Hamburg. Schild mit dem Schriftzug hängt an einem Pfeiler am Anleger. Wofür der Begriff steht und was das mit der Hamburger City zu tun hat.

Die Sonne scheint auf den Bootsanleger am Jungfernstieg im Herzen von Hamburg. Touristen gönnen sich auf den Bänken an der Alster eine Pause oder warten auf das nächste Schiff für eine Rundfahrt. Doch an einem Pfosten direkt vor dem Anleger 3 sind nicht nur die Wege zu den anderen Ablegestellen aufgeführt: Unbekannte haben dort ein Schild mit der Aufschrift „Talahon-Promenade“ angebracht. Was hat es damit auf sich?

Spurensuche im Netz: Unter dem Titel „Umbenennung der Jungfernstieg Promenade“ postete jemand ein Foto des Schildes in einem Internet-Forum. „Willkommen auf der Talahon-Promenade“, schreibt der Reddit-User. Unter dem Beitrag diskutieren die Nutzerinnen und Nutzer miteinander. Viele kennen den Begriff nicht und lassen ihn sich erklären.

Jungfernstieg in der Hamburger City: Was bedeutet das „Talahon“-Schild?

Noch vor Juni dieses Jahres zeigt Google-Trends keine Suchen nach dem Wort Talahon an. Doch das hat sich geändert: Mittlerweile tippen deutschlandweit Interessierte „Was ist Talahon“ und „Talahon Song“ in die Suchmaschine. Populär wurde der Slang-Begriff, der laut Tagesschau in den Top 10 für das Jugendwort 2024 ist, durch einen Trend auf TikTok. Zu einem Song mit dem Titel „TA3AL LAHON“ des Rappers Hassan posten vor allem junge Nutzerinnen und Nutzer kurze Videos.

Oftmals zeigen sich darin junge Männer, die alle mehr oder weniger gleich angezogen sind: weite Kleidung, auffällige Halsketten in Silber oder Gold, Kappen, Bauch- und Umhängetaschen von Gucci. In den Videos auf TikTok und Co. stellen sich die Jugendlichen, die augenscheinlich eine Migrationsgeschichte habe, oftmals als tough und teilweise kriminell dar. Laut dem WDR leitet sich der Begriff ursprünglich von dem arabischen „Ta‘al La‘hon“ ab und bedeutet so viel wie „Komm her!“ Dieser wird auch synonym zu diskriminierenden Worten wie „Kanake“ verwendet.

„Talahon“-Schild: Video vom Hamburger Jungfernstieg wird im Netz diskutiert

Auf einem TikTok-Account wird in einem, mittlerweile gelöschten, Video die Schild-Aktion in Hamburg aufgegriffen. Die Kamera schenkt von einer Gruppe junger Männer, die sich am Jungfernstieg aufhalten, zu dem „Talahon-Promenade“-Schild. In knapp 200 Kommentaren diskutieren Nutzerinnen und Nutzer die Szene. „Ich glaube, die sind jetzt überall“, kommentiert eine Nutzerin. „Das war mal so schön da“, schreibt eine andere.

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Auf Anfrage des Abendblattes erklärte das zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitte zunächst, noch nichts von dem Schild zu wissen. Auch ob die Zuständigkeit für den weiteren Umgang mit dem Schild bei ihnen oder einer anderen Hamburger Behörde liegt, war zunächst unklar. Einen Tag später, am Donnerstag, wurde das Schild vom Bezirksamt Mitte entfernt.

Jungfernstieg: Soko Alster kümmert sich um kriminelle Banden in Hamburger City

Aufgrund von vermehrter Kriminalität am Jungfernsteig hat im Sommer des vergangenen Jahres eine Sonderkommission der Hamburger Polizei die Arbeit aufgenommen. Unter dem Namen Soko Alster ermitteln die Beamtinnen und Beamten zu kriminellen Jugendgruppen. Diese sind unter anderem unter den Namen 1920er oder 315er bekannt und sollen in der Vergangenheit an bewaffneten Konflikten beteiligt gewesen sein. Auch bei diesen Jugendlichen soll es sich vermehrt um junge Männer mit Migrationsgeschichte handeln.

Ob das Schild auf einen Zusammenhang zwischen Jugendlichen, die unter den Talahon-Begriff fallen könnten, und den jugendlichen Banden-Kriminellen vom Jungfernstieg anspielt, kann nur gemutmaßt werden. Die rechtspolitische Szene instrumentalisiert den Begriff bereits als Feindbild.