Hamburg. Im ÖPNV wird seit vergangener Woche konsequenter gegen Bettler vorgegangen. Was der Wohlfahrtsverband fordert.

In dieser Woche zeigten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochbahn-Wache Präsenz. An mehreren Tagen stiegen am Jungfernstieg Männer in die Züge der Linie U2 ein, um nach dem Rechten zu sehen.

Die erhöhte Präsenz des Sicherheitsdienstes ist Teil einer neuen Kampagne, sowohl der Hochbahn in der U-Bahn als auch der Deutschen Bahn für die S-Bahn, um in Hamburg gegen das Betteln in Zügen vorzugehen. Das führt auch dazu, dass das Thema beim Wohlfahrtsverband Caritas diskutiert wird.

Betteln in Hamburgs U- und S-Bahnen: Caritas sieht tiefergehendes Problem

Vor allem die Art und Weise, wie Hochbahn und Deutsche Bahn gegen Bettler vorgehen, beschäftigt den Wohlfahrtsverband. „Auf der einen Seite gibt es eine Hausordnung und allgemeine Verhaltensregeln im öffentlichen Raum. Die sollen berücksichtigt werden. Einen Anspruch darauf, dass man nicht mit Armen konfrontiert wird, hat jedoch niemand. Die Würde armer Menschen ist genauso unantastbar wie die aller anderen. 75 Jahre Grundgesetz bringen es auf den Punkt“, heißt es von der Caritas auf Abendblatt-Nachfrage.

Der Wohlfahrtsverband wünscht sich im Umgang mit bedürftigen Menschen mehr Fingerspitzengefühl. „Natürlich löst die Vertreibung von bettelnden Menschen aus den S- und U-Bahnen kein Problem für die Armen“, so eine Sprecherin der Caritas und fügt an: „Das Problem, das gelöst wird, ist, dass Menschen auf dem Weg zur Arbeit nicht von Menschen behelligt werden, die schnorren. Nicht die Präsenz der Armen sollte als Skandal angesehen werden, sondern die Existenz der Armut.“

Betteln in S- und U-Bahnen: Was die Caritas im Umgang rät

Auch wenn die Kontrollen verschärft werden sollten, gibt es in Hamburg nach wie vor Bettler, die in U- und S-Bahnen um ein paar Cent oder etwas Essbares bitten. Dabei beobachtete ein Abendblatt-Redakteur vergangene Woche einen Dialog, der die aktuelle Thematik auf den Punkt bringt. Als ein Bettler eine ältere Dame um eine Spende bat, entgegnete diese: „Es tut mir leid, ich habe kein Kleingeld mehr, es haben heute schon zu viele von euch gefragt.“

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Doch wie verhält man sich richtig, wenn man als Fahrgast um eine Spende gebeten wird? „Jeder Mensch kann frei entscheiden, ob er Menschen etwas gibt oder nicht. Wir wünschen uns, dass man allen Menschen freundlich und zugewandt begegnet und sie in ihrer Unterschiedlichkeit und Bedürftigkeit wahrnimmt“, heißt es von der Caritas.

Bettler in Hamburg: Caritas sieht größeres Problem in Wohnungsnot

Auf jeden Fall sei die Lösung des Problems mit den Bettlern Teil einer „Mammutaufgabe“, die weit über das Thema U- und S-Bahnen hinausgehe. „Eines der wichtigsten Probleme ist die Wohnungsnot in der Stadt. Die Caritas hat allerdings nicht die Mittel, das zu lösen“, erklärt der Wohlfahrtsverband.