Hamburg. Die Schule auf der Veddel hat die Rolle der Hamburger Familie Sloman aufgearbeitet. Warum der Name jetzt verschwinden soll.
Der Slomanstieg auf der Veddel wird in Castellonstieg umbenannt. Der neue Name der Straße im Süden Hamburgs geht auf die Initiative der dort ansässigen Schule zurück, teilte das Bezirksamt Hamburg-Mitte mit.
Der Name Sloman bezieht sich auf einen Unternehmer: Robert Miles Sloman. Der 1812 geborene Hamburger war Eigentümer der Reederei Rob. M. Sloman. Diese älteste deutsche Reederei war im Geschäft mit Auswanderern aktiv.
Schule Hamburg: Schüler recherchierten Missstände im Geschäft der Reederei
Im Rahmen eines Projektunterrichts zum Thema „Kolonialismus“ waren die Schüler bereits vor Jahren auf Missstände in diesem Unternehmen gestoßen, hieß es von der Leitung der Schule auf der Veddel. So seien wegen mangelhafter Versorgung, Unterbringung und Hygiene viele der Reisenden auf den stark überladenen Passagierschiffen der Reederei gestorben.
Auch die Schiffsarbeiter hätten gelitten, wie die Recherchen der Jugendlichen ergaben. Lange Arbeitszeiten, der mangelhafte Luftaustausch und die brutale Behandlung durch ihre Vorgesetzten habe eine Vielzahl von ihnen in den Selbstmord getrieben. Nach einer Überfahrt des Segelschiffes „Leibnitz“ im Jahr 1867, das 108 Tote (von 544 Passagieren) zu beklagen hatte, betitelte man Slomans Schiffe in der Presse als „Totenschiffe“, fasst die Schulleitung die Nachforschungen der Schüler zusammen.
Straße auf der Veddel soll umbenannt werden – nur Schule betroffen
Auch die Fraktionen von SPD, CDU und FDP im Bezirk Mitte hatten bereits vor Jahren mit einem Antrag den Wunsch der Schüler unterstützt, den Slomanstieg umzubenennen. Darüber hinaus hatte das gesamte Kollegium der Schule auf der Veddel, die einzig von der Straßenumbenennung betroffen ist, diesem Plan zugestimmt.
Nach ausgiebigen Diskussionen habe man sich auf den neuen Namen „Castellonstieg“ geeinigt. „Wir schreiben Geschichte – wir können etwas bewirken“, sagte Schulleiterin Bianka Petri am Freitag zu der Umbenennung, die nun nach langer Zeit umgesetzt wird.
Neuer Name Castellonstieg erinnert an Gewerkschaftsführer und Arbeiter
Auch der Hamburger Generalkonsul von Chile, Antonio Correa, schätzt die Benennung nach dem Chilenen Gregorio del Jesus Castellon Lazarte. Dieser habe als Gewerkschaftsführer für bessere Bedingungen und die Rechte der Arbeiter gekämpft.
Der Namensgeber schuftete selber in den Salpeter-Minen. Und hier schließt sich der Kreis: Denn Salpeter war auch ein Gut, an dem die Reederei Sloman verdiente. Robert M. Sloman war zusammen mit seinem Neffen Henry Sloman nicht nur für die Verschiffung des Rohstoffes nach Hamburg verantwortlich. Henry Sloman war auch Besitzer mehrerer Salpeter-Minen in der chilenischen Atacama-Wüste.
Geschäft mit Salpeter florierte während der deutschen Kolonialkriege in Afrika
Unter der Leitung Slomans starben dort zahlreiche Arbeiter. Denn die Bedingungen in den Minen waren stark gesundheitsschädlich. Zugleich mangelte es an ärztlicher Versorgung.
Der Salpeter diente unter anderem dazu, Sprengstoff und Schießpulver für die deutschen Kolonialkriege in Afrika herzustellen. Die Nachfrage war groß, Henry Sloman konnte liefern – und wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zum reichsten Mann Hamburgs. Er baute das Chilehaus, das auch mit seinem Andenkondor vor der Spitze des Sockelgeschosses an die 32-jährige Tätigkeit Slomans in dem südamerikanischen Land erinnert.
Schild mit neuem Straßennamen – kein Einzelfall in Hamburg
Am Slomanstieg auf der Veddel hat das Andenken an die Familie indes bald ein Ende. Am kommenden Dienstag (23. April) wird der bisherige Name verschwinden und das neue Straßenschild enthüllt. Die Nachfolge-Reederei Sloman-Neptun äußerte sich auf Nachfrage des Abendblatts nicht zu der Umbenennung.
Der Namenswechsel ist derweil kein Einzelfall. Gleich an einer ganzen Reihe von Orten korrigiert Hamburg derzeit Bezeichnungen von Straßen und Plätzen, die aus heutiger Sicht unangemessene Ehrungen der Namensgeber darstellen. Das Staatsarchiv hat dazu die Themenkomplexe „NS-belastete Straßennamen“ und „kolonial belastete Straßennamen“ aufgearbeitet, ein Beispiel ist die Hindenburgstraße in Winterhude. Auch die neue Benennung der Sedanstraße im Grindelviertel wird derzeit heiß diskutiert.
Zudem war und ist auch die zwischenzeitliche Namensgeberin eines Platzes auf der Uhlenhorst, Emily Ruete, stark umstritten. Eine neue Erinnerungstafel an der Straße Schöne Aussicht informiert über diese Debatte und das bewegte Leben der Prinzessin von Oman und Sansibar.
Schule Hamburg: Slomanstieg – Erklärtafel soll Umbenennung erläutern
Übrigens existiert auf der Veddel auch noch die Slomanstraße. Diese angrenzende Straße soll ihren Namen behalten, hatte es im Antrag der SPD-, CDU- und FDP-Bezirksfraktion geheißen.
- Straße am Volksparkstadion wird am 19. Juli Uwe-Seeler-Allee
- Inselpark: Großes Familienfest lockt mit Surf-Simulator & Co
- Was die neue Sophienschule in Barmbek-Süd so besonders macht
Es war allerdings der Wunsch, dass vor der Schule auf der Veddel – bevorzugt an der Ecke Slomanstieg/Slomanstraße – nun eine Tafel aufgestellt wird, welche auf die Zusammenhänge der Geschichte Slomans und Castellons verweist und die Begründung der Umbenennung aufzeigt.