Hamburg. Stadt müsste Anreize schaffen, damit die Erdgeschosse belebter werden. Stadtplaner halten etwa Diskotheken oder Start-ups für möglich.

Die angekündigte Sperrung von Willy-Brandt- und Ludwig-Erhard-Straße für eine kirchliche Demo am Wochenende hat die Debatte um den „Schandfleck“ neu belebt. Die in den 1950er-Jahren geschlagene, 2,5 Kilometer lange Schneise durch die Innenstadt schleust täglich 60.000 Autos durch die Stadt und verhindert das heute wieder erwünschte Zusammenwachsen von südlicher und nördlicher Neustadt, von City und HafenCity.

„Die Zeit der hochfliegenden Konzepte ist angesichts knapper Kassen sicher vorbei“, sagt Julian Petrin vom Planungsbüro Nexthamburg. Brücken oder Tunnel seien sehr teuer und würden die Straße auf Jahre zur Baustelle machen. Teile des Verkehrs aus der Straße zu verbannen, um sie schmaler zu bekommen und damit überwindbar zu machen, sei im eher konservativen Hamburg nicht realistisch.

Mieten in den Erdgeschossen sollten niedrig gehalten werden

„Kopenhagen würde die Straße einfach verengen, gucken, welche Wege der Verkehr sich sucht, auf Umsteigeeffekte setzen und dann gegebenenfalls nachsteuern“, sagt Petrin. Auch sei die Achse Willy-Brandt-Straße, Ludwig-Erhard- und Stresemannstraße praktisch die einzig leistungsstarke Verkehrsachse in Ost-West-Richtung. Von der Hafenquerspange erwarte er keine wesentliche Entlastung. Der Verkehr müsse folglich „eher akzeptiert“ werden.

„Es gibt aber auch einfache Mittel, die negativen Auswirkungen der Straße zu begrenzen“, sagte Petrin. Ähnlich wie die Katharinen-Gemeinde regte er an, in den Erdgeschossen Läden unterzubringen, die lärmverträglich sind und nicht auf Laufkundschaft angewiesen seien. Die Stadt müsste allerdings Anreize dafür bieten und die Mieten in den Erdgeschossen niedrig halten, damit sich eine Szene ansiedeln könne, die den Lärm in Kauf nehme. Er nannte Start-ups und Spezialgeschäfte wie etwa für Fahrräder, Boards oder Hip-Hop-Klamotten. Auch Bars und Diskotheken könnten an der Straße gut leben, weil Nachtschwärmer lärmtoleranter seien als andere Menschen.

Positiv steche etwa das Motel One heraus. „Dort sitzen die Leute sogar tagsüber draußen und stellen fest: Es ist gar nicht so schlimm.“