Die frühere Ost-West-Straße soll die City und die HafenCity nicht länger trennen.
Eine 36 Meter breite Schneise aus grauem Asphalt zerreißt die Hamburger Altstadt. Die frühere Ost-West-Straße und heutige Ludwig-Erhard- und Willy-Brandt-Straße ist ein an den Kreuzungen teilweise siebenspuriges Monstrum. Ein Relikt aus einer Zeit, in der Städte vor allem für Autos geplant wurden.
Die Kritik an der Mammutstraße mitten in der Stadt ist älter als die Straße selbst und wurde bereits heftig während der Planung geführt. Schon in den 50er-Jahren wiesen Kritiker darauf hin, dass die Bundesstraße einen Teil der Altstadt isolieren würde. Nun schreiben sich Pastor Frank Engelbrecht und die Gemeinde der Hauptkirche St. Katharinen die Heilung dieser Wunde im Herzen der Stadt erneut auf die Fahnen und versuchen die Hamburger für das Problem zu sensibilisieren.
Und das ist richtig so!
Lange endete die Stadt in Richtung Elbe quasi an der 2,5 Kilometer langen, von ausladenden Bürohäusern gesäumten Straße. Jenseits des Asphalts kamen lediglich noch ein paar Häuser. Dann stand man vor dem Zaun und den Zollschranken des Freihafens.
Mit dem Bau der HafenCity aber beginnt die Innenstadt mit einem Male deutlich weiter zu reichen. Vom Rathausmarkt bis zu den Magellan-Terrassen sind es zu Fuß nicht einmal 1000 Meter. Das könnte eigentlich ein ebenso netter Stadtbummel sein wie die gleich weite Strecke von Jungfernstieg bis Hauptbahnhof.
Darüber hinaus hat sich das kleine „Inselviertel“ in den vergangenen Jahren gut entwickelt. Es sind moderne Wohnungen entstanden, und vor der Hauptkirche St. Katharinen gibt es sogar einen kleinen Wochenmarkt. Es ist also heute wichtiger denn je, den hässlichen Graben der Bundesstraße 4 zu überwinden.
Es mag Menschen geben, die sagen: „Das ist doch alles Träumerei. Die Straße in einen Tunnel zu verlegen ist viel zu teuer. Das wird doch ohnehin nie etwas.“ Aber das ist eine Vogel-Strauß-Mentalität. Diesen Menschen kann man nur eines entgegenhalten: Unsere Geschichte ist voll von Kämpfern für große Ideen – die auch häufig zunächst belächelt wurden. Aber diese Menschen sind es auch, die am Ende die Welt bewegen.
Es braucht halt große, ehrgeizige – und manchmal utopisch klingende – Ziele, um die Welt (oder auch nur die Hansestadt Hamburg) zumindest einen kleinen Schritt voranzubringen.
Ob am Ende der Initiative „Damit die Stadt zusammenwächst“ wirklich ein vielleicht mehrere Hundert Millionen Euro teurer Straßentunnel entsteht, ist vielleicht fraglich.
Doch bereits der Bau breiterer und einladender Fußgängerbrücken oder zumindest eine kurze Tunnelvariante, die einen begehbaren Korridor entstehen lässt, könnte die Situation deutlich verbessern und eine Verbindung von der Innenstadt zur HafenCity schaffen. Selbst eine Belebung der grauen Verkehrsader mit deutlich mehr Grün, Geschäften und Gastronomie würde wahrscheinlich zumindest eine Linderung der Lage schaffen.
In vielen Vierteln der Stadt wurden in den vergangenen Jahren städtebauliche Fehler der Vergangenheit – die teilweise sicherlich ihre historische Berechtigung hatten – ausgemerzt. Hamburg hat sich städtebaulich seiner Lebensader, der Elbe, zugewandt, und viele Straßen und Plätze wurden wieder als Lebensräume für die Menschen dieser Stadt zurückgewonnen.
Es lohnt sich, für eine lebenswerte Heimat zu kämpfen – auch an der Willy-Brandt-Straße.