Hamburg. Am Sonntag soll der Opfer in St. Petri gedacht werden. Sprecher der Zeugen Jehovas hatte Kritik geübt, ruderte nun aber zurück.
Nach dem schrecklichen Amoklauf, bei dem der 35 Jahre Philipp F. sieben Menschen vor einer Woche im Königreichsaal der Zeugen Jehovas in Alsterdorf erschoss und danach sich selbst tötete, wird es keine gemeinsame zentrale Trauerfeier geben.
Zu einem ökumenischen Gedenken laden die Nordkirche, das Erzbistum Hamburg und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen am kommenden Sonntag um 17 Uhr in die Hauptkirche St. Petri ein. An der Trauerfeier, die öffentlich ist, nehmen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sowie weitere Senatsmitglieder teil.
Amoklauf in Hamburg: Zeugen Jehovas planen eigene Gedenkfeier
Unabhängig davon planen die Zeugen Jehovas eine eigene Gedenkfeier, damit überlebende Opfer, Angehörige und weitere Gemeindemitglieder von den Toten, die alle Mitglieder der Glaubensgemeinschaft waren, Abschied nehmen können. Ein Termin steht nach Abendblatt-Informationen noch nicht fest.
Zuletzt hatte es Spannungen zwischen den Zeugen Jehovas auf der einen Seite und der evangelischen, der katholischen Kirche und dem Rathaus auf der anderen Seite gegeben. Michael Tsifidaris, der Regionalbeauftragte und Sprecher der Zeugen Jehovas für Hamburg, Bremen und Niedersachsen, hatte sich am Dienstag empört darüber gezeigt, dass seine Glaubensgemeinschaft nicht in die Planungen für die ökumenische Trauerfeier einbezogen gewesen sei.
Amoklauf in Hamburg: Zeugen Jehovas unterstützen ökumenische Trauerfeier
Doch am Mittwoch ruderte Tsifidaris zurück und sprach von einer „Kommunikationspanne“. Danach habe es am Dienstag kurzfristig doch ein Gesprächsangebot der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen gegeben, worauf die Zeugen Jehovas jedoch erst später reagierten. „Gehen Sie davon aus, dass wir im Kontakt zueinander stehen“, sagte Tsifidaris dem Abendblatt. Die Darstellung entspricht auch der Erklärung der Arbeitsgemeinschaft.
Die Zeugen Jehovas unterstützen die ökumenische Trauerfeier ausdrücklich. „Ich finde es gut, wenn auch andere Glaubensgemeinschaften ihre Solidarität mit uns bezeugen“, sagte Tsifidaris. Es stehe jedem Bürger frei, daran teilzunehmen. „Eine offizielle Teilnahme von Jehovas Zeugen wird es jedoch nicht geben. Wir wollen unsere eigene Form wählen“, sagte der Regionalbeauftragte.
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Amoklauf in Hamburg: Polizei ermittelt weiter im Umfeld des Täters
„Wir stellen sicher, dass die Betroffenen sich in ihrer Kirchengemeinde in dem religiösen Verständnis von den Toten verabschieden können, wie es bei den Zeugen Jehovas üblich ist“, sagte Tsifidaris. Das bedeutet unter anderem den Verzicht auf Altar und Kreuze. Angeblich ist es Zeugen Jehovas auch verboten, Kirchen anderer Glaubensgemeinschaften zu betreten.
Bei der Polizei ermittelt man unterdessen weiter im Umfeld des Amokläufers. Dabei geht es darum, wer schon vor dem Amoklauf eine Ahnung gehabt haben könnte, dass der Mann zu so einer Tat fähig ist. Nach Informationen des Abendblattes liegt der Fokus dabei auf der Familie sowie der Glaubensgemeinschaft und dem Schießclub, in denen F. Mitglied war.
Polizei Hamburg: Zusammenarbeit mit Zeugen Jehovas ist „zäh“
Es soll „erst vage Hinweise“ darauf geben, dass Personen die Tat hätten ahnen können. Mit den Zeugen Jehovas soll die Zusammenarbeit bei der Aufklärung des Falls und vor allem des Motivs „zäh“ sein. Dort seien nur vereinzelt Personen bereit, mit der Polizei zu sprechen.
Dass die Glaubensgemeinschaft wirklich wenig über Amokläufer Philipp F. wusste, glauben „Insider“ indessen nicht. Wer aus der Gemeinde ausgeschlossen wurde, so ein Experte, werde von den Mitgliedern isoliert. Das bedeute, dass kein Zeuge Jehovas mehr mit ihm Kontakt habe. Das betreffe auch die Personen, die enge Vertraute oder Freunde waren. Die „Ältesten“ der Gemeinde würden darauf achten, dass jedes Mitglied diese Regeln einhält.