Hamburg. Wer Geld für Fahrkarten zurückfordert, muss sich oft gedulden. Pro-Bahn-Vertreter rät, wie sich die Angelegenheit beschleunigen lässt.
Folgende Anekdote wäre amüsant, wenn sie nicht so ärgerlich wäre: Eine Kundin der Deutschen Bahn hat kürzlich eine Rückerstattung beantragt. Auf ihre E-Mail an die Fahrgastrechte-Abteilung des Unternehmens erhielt sie eine automatisierte Antwortmail mit folgendem Inhalt: „Unser E-Mail-Postfach ist leider voll, wir können keine Nachrichten entgegennehmen, wenden Sie sich bitte an ein Reisezentrum vor Ort.“ Willkommen im 21. Jahrhundert!
Wer die vielen Verspätungen und Zugausfälle verfolgt, wundert sich allerdings nicht, dass die „Rückerstattungsabteilung“ des großen Konzerns derzeit alle Hände voll zu tun hat. Auch der Hamburger Bahnkunde, der wegen eines Zugausfalls auf die Erstattung von 893 Euro wartet, weiß ein Lied davon zu singen.
Deutsche Bahn: Was der Fahrgastverband Pro Bahn Betroffenen rät
Er geduldet sich seit zwei Monaten, dass er das Geld für zehn Fahrkarten zurückbekommt, weil die gebuchte Zugfahrt vom Hamburger Hauptbahnhof nach Österreich ausgefallen ist und er mit Familie und Freunden stattdessen mit dem Auto in die Skiferien fahren musste.
Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn kennt all diese Probleme. Ihm selbst sei es kürzlich passiert, dass ein Zug, den er nehmen wollte, drei Minuten vor der Zeit abfuhr. „Ich habe ihn deshalb nicht erreicht und musste einen späteren Zug nehmen. Erklären Sie das mal der Bahn“, sagt er.
Naumann berichtet: Standardfälle beherrschen die Bahnmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, „aber alles außerhalb der Norm scheint schwierig zu sein“. Auch Entschädigungsanträge online einzureichen sei nicht in jedem Fall zielführend. „Das digitale Format ist nur für Standardfälle geeignet, für mehr nicht“, sagt er.
Experte hat Tipps für Bahnkunden, die Entschädigungsanträge einreichen wollen
Er tüftle selbst noch an einem Schreiben an die Bahn, um zu erklären, warum er seinen Zug verpasst habe. Denn das Formular für die Rückerstattung liste kein Feld für den Fall eines zu früh gefahrenen Zuges auf. Trotzdem hat er für Bahnkunden folgende Tipps:
- Bei schwierigeren Sachverhalten den Hergang aufschreiben und zusammen mit dem entsprechenden Formular an das Servicecenter Fahrgastrechte (DB Dialog GmbH, Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt am Main, 030/586020920) schicken.
- Überlegen, ob man auch bereit ist, einen Gutschein statt einer Rückzahlung in bar zu akzeptieren. „Das geht manchmal schneller“, sagt Naumann.
- Wer beim Fahrgastdialog nicht weiterkommt, könne auch die Schlichtungsstelle (Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V., Fasanenstraße 81, 10623 Berlin, 030/644 99 33 0).
Der Lobbyist der Bahnkunden geht davon aus, dass es in den kommenden Jahren wegen des Personalmangels bei der Deutschen Bahn und der vielen Baustellen noch deutlich mehr Probleme im Schienennetz geben wird. Dadurch würden sich auch Verspätungen und daraus resultierende Entschädigungsansprüche häufen.
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Deutsche Bahn: Wer auf Erstattung wartet, muss sich gedulden
Nach Angaben der Bahn erhalten Kunden, die ihre Rechte einfordern, in der Regel innerhalb eines Monats per Post oder per E-Mail eine Rückmeldung aus dem Servicecenter Fahrgastrechte. Die tatsächliche Bearbeitungsdauer könne aber von Fall zu Fall variieren und sei unter anderem abhängig von der Komplexität des jeweiligen Falls und des generellen Antragaufkommens.
Derzeit dauert es erwiesenermaßen etwas länger: „Aktuell haben wir ein erhöhtes Antragsaufkommen“, lautet die aktuelle Tonbahnansage bei der Deutschen Bahn.