Hamburg. Sicherheitsbehörden: IS-Ableger „Provinz Khorasan“ sorgt für „abstrakte Gefahr“. Das hat Auswirkungen auf die EM 2024 in Hamburg.

Auch in Hamburg besteht eine Gefahr durch den Ableger „Provinz Khorasan“ der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Allerdings, so hieß es aus Sicherheitskreisen, eine „abstrakte“. So habe man keine konkreten Hinweise auf mögliche Täter oder Strukturen der Terrorgruppe. Was aber passieren könnte: Extremisten aus dem salafistischen Spektrum könnten sich durch den verheerenden Anschlag bei Moskau inspiriert fühlen und selbst Anschläge versuchen. Auch auf die Sicherungsmaßnahmen zur Fußball-Europameisterschaft in diesem Sommer wird das Auswirkungen haben.

Der „Islamischer Staat Provinz Khorasan“, kurz ISPK, wird nicht als konkurrierende Gruppe innerhalb des IS gesehen. Vielmehr habe sich die Terrororganisation in „Zellen“ aufgeteilt. Die gibt es in Afghanistan, in Afrika oder eben in Zentralasien, in den ehemaligen Sowjetrepubliken.

Anschlag in Moskau: IS-Extremisten könnten nach Deutschland eingesickert sein

Für Europa könnte, so die Einschätzung in Sicherheitsbehörden, die Ukraine eine Rolle spielen. Im Schlepp der Flüchtlinge, die nach der russischen Invasion geflohen sind, könnten Extremisten mit nach Westeuropa eingesickert sein. „Das ist eine Frage, die noch keiner so richtig gewagt hat zu stellen“, so ein Beamter. Dabei gelte dies nicht nur für Extremisten, sondern auch für russische Spione. Laut Behörde leben rund 30.000 Menschen aus der Ukraine in der Hansestadt.

Zudem könnten über die Ukraine Waffen während oder auch nach einem Ende des Krieges dort in größerem Umfang nach Westeuropa gelangen. Das hatte man bereits nach dem Jugoslawien-Konflikt beobachtet.

EM 2024 in Hamburg: Terrorgefahr großes Thema bei Planungsstäben

Terrorgefahr spielt bei den Sicherungsmaßnahmen zur Fußball-Europameisterschaft, in deren Rahmen fünf Spiele im Volksparkstadion stattfinden, eine Rolle. Hier hat ein extra eingerichteter Planungsstab der Polizei bereits die Arbeit aufgenommen. Dabei geht es um Schutzmaßnahmen, aber auch um die Identifizierung möglicher Gefährder.

Schon in seinem Bericht 2022 hatte der Hamburger Verfassungsschutz den ISPK, der sich 2014 gebildet hatte, als „eine der gewalttätigsten und extremen unter den Terrorgruppen“ eingestuft. Damals galten noch die IS-Ableger in Libyen als stärkste Gruppe innerhalb des IS. Mittlerweile ist es der ISPK. „Khorasan“ bezieht sich auf die historische Region Khorasan in Zentralasien, die neben Afghanistan auch Teile Pakistans, Usbekistans, Tadschikistans, Turkmenistans und des Iran umfasst.

Auch Deutschland und damit Hamburg im Visier des ISPK

Was den ISPK so gefährlich macht: Die Terrorgruppe zielt nicht auf Gebietsansprüche ab, wie IS-Gruppen in Afrika. Dort werden Terroranschläge im Ausland favorisiert. Dazu gehört auch Deutschland. So soll eine Gruppe des ISPK um Weihnachten einen Anschlag auf den Kölner Dom geplant haben.

Hamburg hat seit Jahren eine große islamistisch geprägte Szene. Im letzten veröffentlichten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 wird sie mit 1755 Personen beziffert. 490 werden der salafistischen Szene zugerechnet. 225 davon gelten als Dschihadisten, Extremisten, die in stärkerem und radikalerem Maße die Anwendung von Gewalt befürworten und unterstützen.

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Gerade in diesem Milieu könnten sich „Nachahmer“ finden, die sich durch den Anschlag bei Moskau inspiriert fühlen. Das wäre nicht ungewöhnlich für den IS, dessen Zusammensetzung und Führungsstrukturen dezentral geworden sind. So stellte der Verfassungsschutz fest, dass „Anschläge und Angriffe von Einzeltätern und Kleingruppen taktisch für sich reklamiert (wurden), auch wenn der Kern des IS kaum noch direkt in die Planung und Durchführung der Anschläge involviert ist“.

In anderen Fällen sind es rein virtuelle Kontakte, die Einzeltäter und Kleingruppen zum IS haben. Sie lassen sich „beraten“, was Ziel und Tatmittel angeht. Dafür fertigen sie vor einer Tat Videos, in dem sich die Täter zum IS bekennen.