Hamburg. „Schnauze voll“: 1000 Menschen protestieren gegen radikale Islamisten. Erste Partei reagiert auf neue Demo-Pläne von „Muslim Interaktiv“.
Hunderte Menschen sind am Sonnabend in Hamburg gegen Islamismus und Antisemitismus sowie für freiheitliche Werte und das Grundgesetz auf die Straße gegangen. Die Demonstration am Steindamm in St. Georg war als Gegenkundgebung zu einer von Islamisten organisierten Versammlung geplant, die vor einer Woche an selber Stelle mit Rufen nach einem Kalifat bundesweit für Empörung gesorgt hatte. Nach Polizeiangaben beteiligten sich an der Gegenkundgebung wie von den Organisatoren erwartet rund 1000 Menschen, „von denen alle absolut friedlich“ gewesen seien.
„Keiner schadet der islamischen Religion und den Muslimen mehr als die Islamisten selbst“, sagte Ali Ertan Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde, die die Kundgebung zusammen mit den Vereinen Kulturbrücke Hamburg und Säkularer Islam organisiert hatte. Zugleich warf er der Politik vor, das Problem des politischen Islam zu lange aus Angst vor antimuslimischen Stimmungen vernachlässigt und Rechtspopulisten überlassen zu haben.
Anti-Islamismus-Demo in Hamburg: Hunderte Menschen auf der Straße
Vertreter der vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuften Gruppe „Muslim Interaktiv“, die bei der Demo in der vergangenen Woche ein Kalifat gefordert hatten, nannte Toprak „kleine Möchtegern-Azubi-Kalifen“ und forderte sie auf, den erhobenen Zeigefinger der Prediger herunterzunehmen.
Das Kalifat als Herrschaftsform stammt aus der Zeit nach dem Tod des Propheten des Islam, Mohammed, im Jahr 632 n. Chr. und benennt ein System, das auf dem islamischen Recht (Scharia) basiert. Der Kalif war als Stellvertreter Mohammeds sowohl religiöser als auch weltlicher Herrscher.
Nach Anti-Islamisten-Demo: „Muslim Interaktiv“ kündigt neuen Aufmarsch an
Unterdessen ruft die radikale Gruppe „Muslim Interaktiv“ auf Twitter für den kommenden Sonnabend (11. Mai) zu einer „Demo gegen Zensur unserer islamischen Werte und Meinungsdiktat“ auf. Der Aufzug soll um 16 Uhr auf dem Steindamm beginnen.
Die CDU reagierte auf die Ankündigung mit einer Aufforderung an den Senat, eine erneute Demonstration der Gruppierung zu verhindern. „Die verstörenden Bilder von Kalifat-Verherrlichung und ‚Allahu Akbar‘-Rufen am Hamburger Steindamm dürfen sich nicht wiederholen“, sagte Fraktionschef Dennis Thering über die „Macht-Demonstration von radikalen Islamisten“, für die es in Hamburg keinen Platz mehr geben dürfe.
„Insofern fordere ich den Senat auf, diesen von ‚Muslim Interaktiv‘ im Netz angekündigten erneuten Kalifat-Protest mit allen Möglichkeiten zu unterbinden“, so Thering. Außerdem müsse ein Verbotsverfahren gegen „Muslim Interaktiv“ nun „mit größter Priorität von Bundesinnenministerin Faeser vorangetrieben werden“.
CDU-Chef Dennis Thering: „Hamburg hat ein starkes Zeichen gesetzt“
Schon im Rahmen der Demonstration am Steindamm hatte Thering am Sonnabend klare Worte gefunden. „Hamburg hat heute ein starkes Zeichen gegen Hass und Hetze gesetzt. Der Islamismus hat bei uns nichts zu suchen. Wir stehen und verteidigen unsere Demokratie, unsere Freiheit und unsere offene und tolerante Art zu leben“, sagte der Politiker. „Dass in meiner Heimatstadt mehr als 1000 Islamisten auf offener Straße ein Kalifat ausrufen und die Scharia einführen wollen, ist unerträglich.“
Man müsse nun alles dafür tun, „dass solche Szenen nicht zur Normalität werden und solche hässlichen Bilder aus Hamburg nicht weiter um die Welt gehen.“ Die CDU habe dem Islamismus schon lange den Kampf angesagt, zum Beispiel durch die Forderung, das IZH zu schließen oder sich für ein Verbot von „Muslim Interaktiv“ auf Bundesebene einzusetzen, so Thering.
Demo gegen Islamismus am Steinwall: Mann von Polizei weggeführt
Beides sei bei SPD und Grüne auf Ablehnung gestoßen beziehungsweise die Schließung des IZH immer noch nicht umgesetzt, kritisierte der Politiker nun scharf und forderte: „Dabei müssen wir Demokraten unsere Freiheit nicht nur mit Worten, sondern auch endlich mit Taten verteidigen. Wer in einem Kalifat leben möchte, der kann das gerne tun, aber nicht bei uns! In Deutschland gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia.“
„Ein starkes Zeichen“ sah auch Kazim Abaci (SPD) in dem Gegenprotest der Hamburger und Hamburgerinnen: „Es ist sehr gut, dass die Menschen heute parteiübergreifend auf die Straße gegangen sind, um zu zeigen, dass weder Rechtsextremismus noch Islamismus bei uns in der Stadt Platz haben.“
Wichtig sei nun aber auch, ganz klar zu differenzieren. „Die große Mehrheit der Muslime und Musliminnen leben hier friedlich mit den anderen Menschen zusammen“, betonte Abaci, „und auch die haben von den radikalen Islamisten die Schnauze voll.“ Das sei auch daran erkennbar, wie viele Muslime und Musliminnen sich am Sonnabend der Demonstration angeschlossen hätten, so der Politiker.
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Und auch die Landesvorsitzende der Grünen Hamburg, Maryam Blumenthal, erklärte: „Wir müssen konsequent gegen den radikalen Islamismus vorgehen. Bei ‚Muslim Interaktiv‘ heißt das konkret: Der Bund muss ein Verbot dieser Organisation zügig prüfen und umsetzen.“
Demo in Hamburger City: Polizei verzeichnete „wenige verbale Störungen“
Für Unruhe sorgte am Rand der Demo derweil ein offenkundiger Sympathisant der Gruppe mit dem traditionellen Kopftuch arabischer Männer, der nach Topraks Worten demonstrativ den Zeigefinger erhob. Unter dem Beifall der Menge wurde der Mann von der Polizei weggeführt.
Außerdem verzeichnete die Polizei einige „wenige verbale Störungen“, sagte eine Sprecherin des Lagedienstes. In diesem Zuge seien auch vier Platzverweise ausgesprochen worden. „Zwei Personen wurden schließlich für die Dauer der Demo in Gewahrsam genommen“, so die Sprecherin.