben die Reisenden das atemberaubende Blau der Eisberge.

Das Interesse in der Hamburger Community der Isländer an dieser touristischen Innovation ist groß. Gut 100 Isländer leben in der Hansestadt, es gibt häufig gemeinsame Treffen und gute Gründe zum Feiern – zum Beispiel am Nationalfeiertag. Für Gesprächsstoff in der Szene sorgen die anhaltend hohen Zuwachsraten im Island-Tourismus. Während es in 1950 gerade mal 5000 Touristen waren, so dürfte in diesem Jahr die Eine-Million-Marke erreicht werden. Rund 60.000 davon kommen aus Deutschland. Für die Törns rund um Island konnte das Unternehmen auch eine bekannte Hamburger Reiseleiterin engagieren. Trixi Lange-Hitzbleck werde mehrere „Soft-Expeditionen“ begleiten, so heißt die relativ ungefährliche Umrundung Islands.

Die Kontakte zwischen Hamburg und Island haben übrigens eine lange Tradition. Bereits im 15. Jahrhundert segelten die ersten Schiffe der Hansestadt nach Island. In den Zeiten der Hanse wurde die Island-Fahrt zum bedeutenden ökonomischen Faktor für die Stadt, heißt es bei der Handelskammer. Reisefreudige Hamburger brachten Mitte des 16. Jahrhunderts Edelhölzer und Baumaterial auf die Insel. Und hanseatische Kaufleute ließen dort zwischen 1533 und 1534 eine Kirche errichten – das erste protestantische Gotteshaus auf Island. Ein 2003 eingeweihtes Denkmal in Hafnarfjördur erinnert an den Bau dieser Kirche.

Weil die Hamburger Schiffsbetreiber selbst im Jahr über viel unterwegs sind, werden sie zwar auf der „Ocean Diamond“ einmal mitreisen. „Aber an Elbe und Alster ist es auch sehr schön. Deshalb verbringe ich meine freien Tage auch sehr gern in der Hansestadt“, sagt Gudmundur Kjartansson.