Im Barmbeker Quartier 21 häufen sich Autoaufbrüche. Die ersten Bewohner haben ihren Versicherungsschutz verloren. Wegen der vielen Aufbrüche haben die Eigentümer der Stellplätze einen Sicherheitsausschuss gebildet
Hamburg. Es ist eines der schönsten Neubauquartiere der Stadt, doch die Bewohner bezeichnen es mittlerweile als Gefahrengebiet. Das Quartier 21, das auf dem ehemaligen Gelände des Barmbeker Krankenhauses in historischen Backsteingebäuden und schicken Neubauten entstanden ist, wird immer wieder von Kriminellen heimgesucht. Seit hier vor vier Jahren die ersten Häuser bezogen wurden, sind Wohnungseinbrüche, Fahrraddiebstähle und das Aufbrechen von Autos in den Tiefgaragen eher Regel als Ausnahme.
Marcus N. und seine Frau Tatjana gehörten zu den ersten Bewohnern. Sie bezogen mit ihren Kindern im Dezember 2010 eines der denkmalgeschützten Bestandsgebäude, in denen neue Stadthäuser und Wohnungen geschaffen worden waren. „Vier Wochen später, in der Nacht nach Heiligabend, hatten wir den ersten Einbruch“, sagt Marcus N.
Nachdem die Hausverwaltung die Terrassentüren hatte sichern lassen, ging es draußen weiter. Fahrräder verschwanden aus dem Fahrradkeller, Möbel von der Terrasse, Sportschuhe von der Fußmatte. In den vergangenen Monaten wurde ein trauriger Höhepunkt erreicht. Mehrmals brachen Autodiebe in die Tiefgaragen des Quartiers ein. Eine Gang hatte es besonders auf die Luxusmarke Porsche abgesehen – und damit auch auf den Porsche 911, mit dem Marcus N. sich im Februar 2013 einen Jugendtraum erfüllt hatte.
Dreimal in drei Monaten brachen die Ganoven die Kühlerhaube auf, um die Scheinwerfer ausbauen zu können. „Der Gesamtschaden liegt im fünfstelligen Bereich“, sagt Marcus N. Nach dem dritten Mal wurde dem Kaufmann von der Kaskoversicherung gekündigt. Den Wagen hat er jetzt ausquartiert.
Nachbar Sven F., ebenfalls Mieter im Quartier 21, ist das Gleiche widerfahren. Er hat seinen Porsche bereits verkauft und will die Kosten für die vorzeitige Auflösung des Leasingvertrags der Hausverwaltung und den Eigentümern in Rechnung stellen. „Es handelt sich um gezielte wiederholte Einbrüche, und weder Hausverwaltung noch Eigentümer schaffen die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen“, sagt er. Polizisten hätten ihm gegenüber die Tiefgaragen im Quartier als die unsichersten Hamburgs bezeichnet. Das hat auch Claudia F. zu spüren bekommen, deren BMW aufgebrochen und zerstört wurde. Die Diebe sind extrem gewitzt und skrupellos. Während sie woanders im Quartier die Fensterscheiben einschlugen, hinterließen sie in der Tiefgarage, in der die 911er von Marcus N. und Sven F. standen, die ersten Male keine Einbruchspuren. Das letzte Mal aber knackten sie die Schließanlage, die an einer Säule an der Zufahrt installiert ist. „Aus mehreren Hundert Fenstern kann man da draufgucken, aber das interessiert die Täter nicht“, sagt Sven F.
Auch die Kameras, die in der Tiefgarage über zwei Stellplätzen installiert wurden, und die Schilder, die seit Februar auf die Überwachung durch einen Sicherheitsdienst hinweisen, schreckten sie nicht ab. „Weder Kameras noch Schilder wurden so platziert, dass sie wahrnehmbar sind“, sagt Marcus N.
Wiederholt habe er die Hausverwaltung und den Vermieter der Stellplätze auf die mangelhaften Sicherheitsmaßnahmen hingewiesen; die Reaktion sei die Ankündigung einer Erhöhung der Stellplatzmiete gewesen.
Wegen der vielen Aufbrüche haben die Eigentümer der Stellplätze einen Sicherheitsausschuss gebildet. „Wir haben uns von der Polizei beraten lassen und einen umfassenden Maßnahmenkatalog entwickelt“, sagt Klaus Zepuntke, Vorsitzender des Sicherheitsausschusses. Ende des Monats soll der Ausschuss den Mietern der Tiefgaragen vorgestellt werden. In der Kriminalstatistik wird das Quartier 21 nicht erfasst. Seit es 2010 errichtet wurde, sind aber in Barmbek-Nord die Diebstahlszahlen in die Höhe geschnellt. So wurden 2010 insgesamt 63 Fahrräder gestohlen, 2013 waren es 118. Die Diebstähle rund ums Auto stiegen von 85 auf 97. In den beiden Jahren dazwischen waren es jeweils sogar noch mehr Diebstähle.
Im Haus von Sören M. wurden gerade alle Keller aufgebrochen. „Meiner war glücklicherweise leer“, sagt der Discjockey. „Doch bei den anderen ist viel geklaut worden.“ Immer wieder beobachten die Nachbarn Szenen, die das Sicherheitsgefühl nur bedingt erhöhen. „Manchmal sieht man nachts Polizisten mit Taschenlampen über das Gelände streifen. Es sind auch Drogenfahnder mit Hunden unterwegs gewesen, weil auf dem Gelände angeblich Dealer ihren Stoff verstecken“, sagt Sven F.
Den größten Schreck aber habe er bekommen, als er neulich im Dunkeln auf der Terrasse stand und in die Nacht guckte. Da kam plötzlich ein dunkel gekleideter Kapuzenmann aus dem Gebüsch hervor und rannte über den Rasen davon. „Schauergeschichten hat hier fast jeder schon erlebt“, sagt Tatjana G. Die Psychotherapeutin kennt etliche Nachbarinnen, die sich nachts nicht mehr in die Tiefgarage trauen. Auch ihren Mann beschleicht zuweilen ein schlechtes Gefühl, wenn er in die Tiefgarage fährt. Noch möchte keiner der Nachbarn hier wegziehen. Aber sicherer würden sie sich gerne fühlen.