Hamburg. Die Menschen in den beiden östlichen Stadtteilen sterben früher als im Westen. Neues Netzwerk will die Versorgung verbessern.

Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung in den Hamburger Stadtteilen Billstedt und Horn soll verbessert werden. Gesundheitsmanager, Krankenkassen, Praxen, Kliniken, Wissenschaft und Unternehmen haben sich zusammengeschlossen und dafür ein Modellprojekt entwickelt. Dieses wird vom Innovationsfonds des gemeinsamen Bundesausschusses für drei Jahre mit insgesamt 6,3 Millionen Euro gefördert.

Das Netzwerk habe sich zum Ziel gesetzt, die gesundheitlichen Chancen im Osten der Stadt denen im Westen anzunähern, sagt Alexander Fischer, Projektleiter bei der Managementgesellschaft Gesundheit für Billstedt-Horn UG. Denn in den beiden Stadtteilen leben überdurchschnittlich viele Empfänger von Sozialleistungen, Migranten, Menschen mit niedrigen Schulabschlüssen und Alleinerziehende.

Diabetes kommt in den Stadtteilen häufiger vor

„Eine im letzten Jahr durchgeführte Analyse zeigte, dass die Bevölkerung in den beiden Stadtteilen früher und häufiger an chronischen Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Krankheiten erkrankt und auch früher stirbt“, sagt Fischer. Gleichzeitig gibt es in diesen Stadtteilen weniger Haus- und Fachärzte als in anderen Regionen Hamburgs, was zur Folge hat, dass die Zahl der Notaufnahmen in den Kliniken seit Jahren steigt.

Das Bündnis will die wohnortnahe ambulante Versorgung stärken, die medizinische Kommunikation verbessern, zum Beispiel durch eine elektronische Patientenakte, und die Sicherheit der Arzneimitteltherapie verbessern.

Beratung in acht Sprachen im Gesundheitskiosk

Ein zentraler Teil des Projekts wird ein Gesundheitskiosk, zum Beispiel an einem Einkaufszentrum, sein. Dieser soll am 1. April 2017 eröffnet werden und eine Gesundheitsberatung anbieten. In der Einrichtung sollen acht medizinisch versierte Personen arbeiten, die insgesamt auch acht Fremdsprachen beherrschen sollen, um die vielen Menschen mit Migrationshintergrund zu betreuen.

Geplant ist auch, dass sie Arztbesuche vor- und nachbereiten. So könnten sie Gesundheitsdaten der Patienten aufnehmen, zum Beispiel dazu, welche Medikamente die Patienten in welcher Menge einnehmen, und an den behandelnden Arzt weiterleiten. Die Berater sollen den Bewohnern der beiden Stadtteile aber auch beim Ausfüllen von Unterlagen helfen, zum Beispiel bei Pflegeanträgen.

Ältere Menschen nehmen oft zu viele Medikamente

Ein weiterer Bestandteil des Projekts ist die sogenannte Kurzliegerstation in der Stadtteilklinik Hamburg in Mümmelmannsberg, in der Patienten für einige Tage stationär behandelt werden können. Diese Station hat bereits vor sechs Monaten ihren Betrieb aufgenommen und verfügt über 16 Betten. Dr. Guido Tüschen, Geschäftsführer der Klinik, schildert einen typischen Fall: „Wir hatten vor kurzem einen 82 Jahre alten Patienten, der wegen Schwindels zu uns kam. Wir haben dann festgestellt, dass er insgesamt 34 Tabletten am Tag einnahm.“ Der zuständige Arzt habe sich die einzelnen Medikamente genau angeschaut und nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten die Zahl der Tabletten auf fünf am Tag reduziert. Nach vier Tagen habe der Patient die Klinik wieder verlassen können.