Vor einem Jahr hat ein schweres Unwetter den Mühlenkamp in Winterhude unter Wasser gesetzt. Viele Ladenbesitzer erlitten einen Komplettschaden.
Hamburg. Vor genau einem Jahr überraschte ein schweres Unwetter den Mühlenkamp in Winterhude. Zahlreiche Geschäfte und Gaststätten standen kniehoch unter Wasser, große finanzielle Schäden entstanden. Zwölf Monate später hat sich die Lage weitgehend entspannt.
Bis auf vereinzelte Läden haben alle Geschäfte wieder geöffnet. Doch die Angst vor einer weiteren Katastrophe bleibt, denn passiert ist seit dem nichts. "Das Problem liegt in der Kanalisation. Die Stadt kümmert sich allerdings nicht darum“, sagt Mansur Niknam vom Textilladen "Work Station". "Kein Geld", habe es in der Begründung geheißen. Dem stimmt Matthias Sobottka, Sprecher von Hamburg Wasser zu. "Der Umbau der Kanalisation am Mühlenkamp wäre zu aufwendig und kostenspielig." Das Unternehmen habe aber ein Konzept ausgearbeitet (RISA, Regen-Infrastruktur-Anpassung), das andere Möglichkeiten nennt, wie die Kanalisation hamburgweit entlastet werden kann. Dazu gehören zum Beispiel Rückhaltebecken oder die Reduzierung asphaltierter Flächen durch Grün- oder Randstreifen, damit der Regen besser versickern kann. "Dieses Konzept werden wir der Stadt in Kürze vorstellen", so Sobottka. Ein spezielles Handlungskonzept für den Mühlenkamp gebe es aber nicht.
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Niknam musste seinen Laden damals für fünf Monate schließen. Den Schaden von rund 30.000 Euro hat überwiegend die Versicherung bezahlt. Im Gegensatz zu vielen seiner betroffenen Nachbarn hatte er eine Versicherung gegen Elementarschäden abgeschlossen. Eine kluge Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte. Aus den Erfahrungen im vergangenen Jahr haben aber nur wenige seiner Nachbarn gelernt. "Die Versicherung gegen Elementarschäden ist mit 1600 Euro monatlich zwar teuer, aber nach dieser Katastrophe unabdingbar. Mich wundert, dass nun nicht jeder Ladenbesitzer rund um den Mühlenkamp eine solche abgeschlossen hat", sagt Niknam.
Niknam ist froh, dass es nun wieder bergauf geht mit seinem Geschäft, doch er würde sich wünschen, dass vor den Läden Hochwassertüren angebracht werden. Diese möchte der Hauseigentümer allerdings nicht bezahlen. „Das ungute Gefühl wenn der Himmel dunkel wird und es anfängt zu regnen, wird wohl noch einige Zeit bleiben“, sagt Niknam.
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Schlaflose Nächte hatte auch Murat Tamgüç. Ihn hat es besonders schwer getroffen. Seine beiden Läden am Mühlenkamp und an der Gertigstraße haben einen Komplettschaden erlitten. Kostenpunkt: 120.000 Euro. Geld, das die Versicherung aus verschiedenen Gründen nicht bezahlen will. Da sein Geschäft "Kutscherhaus" in der Gertigstraße als Textilladen eingetragen ist, Tamgüç aber zwischenzeitlich dort auch Möbel verkaufte, ist die Versicherung nicht bereit, dafür zu bezahlen. Lediglich rund 2200 Euro hat er bei einem Schaden von 55.000 Euro erhalten. Sein Geschäft konnte er bis heute nicht wieder eröffnen. Ob Tamgüç die Kosten tragen muss, ist fraglich, denn der Richter hat noch keine Entscheidung gefällt. „Ich muss abwarten was passiert, der Prozess zieht sich jetzt schon ein Jahr hin“, sagt Tamgüç.
Auch sein zweiter Laden Art Déco am Mühlenkamp ist nicht verschont geblieben. Der Schaden dort beträgt 80.000 Euro. Die Versicherung verweigert eine Kostenerstattung. Die Begründung: Durch das zurückgestaute Wasser ist das Grundwasser hochgekommen, wofür die Versicherung nicht zahlt. Tamgüç ist gespannt, wie das Gericht auch in diesem Fall entscheiden wird. Seit Ende 2011 hat er seinen Laden am Mühlenkamp wieder geöffnet. Über Wasser halten konnte sich Tamgüç aber überwiegend mit seinem dritten weiteren Laden an der Gertigstraße.
Ein weiteres starkes Unwetter würde Tamgüç nicht mehr verkraften. „Nach einer weiteren Überschwemmung hätte ich weder noch Lust weiter zu machen, noch das Geld zur Verfügung“, sagt Tamgüç.