Der Abriss des ehemaligen Hertie-Kaufhauses startet: In Barmbek-Nord haben die Baumaßnahmen begonnen, die dem Stadtteil ein neues Gesicht verleihen sollen. Die „Fuhle“ wird aufgehübscht.
Hamburg. Jetzt geht es los: Im Sanierungsgebiet rund um den Barmbeker Bahnhof sind die Vorbereitungen für den Abriss des ehemaligen Hertie-Kaufhauses angelaufen. Noch in dieser Woche sollen die Arbeiten im Inneren starten. In sechs Wochen soll das Gebäude verschwunden sein. Auf dem Gelände zwischen Pestalozzi-, Drossel- und Fuhlsbüttler Straße ist ein Komplex mit Einzelhandelsflächen geplant. Direkt nebenan haben inzwischen die Bauarbeiten für den neuen Hauptsitz der gesetzlichen Unfallversicherung VBG begonnen. Die beiden Vorhaben bilden das Herzstück des neuen Zentrums rund um den S-Bahnhof. Insgesamt sollen dort in den nächsten Jahren 200 Millionen Euro in den Stadtteil investiert werden.
„Barmbek fällt ein Stein vom Herzen“, hatte Bezirksamtsleiter Harald Rösler bei dem ersten Spatenstich für die neue VBG-Zentrale Ende Juli gesagt. Seit Hertie 2009 geschlossen wurde, warten die Barmbeker auf den Neubeginn an der „Fuhle“. Vor allem die trostlose Kaufhausruine gilt vielen als „Schandfleck“. Aber die Termine für einen Abriss waren immer wieder verschoben worden. Begründet hatte der Projektentwickler, die Düsseldorfer Development Partner, die Verzögerungen mit fehlenden Unterschriften unter nachbarschaftlichen und städtebaulichen Verträgen. Geplant ist unter anderem eine gemeinsame Tiefgarage mit dem zukünftigen Nachbarn VBG.
Problem ist dabei offenbar das unterschiedliche Tempo, mit dem die beiden Projekte vorangehen. Das fünfstöckige VBG-Gebäude auf dem Gelände des ehemaligen Busbahnhofs, das der Hamburger Projektentwickler ECE errichtet, soll 2015 bezugsfertig sein. Völlig offen ist dagegen, wann der Ersatz für das Hertie-Gebäude steht. Development Partner plant dort für 50 Millionen Euro einen dreistöckigen Komplex mit Einzelhandelsflächen auf 9000 Quadratmetern. „Wir haben bereits Mietverträge abgeschlossen, aber für einen Baustart reicht es noch nicht“, sagte Sprecher Ralf Bettges dem Hamburger Abendblatt.
Dass nun trotzdem Bewegung in die Sache kommt, hat mit dem Baubeginn auf dem Nachbargrundstück zu tun. „Wir sind in intensiven Gesprächen“, sagte VBG-Sprecherin Daniela Dalhoff. Development Partner hatte den Abriss zwar beantragt und auch eine Genehmigung bekommen, aber keinen Auftrag erteilt. Gerüchte, wonach die Unfallversicherung jetzt den Abriss übernimmt, wollte Dalhoff nicht kommentieren. Nach Angaben des zuständigen Bezirksamts Hamburg-Nord ist in den nächsten drei Wochen mit dem Beginn der Außenarbeiten zu rechnen.
Startschuss für weitere Bauprojekte
Das Vorhaben ist auch der Startschuss für die weitere bauliche Entwicklung im Zentrum Barmbeks. Seit Montag werden die Fahrbahnen der Fuhlsbüttler Straße saniert und die Straße für die Busbeschleunigung umgestaltet. Auch im südlichen Teil soll die „Fuhle“ zu einem Einkaufsboulevard werden. Bürgersteige werden auf bis zu neun Meter verbreitert, Sitzbänke sollen zum Verweilen einladen, die Radwege werden auf die Straße verlegt, und die bisher als Nebenstrecke genutzte Parkstraße für Autos verschwindet.
Auf der anderen Seite des Bahnhofs wird gebaut. Am Museum der Arbeit erhält die unter Denkmalschutz stehende Zinnschmelze einen neuen Anbau. Auf mehreren Ebenen entsteht Platz für einen Multifunktionssaal für bis zu 200 Besucher, Gruppen- und Proberäume sowie Büros. Dabei wird unter anderem ein Theatersaal unter die Erde verlegt, die bereits vorhandenen Räume der Zinnschmelze ausgebaut. Die Rohbauarbeiten aus Beton sind bereits abgeschlossen, ab September geht es nach einem Jahr Bauzeit in den Endspurt.
An der Ecke Drosselstraße schräg gegenüber dem ehemaligen Hertie-Gelände sind seit April die Arbeiten an den Drosselgärten in vollem Gange. Auf einem 3470 Quadratmeter großen Areal an der Drosselstraße 15 entstehen 48 Eigentumswohnungen sowie ein Parkhaus mit rund 300 Stellplätzen. Das Fundament bildet ein aufgegebener unterirdischer Bunker.
Direkt am Barmbeker Bahnhof an der Ecke Maurienstraße ist zudem innerhalb von nicht einmal zwei Jahren das neue Verwaltungsgebäude der Deutschen Telekom entstanden. Seit Anfang Juli beherbergt der fünfstöckige Neubau das neue Servicecenter Hamburg des Telefonkonzerns mit knapp 400 Mitarbeitern.
Das Gebäude gegenüber des Outdoorhändlers Globetrotter bietet im Erdgeschoss zudem Flächen für Einzelhandel sowie angrenzend Parkstreifen und 125 Parkplätze für Mitarbeiter und Anrainer. Und auch der Projektentwickler, die Reafina AG, will in dem Gebäude schon bald selbst seine Zentrale errichten. „Wir glauben an den Stadtteil und die positive Entwicklung, die Barmbek-Nord in wirtschaftlicher wie in kultureller Hinsicht in den kommenden Jahren bevorsteht“, sagt Björn Schwabe, Bauherr und Vorstand der Reafina AG.
Im Norden schließt das Quartier 21 das Sanierungsgebiet Barmbek-Nord ab. Direkt an der Fuhlsbüttler Straße sind auf dem Gelände des ehemaligen Allgemeinen Krankenhauses Barmbek in den vergangenen Jahren knapp 600 Wohnungen entstanden. Den letzten Schritt zur Fertigstellung des neuen Quartiers bildet nun das sogenannte Wasserturm Palais im ehemaligen zentralen Krankenhaus-Hauptgebäude. Auf rund 4200 Quadratmetern wird darin der Fitness- und Wellness-Anbieter MeridianSpa seinen fünften Hamburger Standort eröffnen. Fertigstellung ist bis Jahresende geplant.
Beim Bezirk Hamburg-Nord sieht man zudem Potenzial auf weiteren Flächen entlang der „Fuhle“. So hat der Sanierungsträger BIG Städtebau einem aktuellen Bericht zufolge etwa drei Grundstücke ins Auge gefasst, auf denen derzeit die Flachbauten von Penny (Ecke Drosselstraße), von Aldi (Ecke Hellbrookstraße/Hufnerstraße) und von Blume 2000 (Ecke Hellbrookstraße) stehen.